Nach einem Sturz in einen dunklen Abgrund fühlte sich Christopher T. Silwembe aus Sambia aufgehoben und getragen. Heute weiß er, dass Gott ihn in seinen Händen hielt, und er möchte seine Freude mit uns teilen.

Ein staubiger Schotterweg, ein ziemlich lauter Ort wegen der Kneipen an jeder Ecke, gepaart mit häufigen Nachbarschaftsstreitigkeiten. Das war mein Geburtsort. Ein Ort, wo ich jeden Morgen zum Klang der Rumba-Musik aus dem Radio meines Vaters aufwachte. Der Ort heißt M’tanda Bantu und liegt in Old Kanyama in Lusaka (Sambia).

Mein Leben außerhalb der Komfortzone im Schoß meiner Mutter begann am 4. Februar 1990. Ich war der erste in einer Familie mit fünf Kindern. Heute sind nur noch zwei übrig, drei starben im Kindesalter. Einen guten Teil meiner Kindheit verbrachte ich bei meinen Großeltern mütterlicherseits. Von ihnen lernte ich die Grundregeln des Lebens. Von der ersten bis zur siebten Klasse besuchte ich die staatliche Schule New Kanyama Basic (jetzt Kanyama Central). Im Jahr 2004, nach der Abschlussprüfung in der 7. Klasse, wurde in einer anderen staatlichen Schule in der gleichen Ortschaft angenommen: Chinika High School (jetzt Chinika Secondary School), wo ich die Mittel-und Oberstufe absolvierte.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie an eine priesterliche oder religiöse Berufung gedacht. Mein Traum war, Geschäftsmann zu werden und meine eigene Familie zu haben – nicht mehr und nicht weniger. Heute aber bin ich überzeugt, dass Gott etwas anderes für mich bereithielt. Ich führe diese Veränderung in meinem Leben – vor allem was meine Beziehung zu Gott und meinen Berufungsweg angeht – auf ein Samenkorn des Glaubens zurück, das von Gott durch meine Mutter, eine fantastische Frau namens Bupe Tondo, in den Boden meiner Seele gepflanzt wurde. Sie war es, die mich in das Leben im katholischen Glauben eingeweiht hat. Als ich noch ein kleines Kind war, brachte sie mich regelmäßig zur Sonntagsmesse. Sie lehrte mich die gemeinsamen Gebete der katholischen Kirche, als ich noch nicht verstand, was ich sagte. Ziemlich oft legten wir uns nachts auf eine Matte, vor allem, wenn der Vollmond am Himmel leuchtete, und betrachteten den spektakulären Anblick. Für Mama war das die beste Gelegenheit zum Geschichtenerzählen. Sie war eine fantastische Erzählerin, und ich sog ihre Worte in mich auf. Auf diese Weise lernte ich viele biblische Geschichten: wie Gott die Welt schuf; wie er den ersten Mann und die erste Frau schuf; wie er sein Volk aus der Sklaverei befreite; wie er einen Mann namens Abraham zum Vater aller Nationen berief; wie er den einfachen Hirtenjungen David in einen großen König wandelte. Meine Mutter war in der Tat meine erste Religionslehrerin.

Alles lief rund für mich bis zum Jahr 2000, als das Leben beschloss, mir seine dunkle Seite zu zeigen. An einem kalten Morgen erfuhr ich die traurige Nachricht vom Tod meiner Mutter. Ihre Beerdigung war für mich eine Erfahrung emotionaler Taubheit: das Fehlen von Gefühlen kann tatsächlich extreme Schmerzen und Qualen ausgleichen; wenn du nichts fühlst, scheint die Welt weniger Sinn zu machen. Es dauerte eine Weile, bis ich mich mit der Tatsache abgefunden hatte, dass meine Mutter nicht mehr da war. Es wäre wohl der richtige Zeitpunkt für mich gewesen, einen persönlichen Glauben und eine Beziehung zu Gott zu entwickeln, aber es war nicht so. Nach dem Tod meiner Mutter war ich nicht mehr unversehrt. Ich wurde desorientiert. Ich hörte auf in die Kirche zugehen. Ich schwänzte den Katechismus-Unterricht. Mama war nicht mehr da, ich konnte sie nicht mehr glücklich machen. Ich wurde ein „Vagabund“ aus der Sicht des Glaubens. Jede Kirche war gut genug für mich: Brot des Lebens- Kirche, „Assemblies of God“, Kirche Gottes, Vereinigte Kirche von Sambia, Siebenten-Tags-Adventisten und viele andere. Ich „gehörte“ zu keiner davon. Ich ging dahin, wohin Freunde und Verwandte, die für mich sorgten, gingen. Oder ich folgte nur einem Mädchen, das in der Lage, mir Herzklopfen zu verursachen.

