Die Geschichte der Deutschsprachigen Provinz
Die Wurzeln der deutschsprachigen Provinz (DSP)
Eine der Wurzeln des Werkes von Daniel Comboni liegt im deutschsprachigen Raum. Als er 1857 zum ersten Mal nach Afrika ging, schloss er sich mit seinen vier Gefährten aus dem Institut Mazza einem vorwiegend von Österreichern und Deutschen getragenen Missionsunternehmen an, dessen Leiter der Slowene Ignaz Knoblecher war. Nach dessen Tod war Combonis Missionsobere der Bamberger Priester Matthäus Kirchner.
Daniel Comboni kam durch die Vermittlung seines Freundes, des Chorherrn Johannes Mitterrutzner aus dem Kloster Neustift bei Brixen in Südtirol, in den deutschsprachigen Raum. 1861 reiste er nach Wien und 1863 nach Köln, wo er Unterstützung beim dortigen Missionsverein fand. 1865 erklärte sich der Kölner Missionsverein bereit, die Ausführungen seines „Planes für die Wiedergeburt Afrikas“ finanziell zu unterstützen. Auf dem Katholikentag in Bamberg (1868), bei seinem Besuch in München und Wien (1871) und auf dem Katholikentag in Mainz (1871) warb Comboni für die zentralafrikanische Mission.
Das Missionsunternehmen Combonis stand unter dem Schutz Österreichs, sowohl des Staates wie der Kirche. Fast alle materiellen Mittel kamen – zumindest nach 1871 – aus Österreich und Deutschland. Die wichtigsten Organe der missionarischen Bewusstseinsbildung Combonis waren die Annalen des Kölner Missionsvereins und des Wiener Marienvereins sowie andere deutschsprachige Publikationen. Auch als Comboni selbst der Leiter der Mission in Zentralafrika war, blieb Österreich Protektor der Mission; und so gut wie alle finanziellen Hilfen kamen aus Österreich und Deutschland. Wenn sich auch zusehends mehr italienischsprachige Missionare seinem Institut anschlossen, blieb doch eine starke deutschsprachige Präsenz. Zu nennen sind Johann Dichtl, Josef Ohrwalder und Franz Xaver Geyer. Letzterer schrieb auch die erste Biographie Combonis in deutscher Sprache.
Nach dem Tod Combonis, 1881, und der Umwandlung des Missionsinstituts in eine Kongregation, 1885, erfolgte 1895 im damals österreichischen Milland bei Brixen in Südtirol die erste Neugründung nach dem Mutterhaus in Verona im deutschsprachigen Raum. Deutsche und österreichische Missionare erhielten dort ihre Ausbildung, während in Verona die italienischsprachigen Mitbrüder auf den Missionseinsatz vorbereitet wurden. Der aus Bayern stammende Franz Xaver Geyer wurde 1903 dritter Nachfolger Combonis als Missionsoberer und Bischof von Khartum.
Der „Ansitz Platsch“ in Milland bei Brixen wurde 1895 von den Combonis erworben. Erst vor wenigen Jahren wurde das Haus grundsaniert.
Zwei Kongregationen
Der italienisch- und der deutschsprachige Teil der Kongregation entwickelte sich jeweils bis zum Ersten Weltkrieg etwa gleich stark. Die verschiedene Herkunft und Ausbildung führten aber bald auch zu einer Trennung der Arbeitsfelder. 1913 wurde das Vikariat Zentralafrika geteilt in das Vikariat Khartum unter der Leitung von Bischof Geyer mit vorwiegend deutschsprachigen und slawischen Missionaren und in das Vikariat Bahr-el-Gazal mit vorwiegend italienischsprachigen Missionaren unter Bischof Antonio Stoppani.
