Versöhnung, Nähe zu den Armen und Achtung vor der Volksfrömmigkeit sind die wesentlichen Merkmale der vom ehemaligen Comboni-Missionar Felipe Fierro gegründeten Gemeinschaft der „Missionare der Versöhnung“.
Aus dem Wurzelstock einer Pflanze wachsen nicht selten neue Pflanzen, aus einem Orden wachsen neue Ableger heraus mit einer ähnlichen Spiritualität. Denken wir nur an die vielen franziskanischen Gemeinschaften von Frauen und Männern. Auch aus den Reihen der Comboni-Missionare sind verschiedene neue Gemeinschaften hervorgegangen, wie die „Apostles of Jesus“ und die „Evangelizing Sisters“ in Uganda und andere mehr. Eine ist die Gemeinschaft der „Misioneros de la Reconciliacion“, die „Missionare der Versöhnung“, in Peru. Als ihr Leitmotiv sehen sie das in Peru hoch verehrte Bild des „Señor de los Milagros“, wörtlich übersetzt mit „Herr der Wunder“. Die deutsche Übersetzung lässt aber nicht erkennen, was viele peruanische Christen damit verbinden. Gemeint ist Christus, der sich bis zum Äußersten erniedrigt hat und dem ich mich auch in der scheinbar hoffnungslosesten Situation anvertrauen kann. Und „hoffnungslose“ Situationen sind den Indios in den verlassenen Dörfern und Städten im Hochland der Anden sehr vertraut: Bittere Armut, Krankheit, erlittenes Unrecht ohne Chance auf Gerechtigkeit.
In Zeiten des Terrors
Entstanden ist die Gemeinschaft in der Zeit während und nach dem schlimmen Bürgerkrieg des Terrors des „Sendero Luminoso“ in den 1980er Jahren. Ohne Versöhnung kann man nachher keine Gesellschaft aufbauen, weder in der großen Politik noch im Leben der Dorfgemeinschaft.
Initiator war der Comboni-Missionar Felipe Fierro, geboren 1951 in Lima, einer der ersten Schüler des von Pater Josef Lang gegründeten Seminars in Tarma. 1971 trat er in Spanien bei den Comboni-Missionaren ein und studierte in England Theologie. Eigentlich sollte er als Missionar nach Südafrika, aber die Situation in seiner vom Bürgerkrieg und Terror heimgesuchten Heimat Peru ließ ihm keine Ruhe. Mit Unterstützung von Bischof Anton Kühner sammelte er eine Gruppe von Studenten um sich. Sie halfen als Laienmissionare in den verlassenen Dörfern mit zum Teil tausenden von Einwohnern um La Unión, Llata, Huacrachuco und ermutigten die Leute, vor allem die Jugend.
El Señor de los Milagros
Die Gruppe wählte als Patron den „Señor de los Milagros“. Es ist ein Bild des Gekreuzigten, dem viele Kapellen und Kirchen der Gegend geweiht sind. Eine ist in der Nähe von Cerro de Pasco. Pater Alois Weiß hat sie besucht und ein paar Fotos gemacht. Das Bild ist auf den nackten Fels gemalt. Die Feuchtigkeit und der Schimmel setzen ihm zu. Doch viele Menschen hausen in ähnlichen Verhältnissen, und deshalb ist ihnen Jesus, wie er hier dargestellt ist, vielleicht besonders nahe.
Eine religiöse Gemeinschaft
Nach dem Tod von Bischof Kühner wandte sich Pater Felipe an Kardinal Augusto Vargas von Lima. Der ermutigte ihn und seine Gruppe zur Gründung einer Gemeinschaft mit klaren Regeln. Das geschah 1993/94. Im Jahr 2002, unter Kardinal Juan Luis Cipriani, dem Nachfolger von Vargas, wurde daraus die kanonisch errichtete „Gemeinschaft des religiösen Lebens“ mit dem Titel „Missionare der Versöhnung“. Sie zählt heute 37 Mitglieder, davon 26 Priester, und trägt die Verantwortung in neun Pfarreien.
Die Volksfrömmigkeit
Es sind ausschließlich arme Pfarreien, teils in den Slums der Großstadt, mehr aber noch in dörflichen Gegenden im Hochland der Anden.
Ausdrücklich setzt die Gemeinschaft sich das Ziel, in der Seelsorge an die Volksfrömmigkeit anzuknüpfen. Die traditionelle Frömmigkeit, die Feier der Geburt und noch mehr des Leidens und Sterbens Jesu hat den Glauben in den Jahrzehnten ohne reguläre Seelsorge und ohne Priester überleben lassen. Auch wenn manche Bräuche und Bilder, gemalte und solche in den Köpfen, der jeweils aktuellen Theologie nicht mehr entsprechen, sie sind Stützen, die den Menschen helfen, ihren oft schwierigen Alltag zu bewältigen. Die katholische Kirche ist da immer großzügig gewesen. Das Wort katholisch bedeutet auch, dass unter dem Dach dieser Kirche vieles, selbst Gegensätzliches, Platz hat und miteinander auskommen und harmonieren kann. Und Gott selber ist vielleicht noch großzügiger.
Es ist eine junge Gemeinschaft, sie braucht noch kein Altenheim für ihre Mitglieder. Unterstützt werden Pater Felipe und seine Gemeinschaft vor allem von Helferkreisen in Peru, aber auch von Gruppen und Hilfswerken in Europa, auch in Deutschland. Über die Missionsprokura in Ellwangen kann man sie unterstützen.
Zu seinen engen Freunden zählen so scheinbar gegensätzliche Personen wie der Vater der „Theologie der Befreiung“, Gustavo Gutierrez, und der deutsche Kardinal Gerhard Müller, den er seit seiner Jugend kennt und der, wenn er nach Peru kommt, oft bei ihm absteigt.
P. Reinhold Baumann