Comboni-Pater Josef Altenburger besuchte im Frühjahr 2020 als MISSIO Direktor der Diözese Graz-Seckau den Norden Ugandas, wo er schon selbst im Einsatz war. MISSIO Österreich hat das Land dieses Jahr als Beispielland für die Weltkirche ausgewählt, anlässlich des Weltmissionssonntags, der in Österreich dieses Jahr am 18. Oktober begangen wird:

Die Reisegruppe bei einem Denkmal: Pfarrer Wolfgang Pucher, Ernst Zerche, Diakon Isaak, Gudrun Marat und Pater Josef Altenburger (v.li.). Foto: Ernst Zerche

Zusammen mit Herrn Ernst Zerche vom Welthaus, Pfarrer Wolfgang Pucher, dem Armenpfarrer von Graz und einer lieben Freundin, Frau Gudrun Marat, machte ich eine Reise durch drei Diözesen im Norden Ugandas. Der Norden Ugandas mit seinen sieben Diözesen ist „Comboniland“. Alle diese Diözesen wurden von uns Comboni-Missionaren gegründet. Ich selbst habe meine erste missionarische Erfahrung unter dem Volk der Acholis gemacht (1975). Mühsam musste ich ihre Sprache lernen (ohne Sprachschule) und lernte ihre Kultur kennen.

Von Tertullian stammt das Wort „Das Blut der Märtyrer ist der Same für neue Christen“ und die Märtyrerakten sagen: „Diese Saat ist wirksame Hefe, Weizensaat, gemahlenes Korn“.
Diese Worte sind eine Einladung, auf Uganda zu schauen, einen wichtigen Staat im Bereich der Großen Seen. Da sind wir im Herzen Afrikas, in einem Land, das zurecht die „Perle Afrikas“ genannt wird wegen seiner geographischen Lage, seiner Naturschönheiten, seiner Vielfalt an verschiedenen Stammesgruppen und Glaubensrichtungen.

Das Bild des Märtyrers Karl Lwanga in der Kathedrale von Namugongo. Foto: Ernst Zerche

Gleich am Tag nach unserer Ankunft in Kampala machten wir einen Ausflug nach Namugongo, dem großen Wallfahrtszentrum, zu den Märtyrern von Uganda. 22 junge Christen wurden dort hingerichtet. Nach Uganda kamen die ersten Afrikamissionare 1879. Sie landeten von Tansania aus mit ihrem Boot über den Viktoriasee in Entebbe am 17. Februar 1879. Nach einem anfänglich freundlichen Empfang und dem ersten Erfolg der Missionsarbeit, setzte unter König Mwanga eine Christenverfolgung ein, in der Karl Lwanga und 21 seiner Gefährten ermordet wurden. Mwanga verurteilte sie 1886 zum Tode, da die jungen Christen sich geweigert hatten, ihrem neuen Glauben abzuschwören. Unter den Märtyrern waren Katholiken und auch Anglikaner. Sie wurden bei lebendigem Leibe auf dem Hügel von Namugongo verbrannt. Heute steht dort eine Kathedrale. 1964 sind die Märtyrer von Papst Paul VI. heilig gesprochen worden. Die Märtyrer „hatten keine Furcht, Christus zu den anderen zu bringen, nicht einmal um den Preis ihres Lebens“, sagte Papst Franziskus bei seinem Besuch in Uganda im November 2015.

Unsere Reise führte uns nach Norden zuerst in die Diözesen Moroto und Kotido, ins Nomadengebiet der Karimojong. Von Kotido aus, wo wir bei Bischof Giuseppe Filippi so gastfreundlich aufgenommen wurden, machten wir noch einen Abstecher in den herrlichen, nicht sehr bekannten Nationalpark Kidepo. Tausende Tiere kann man dort beobachten. Es reichte leider nur zu einer Abend- und Morgensafari. Auf unserer Weiterreise sind wir dann – nun schon in der Erzdiözese Gulu – durch einen Ort gefahren, der uns einlud, einen Stop einzulegen. Der Ort hieß Paimol. Eigentlich ganz unvermutet fuhren wir an einem schönen Heiligtum vorbei. In Paimol wird zwei weiteren Märtyrern gedacht, Daudi Okelo und Jildo Irwa.