Ich möchte glauben, dass dies ein Moment der Selbsterkenntnis war. Ich suchte mich, und ich suchte irgendetwas, irgendjemand zum Anlehnen. Am 4. April 2005 entschied ich nach der Nachricht des Todes von Papst Johannes Paul II., nicht nur in die katholische Kirche zurückzukehren, sondern auch wieder den Katechismus-Unterricht zu besuchen. Im Jahr 2007 empfing ich die Sakramente der christlichen Initiation (Anm. Taufe, Erstkommunion und Firmung) in der katholischen St. Joseph-Kirche in Kanyama. Von da an kam Segen über Segen in mein Leben. Jeder Schritt glich einem Wiedererwachen meines Eifers, in der Gegenwart Gottes zu sein.

Zwei Jahre später schloss ich mich der Laienbewegung der Franziskaner an. Dank ihnen wurde ich nicht nur mehr an Gemeindeaktivitäten beteiligt, sondern auch vertraut mit den Gelübden der Keuschheit, Gehorsam und Armut. Ich beschäftigte mich mit dem Gedanken, einer Ordensgemeinschaft beizutreten. Bei einem der Workshops, den die Franziskaner in Lusaka organisierten, erzählte mir ein Freund von den Comboni-Missionaren. Am nächsten Tag beschloss ich, den Berufungsbeauftragten Pater Carlos Alberto Nunes, einen portugiesischen Missionar, aufzusuchen. Nach ein paar Begegnungen mit ihm wollte ich voller Begeisterung so werden wie er. Nach mehreren Bewerbertreffen und einem dreimonatigen Vorpostulat in Lunzu (Malawi) trat ich im Jahr 2011 in das Comboni-Postulat bei Balaka (Malawi) ein und begann mein Philosophiestudium. Im Jahr 2014 wurde ich in das provinzübergreifende Noviziat in Nnamugongo (Uganda) aufgenommen. Am 30. April 2016 legte ich meine ersten Ordensgelübde ab. Zurzeit studiere ich Theologie am Tangaza University College in Nairobi (Kenia).

Die Jahre bei den Comboni-Missionaren haben mich inspiriert und gewandelt. Meine Beziehung zu Gott und zu anderen wurde vertieft. Ich kam mit mir ins Reine: mit meinen Ängsten, meinen Vorurteile und meinen gottgegebenen Qualitäten. Ich betrachtete mein bisheriges Leben im Licht des Glaubens und erkannte, dass ich auf die eine oder andere Weise immer mit Gott und seiner Berufung gekämpft hatte. Als ich mich ihm schließlich hingegeben habe, fühlte ich wieder neu meine Beweggründe, ein Gott geweihtes Leben zu führen.

Heute ist jeder Tag meines Lebens als Ordenschrist ein ständiges „Ja“ zu Gottes Werk in mir. Ich kann ihm für mein bisheriges Leben „danke“ sagen. „Ich weiß, dass ich einen lebendigen Erlöser hatte“ (vgl. Ijob 19:25) während der vielen Irrungen und Wirrungen. Nach meinem Erwachen hat er mich in seine Nähe geholt. Diese Gewissheit wandelt sich in reine Freude. Ich weiß, dass Gott mich führt bei meinem Bestreben , diese Freude mit anderen , vor allem mit den Schwächsten, die von sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen, politischen und religiösen Strukturen unterdrückt werden, zu teilen.

Sc. Christopher T. Silwembe
Quelle: comboni.uk