In unserem zweiten Vorbereitungsseminar „Mein kultureller Rucksack“ vom 02. bis 05. März 2017 in Nürnberg beschäftigten wir uns mit all den Dingen, die uns geprägt haben – seit wir Kinder waren. Jeder trägt einen „kulturellen Rucksack“ mit sicher herum, in den die Eltern, die Lehrer, die Gesellschaft im Laufe des Lebens unterschiedliche „kulturelle Dinge bzw. Verhaltensweisen“ hineintun: wir lernen, wie wir uns begrüßen, wie wir uns älteren Menschen gegenüber zu verhalten haben, welche Werte in unserer Kultur wichtig sind, welches Verhalten wir meiden und ächten sollten. Manchmal weiß man gar nicht mehr so genau, was sich alles in dem Rucksack versteckt und so ist es sinnvoll, mal genauer reinzuschauen, was wir so mit uns durchs Leben tragen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Besonders auch, weil jeder einen mehr oder weniger anderen Inhalt im Rucksack mit sich herumträgt – besonders Menschen anderer Kulturen können ganz andere „Dinge“ dabei haben.
Was ist eigentlich „Deutsch“ bzw. „Österreichisch“?
Wir haben gelernt, unsere eigene Kultur und Prägung mit Hilfe der „kulturellen Zwiebel“ (Hofstede) näher zu betrachten: Was ist eigentlich „Deutsch“ bzw. „Österreichisch“? Was sind Werte und Normen unserer eigenen Kultur? Wie verhalten wir uns, geprägt durch diese, in bestimmten Situationen? Dank der Geschichte „Beach Party“ lernten wir, dass man eine Situation aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten und bewerten kann – je nach dem, durch welche „kulturelle Brille“ man schaut. Das kann ganz schön verwirren und frustrieren. Ist man sich dessen aber bewusst, können interkulturelle Missverständnisse und Konflikte vermieden oder geklärt werden. Eine Kompetenz, die für einen Auslandsfreiwilligendienst unbedingt notwendig ist, da die Freiwilligen mit Menschen einer anderen Kultur leben werden.
Rassismus und Kolonialismus – was hat das mit mir zu tun?
Gemeinsam gestalteten wir eine Zeitleiste, in der wir uns insbesondere mit den Themen Rassismus und Kolonialismus beschäftigten und lernten, wie sehr diese unsere Sicht auf die Welt und unsere Beziehung zu Menschen anderer Kulturen beeinflussten und bis heute beeinflussen. Eine Beziehung, die oft durch Gewalt geprägt war – und immer noch ist. Es geht um Macht, Ressourcen, Einfluss. Der europäische Kolonialismus, der Hand in Hand mit rassistischen Denkweisen und Rechtfertigungen ging, hat die Welt grundlegend verändert: Ländergrenzen wurden gewaltsam gezogen, indigene Bevölkerungen ausgerottet und ausgebeutet, neue Gesellschafts- und Herrschaftsstrukturen geschaffen, die bis heute Auswirkungen in den Ländern, in die unsere MaZ ausreisen, haben. Ein geschichtliches Bewusstsein ist wichtig, um die Welt von heute zu verstehen und Gegebenheiten in den Einsatzländern einordnen zu können.
Der Spaß kam nicht zu kurz!
Es war ein inhaltsreiches, intensives Seminar. Dennoch hatten wir auch eine Menge Spaß: die interkulturellen Spiele und Übungen führten nicht nur zu Frustration und Verblüffung sondern auch zu Vorfreude auf den Auslandsaufenthalt und gute Laune. In den Abendstunden gab es genügend Zeit, sich auszutauschen, Spiele zu spielen und beisammen zu sein. Die beiden MaZ-Rückkehrerinnen Johanna (Kacheliba, Kenia) und Anna (Arequipa, Peru) erzählten von ihren Erlebnissen und brachten uns mit der ein oder anderen Anekdote aus ihrem Einsatz zum Lachen. Pater Delphin erzählte, wie er als Kongolese beim Einleben in Deutschland den ein oder anderen Kulturschock erlitten hat und Linda und Lea brachten sich mit Freude und Frohsinn in das Seminar ein, sodass unseren MaZ ein abwechslungsreiches Programm geboten werden konnte.
Bunter, interkultureller Gottestdienst
Den Abschluss und Höhepunkt bildete am Sonntagvormittag der selbst gestaltete Gottesdienst in der Kapelle, zu dem auch einige Gäste gekommen waren: Comboni-Missionar und Provinzial der Provinz Kongo, Pater Joseph Mumbere und Pater Markus Körner, der viele Jahre im Südsudan gewirkt hat, sowie Pater Günther Hofmann, der bis Dezember 2016 in Südafrika war, erzählten sehr persönlich von ihren Erlebnissen von und mit Gott und wünschten den MaZ Gottes Segen für ihre Zeit im Ausland.
Als Teamer bzw. Teamerinnen waren Pater Günther Hofmann, Pater Georg Fichtl, Pater Delphin Chirund und Brigitte Rolfes anwesend, unterstützt durch die MaZ-Coaches Linda Ponradl, Lea Kronpaß und Johanna Weis. Das nächste Seminar „Globale Strukturen und Karwoche“ wird über die Kar- und Ostertage vom 12. April bis 16. April 2017 in Mellatz stattfinden.
Brigitte Rolfes