Lassen wir uns ermutigen durch einen wachen Blick auf die Weltkirche!
P. Josef Altenburger

Erster Kontakt mit den Missionaren

Am 11.Februar 1915, am Fest Unserer Lieben Frau von Lourdes, kamen die ersten Comboni-Missionare nach Uganda. Sie gründeten die Mission von Kitgum. Sie hatten eine klare Methode in ihrem Apostolat: Möglichst nahe bei den Menschen in ihren Dörfern zu sein. Dieses Verhalten von Missionaren war eine ganz neue Erfahrung für die Menschen. Sie lebten nämlich in ständiger Angst vor dem „weißen Mann“, weil dieser sie ausbeutete, weil sie zur Arbeit gezwungen wurden. Sie lebten in Angst vor den Elfenbeinhändlern und Sklavenjägern und in Angst vor den eigenen „Zauberern“ bzw. Medizinmännern und- Frauen.
So diente der erste Kontakt dem Aufbau von Beziehungen und Freundschaften, einem vorsichtigen Heranführen zu den Grundgebeten und dem Rosenkranz. Eine Reihe von Jugendlichen folgten mit großem Interesse. Zwei junge Katechisten aus dem Volk der Acholi wurden eingereiht in eine große Zahl von jungen Christen, die ihren Glauben überzeugend lebten und ihn mit dem Tod bezahlen mussten: Daudi Okelo und Jildo Irwa. Sie sind ein Beispiel dafür, dass die vielen ethnischen Gruppen und die Menschen im Norden und Süden in diesem wunderbaren Land (über 30 Sprachen), zu einem einzigen Volk mit gleichen Rechten und Pflichten unter demselben Gott, dem Bringer der Einheit und des Friedens, zusammenwachsen können.

Frau mit Kindern bei einem Dorf der Karamojong. Foto: Ernst Zerche

Als ich 1975 in die Mission nach Amuru kam, folgten wir immer noch dieser Methode. In zeitlichen Abständen von drei Monaten kam immer eine Gruppe aus der großen Pfarrei für einen Monat zum Unterricht ins Katechumenat auf die Missionsstation. Zusammen mit Sr. Rosalia, einer afrikanischen Schwester, war ich fürs Katechumenat zuständig. Genauso wie oben beschrieben, hatten wir den Tag eingeteilt. Gebet, Unterricht, Lesen und Schreiben lernen, Arbeit auf den Feldern, Freizeit. Das war der tägliche Rhythmus, wenn die Katechumenen auf der Mission waren. Einen Monat dauerte der Aufenthalt, dann kam eine neue Gruppe. Das waren oft 50-60 Jugendliche, die täglich versorgt werden mussten. Durch das heutige Schulsystem lässt sich natürlich so ein Rhythmus nicht mehr aufrecht erhalten und das Katechumenat wird anders gestaltet. Die Vorbereitung auf die Taufe dauert zwei Jahre.

Pfarrer Pucher und P. Josef in Paimol, wo die jungen Katechumenen Daudi Okelo und Jildo Irwa 1918 ermordet wurden. Foto: Ernst Zerche

Missionsgeschichte und Märtyrer von Uganda

Es ist erst knapp 130 Jahre her, dass die Kirche in Uganda Fuß gefasst hat. 22 Märtyrer werden im Süden des Landes an drei Wallfahrtsstätten verehrt: in Namugongo, Munyonyo und Mythiana, sowie zwei weitere junge Christen in Paimol, im Norden des Landes. Daudi und Jildo gehörten dem Stamm der Acholi an, einem zwei Millionen Volk im Norden Ugandas. Als junge Katechisten wurden sie als Missionare nach Paimol gesandt.
1916 brachte eine Hungersnot. Manchen lokalen Feinden und den Sklaven- und Elfenbeinhändlern passte die Anwesenheit der Katechisten nicht, denn sie sprachen gegen das unmenschliche Geschäft und das unmoralische Leben dieser Leute. Dazuhin verbreiteten die Zauberer, dass die neue Religion die Ursache all der Katastrophen sei, unter denen sie zu leiden hätten. Der Hass gegen die beiden Katechisten führte schließlich zu ihrer Tötung am 18. Oktober 1918.
Der Weg ihres Zeugnisses scheint auf mysteriöse Weise dem Nil zu folgen, – so ein bißchen meine Phantasie. Symbolisch von Namugongo, in der Nähe der Nilquellen, vermischt sich das Blut der Märtyrer mit den Wassern des Nil und fließt nordwärts, entlang des Acholilandes, der Heimat der zwei jungen Blutzeugen und fließt mit seinen heilbringenden Wassern durch die Länder, die dieser Fluß berührt, hinaus durch den Südsudan nach Norden bis er in Ägypten ins Mittelmeer mündet. So, wie die Wasser des Nils, kann das Evangelium nicht gestoppt werden auf seinem Weg.

Diese zwei jungen Männer sind ein Zeichen der Katholizität des Glaubens, der nicht aufzuhalten ist, bis neue Völker, Regionen und Kulturen in der Botschaft des Glaubens zusammenfinden. Diese Jugendlichen führen eine afrikanische Tradition fort, die in Verbindung steht mit der frühen Kirche und den ersten 27 afrikanischen Märtyrern, unter denen Laien wie Perpetua und Felizitas, der große Bischof Cyprian und viele andere zu finden sind. Sie stehen auch in Verbindung mit den gleichaltrigen jugendlichen Märtyrern des 19. Jahrhunderts, die in Namugongo den Tod erlitten haben.