Nach dem Ersten Weltkrieg, der in der Schlussphase auch ein Krieg zwischen Deutschland und Österreich auf der einen und Italien auf der anderen Seite war, erfolgte die Teilung der Kongregation in zwei unabhängige Kongregationen durch das Dekret der Propaganda Fide vom 27. Juli 1923. Die deutschsprachige Kongregation erhielt den Namen „Missionare Söhne des Heiligsten Herzen (MFSC)“. Die italienische Kongregation nannte sich „Söhne des Heiligsten Herzen Jesu (FSCJ)“. Ausschlaggebend für die Trennung war auch der Umstand, dass das Missionsgebiet Sudan damals englische Kolonie war und die österreichischen und deutschen Missionare entweder das Land verlassen mussten oder in ihrer Arbeit stark eingeschränkt wurden. Der deutschsprachigen Kongregation wurde 1923 die Apostolische Präfektur Lydenburg in Südafrika anvertraut.
Die MFSC bis zum Zweiten Weltkrieg
Schon 1908 war in Österreich, in Messendorf bei Graz, eine zweite Niederlassung erworben worden für die Ausbildung von Brudermissionaren. Bald nach dem Ersten Weltkrieg wurde noch durch die gemeinsame Kongregation in Schrezheim bei Ellwangen das erste Haus 1920 in Deutschland eröffnet. Es erhielt den Namen Josefstal. Vorher war in Deutschland die Gründung einer Niederlassung wegen der vom Kulturkampf beeinflussten Gesetzgebung nicht möglich gewesen. Somit hatte die neue Kongregation bei ihrer Gründung 1923 in Europa drei Niederlassungen: Milland, Messendorf und Josefstal bei Schrezheim – die erstere für Priestermissionare, die beiden anderen vorwiegend für Brudermissionare. Milland aber lag jetzt in Italien, und die dortige Gesetzgebung machte einen normalen Ausbildungsbetrieb für deutschsprachige Mitbrüder fast unmöglich.
Darum wurde, als Nachfolge für Milland, 1924 in Graz am Paulustor ein Haus erworben und als apostolische Schule eingerichtet. Das Haus wurde bald zu klein. Die apostolische Schule siedelte daher 1931 in das Schloss Oberpremstätten um.
Josefstal hatte von Anfang an auch Kandidaten für den Priesterberuf aufgenommen. Für diese wurde 1925 in Ellwangen ein Haus, das Josefinum, erworben und als apostolische Schule bzw. Missionsseminar ausgebaut und bald auch erweitert.
Im Jahr 1921 war in Bad Mergentheim das „Ritter-Haus“ geschenkt worden. In ihm wurde ein weiteres Missionsseminar eingerichtet und 1929 eröffnet. 1928 erwarb die Kongregation 1928 ein Haus in Mellatz bei Lindenberg/Allgäu zur Heranbildung von Brudermissionaren. Weil die Ausbildung der deutschsprachigen Theologen im italienischen Brixen immer problematischer wurde, erwarb die Kongregation dafür 1933 ein Haus in Bamberg. Als letztes wurde vor dem Krieg 1937 in Ljubljana/Slowenien eine apostolische Schule eröffnet, das „Knoblecherhaus“. Es musste 1946 geräumt und an den kommunistischen Staat abgegeben werden.
Was die Arbeitsgebiete in Übersee betrifft, wurde der Kongregation durch die Propaganda Fide mit Schreiben vom 30. Mai 1938 ein zweites Arbeitsfeld in der Diözese Huánuco in Peru übertragen, nämlich die Betreuung der deutschsprachigen Auswandererkolonie in Pozuzo.
Während des Zweiten Weltkrieges und danach
Der Krieg brachte das Leben der Kongregation in Europa fast zum Erliegen. Zahlreiche Mitbrüder und die älteren Schüler der Seminare wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Über 30 Mitbrüder fanden im Krieg den Tod. Die Missionsgebiete in Südafrika und Peru blieben zehn Jahre lang ohne Nachschub an Mitbrüdern und ohne materielle Hilfe. Die Seminare in Oberpremstätten, Ellwangen und Bad Mergentheim mussten geschlossen werden. Das Josefinum wurde in den letzten Kriegstagen zerstört, Oberpremstätten erst Jahre später wieder in einem desolaten Zustand zurückgegeben. Auch das Leben im Scholastikat in Bamberg kam fast zum Erliegen.