Botschaft von Papst Franziskus zum Weltmissionsmonat: „Hier bin ich, sende mich“ (Jes. 6,8)

Diese Märtyrer zeigen etwas Gemeinsames auf: ein tiefes Verstehen der „Jüngerschaft“ und des „apostolischen Einsatzes“. Unser Papst Franziskus hat den Weltmissionsmonat unter das Thema der Sendung gestellt: Als „Jünger“ haben sie ihr Leben am Beispiel Jesu ausgerichtet und als „Apostel“ haben sie das Geschenk des Glaubens und der Umkehr zu ihren Landsleuten gebracht. Papst Paul VI hat 1969 in Kampala ausgerufen: „Ihr Afrikaner, seid Missionare für eure afrikanischen Schwestern und Brüder!“ Durch das Leben dieser jungen Männer ist das Evangelium, das bis dahin unbekannt und fremd war, afrikanisch geworden, und die unglaublichen Worte Jesu wurden glaubwürdig, weil sie in ihrem Leben „Fleisch“ geworden waren.

Was ist die Botschaft dieser jungen Katechisten?

Treue zum Glauben: Es überrascht, mit welcher Entschiedenheit diese jungen Männer, die erst einige Jahre Christen waren, ihren Glauben lebten. Jesus war für sie nicht jemand, an den man heute glaubt und den man morgen wieder verlässt. Sie lebten ein Leben nach dem Evangelium vor, geschwisterliche Liebe, Dienstbereitschaft und den Wunsch, Werkzeuge zu sein in der Verkündigung des Glaubens. Diese zwei jungen Laien hatten keine Angst, ihren Glauben bis zum Punkt ihres Martyriums zu leben. So sind sie ein inspirierendes Beispiel für die ganze Kirche, aber ganz besonders für ihr Land Uganda.

Apostolischer Eifer: Es ist nicht genug, das Geschenk des Glaubens zu empfangen. Der Glaube muss mit anderen durch das eigene Lebensbeispiel und durch überzeugende Verkündigung geteilt werden. Diese jungen Männer spürten, dass sie den leeren Platz, der durch den Tod ihres Vorgängers, des Katechisten Antonio, entstanden war, füllen mussten. „Wie sollen sie den anrufen, den sie nicht kennen? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie denn geschrieben steht: Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten, die das Gute verkündigen!“ Aber nicht alle waren dem Evangelium gehorsam. Denn Jesaja spricht: Herr, wer glaubte unserm Predigen? So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi (Röm 10, 14-16).

Bleiben bei den Menschen: Die jungen Männer hätten davonlaufen können. Viele unserer Missionare geben bis heute dieses Beispiel. Gerade in Nord-Uganda, wo durch die LRA (Lord’s Resistance Army) über 40 000 Kinder entführt wurden, wo viele Jahre lang die Menschen aus Angst vor den Rebellen in den Höfen der Missionen Schutz suchten, waren die Missionare der einzige Schutz für viele Menschen. In einigen Missionen sieht man noch heute die Blutspuren dieser Tragödie.

Wahrheit und Gerechtigkeit: Als sie ihre Mörder sahen, riefen sie: „Ihr könnt uns töten, aber wir haben nichts Unrechtes getan“. Zeugen bestätigten: „Sie haben sie grundlos getötet!“ Der Schrei der Unschuldigen darf nicht vergessen werden, denn sie erinnern uns an die große Verantwortung derer, die andere ausbeuten, niedertreten und die Unschuldigen und Schwachen unterdrücken.

Verantwortung: Durch ihr Leben sprechen sie heute zu den Katechisten, zur Jugend und zu den Erwachsenen. Sie sagen uns, dass wir alle aktiv mitarbeiten müssen beim Aufbau unserer Gemeinden und als Fundament starke geistliche und moralische Werte grundlegen.

Vergebungsbereitschaft und Versöhnung: Durch ihr Beispiel, lieber Gewalt zu erleiden als gewalttätig zu werden, sind sie ein Aufruf für alle Menschen in Uganda, die unter ethnischen und politischen Zerrissenheiten leiden. Der einzige Weg zu Frieden und Einheit ist Vergebungsbereitschaft, Versöhnung, Gerechtigkeit und Wahrheit.

Die Mission, die Gott jedem anvertraut, führt von einem ängstlichen und verschlossenen zu einem wiedergefundenen und durch die Selbsthingabe erneuerten Ich.
Papst Franzikus

Den Weltmissionsmonat zu begehen, bedeutet zu bekräftigen, wie das Gebet, das Nachdenken und die materielle Hilfe eine Gelegenheit darstellen, um aktiv an der Mission Jesu in seiner Kirche teilzunehmen. Diese Glaubenszeugen am Beginn der Geschichte Ugandas haben das Fundament gelegt für eine Kirche, die bei den Menschen ist, die einen lebendigen, begeisterten Glauben lebt. Das durfte ich wieder erleben und das hat meinem Glauben wieder neuen Schwung gegeben. Lassen wir uns ermutigen durch einen wachen Blick auf die Weltkirche!

P. Josef Altenburger