Nach dem Krieg kam es in den ersten zwei Jahrzehnten zu einem großen Neuaufschwung. Das neu eröffnete Seminar in Milland, das Seminar in Bad Mergentheim, das neugebaute Josefinum in Ellwangen und das wiederhergestellte Seminar in Oberpremstätten füllten sich mit Schülern. Bamberg konnte die Scholastiker und Novizen bald nicht mehr fassen. Darum wurde 1959 in Mellatz das neue Klerikernoviziat eröffnet. Vorher bereits, 1956, war in Neumarkt/Oberpfalz ein weiteres Seminar seiner Bestimmung übergeben worden. Auch Josefstal, das Zentrum der Ausbildung von Brudermissionaren, wurde neu gebaut und 1974 feierlich eröffnet. Das „alte“ Josefstal wurde umgebaut und 1977 zu einer Begegnungsstätte der Jugend und zu einem Zentrum für missionarische Bewusstseinsbildung gemacht.
Was die Leitung der Kongregation betrifft, wurde bereits 1950 in Rom ein Haus als Generalprokura und als Wohnung für Scholastiker, die dort ihre Studien machten, erworben. Der Generalobere siedelte 1976 von Mellatz nach Pöcking bei München um.
In diesen Jahren kam es auch zu einer Ausweitung über die Grenzen des deutschsprachigen Raumes hinaus. Nach einem ersten Versuch, in Memphis/USA Fuß zu fassen, der aber wieder aufgegeben wurde, erfolgten Gründungen in Spanien: 1960 die eines Seminars in Saldaña und 1964 eine Gründung in Palencia.
Die Wiedervereinigung und Internationalisierung
Die 60er- und 70er-Jahre brachten auch eine Annäherung an die Mitbrüder der „anderen“ combonianischen Kongregation, der FSCJ. Diese hatte zur gleichen Zeit Niederlassungen in Spanien gegründet. Die Annäherung wurde weiter dadurch gefördert, dass MFSC-Mitbrüder nach Uganda, Kenia, Ecuador usw. gingen und im Gegenzug FSCJ-Missionare nach Peru und Südafrika. Auf einem Treffen der beiden Generalkapitel von MFSC und FSCJ in Ellwangen wurde am 2. September 1975 die Wiedervereinigung der beiden Kongregationen beschlossen und diese beim Generalkapitel am 22. Juni 1979 offiziell vollzogen. Die nun wieder geeinte Kongregation gab sich den Namen „Comboni Missionare vom Herzen Jesu (MCCJ)“. Im Zuge des Zusammenschlusses wurde am 5. Oktober 1979 die „Deutschsprachige Provinz der Kongregation der Comboni-Missionare vom Herzen Jesu (DSP)“ errichtet.
Der Name ist eigentlich nicht ganz treffend, denn seit der Wiedervereinigung gibt es keine rein „deutschsprachige“ Provinz, auch keine rein italienische oder spanische usw. Provinz mehr in der Kongregation. Deutschsprachige Mitbrüder arbeiteten seither in verschiedenen Ordensprovinzen. Es gibt auch keine Unterscheidung in Missions- und Heimatprovinzen mehr. Wir sind eine wirklich internationale Ordens- bzw. Missionsgemeinschaft geworden und auch fast alle Hausgemeinschaften – in Europa, Afrika und anderswo – sind international zusammengesetzt, das heißt, in ihnen leben und arbeiten Mitbrüder verschiedener Länder und Kontinente zusammen.
Die weitere Entwicklung in der Deutschsprachigen Provinz
Die 1960er und 1970er Jahre waren in Mitteleuropa von schwerwiegenden gesellschaftlichen Umwälzungen geprägt, die auf die Entwicklung der Kongregation großen Einfluss hatten. Die Zahl der Berufungen zum kirchlichen und missionarischen Dienst ging stark zurück. Die Seminare, bisher Hauptquelle des Nachwuchses der Kongregation, waren nicht mehr zeitgemäß. Eines nach dem anderen wurde geschlossen und einer anderen Bestimmung übergeben.
Auch die ersten Phasen der Ausbildung (Postulat, Noviziat und Scholastikat) gerieten in eine Krise und wurden reformiert. Im Jahr 1971 begannen die ersten Postulanten und Scholastiker ihr Studium in Innsbruck. Die Scholastikate in Bamberg und Milland wurden geschlossen.
Aber es wurde auch Neues versucht: Nach dem Zusammenbruch der DDR wurde am 1. Juli 1992 in Halle-Neustadt, Diözese Magdeburg, eine kleine Hausgemeinschaft gegründet mit der Aufgabe der missionarischen Bewusstseinsbildung in Schulen, Gemeinden und verschiedenen bestehenden Gruppierungen (Bewusstmachen der Eine-Welt-Problematik, Begegnung mit Weltkirche, Solidarität mit Randgruppen, Erst- und Neuevangelisierung usw.). Doch 2004 sah sich die Provinzleitung aus Mangel an Mitbrüdern gezwungen, das Engagement in Halle wieder aufzugeben.
Am 1. Juli 1999 wurde eine Hausgemeinschaft in der Sielstraße in Nürnberg eröffnet. Die Mitbrüder dort engagierten sich unter anderem in der Obdachlosenseelsorge und der Vorbereitung und Begleitung von Missionaren und Missionarinnen auf Zeit (MaZ). Aus personellen und finanziellen Gründen musste die Hausgemeinschaft im Sommer 2007 aufgelöst und das Haus verkauft werden.
Verlegung des Provinzialats nach Nürnberg
Das Bundesland Bayern hat die Comboni-Missionare 2009 als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ (KöR) anerkannt unter der Voraussetzung, dass Leitung und Verwaltung der Ordensprovinz in Bayern angesiedelt werden. Die Erzdiözese Bamberg stellte in Nürnberg ein Haus zur Verfügung und so zog das Provinzialat 2015 in das neu renovierte Haus in der Scharrerstraße 32. In Nürnberg engagieren sich die Mitbrüder nicht nur in der Pfarrseelsorge, sondern auch in unterschiedlichen Initiativen des Stadtviertels und der Gemeinde. Auch die Vorbereitung der Missionarinnen und Missionare auf Zeit (MaZ) hat ihren Platz im neuen Haus.
Im Gegensatz dazu wurde die Niederlassung in Bamberg geschlossen, das heißt an die Salesianer Don Boscos verkauft. Verkauft wurde 2019 auch das Missionshaus in Josefstal. Geblieben ist die große Kapelle des Hauses dort, in dem sich die Gottesdienstgemeinde von Josefstal weiterhin jeden Sonntag zum Gottesdienst trifft. Ähnliches gilt derzeit (2023) für das bisherige Missionshaus in Mellatz. 2017 wurde es verkauft und umgebaut. Es beherbergt jetzt über 40 Wohneinheiten und ist konzipiert als internationales und multireligiöses Wohnkonzept. Es wohnt dort auch eine kleine Comboni-Gemeinschaft. In der Kapelle trifft sich, wie in Josefstal, jeden Sonntag eine Gottesdienstgemeinde.
Die Comboni-Missionare international
Im Gegensatz zu Europa wachsen die Comboni-Missionare vor allem in Afrika und – etwas weniger – in Lateinamerika. Der Generalobere ist seit 2015 ein Afrikaner, Pater Tesfaye Tadesse Gebresilasie aus Äthiopien.
• Gesichter
• Standorte
• Spiritualität
• Geschichte
• Logo