geboren am 12.12.1888 in Köflach/A
Zeitliche Gelübde: 01.11.1912
Ewige Gelübde: 01.11.1915
Priesterweihe: 09.08.1914
verstorben am 10.04.1981
beigesetzt in Verona/I
„Frühling 1910: Ich hatte gerade mein Theologiestudium im Priesterseminar von Graz begonnen, als uns der Sudanmissionar Pater Bernhard Zorn einen Missionsvortrag hielt und Lichtbilder zeigte. Schon damals zog mich das Leben eines Diözesanpriesters nicht besonders an, wohl aber der Missionsberuf. Ich sprach mit meinem Spiritual, einem ehemaligen Chinamissionar. Dieser ermutigte mich dazu, gab mir aber den Rat, ein Missionsinstitut mit Gelübden zu wählen. Da ich mich von der Nigrizia-Mission angezogen fühlte, entschloss ich mich, um Aufnahme in Verona anzusuchen, und begab mich nach Messendorf. Pater Wilfling war damals der Hausobere und Pater Zorn machte dort Urlaub. Beide rieten mir, an den Generaloberen zu schreiben und um Aufnahme zu bitten. Pater Federico Vianello nahm mich ins Noviziat von Verona auf.
Am Ende des Schuljahres informierte ich den Seminarregens. Nun aber begannen die Schwierigkeiten. Der Regens widersetzte sich der Wahl des Instituts von Verona wegen seines „unklaren“ Ursprungs. Pater Zorn hatte mir gesagt, dass es von Jesuiten für die Sudanmission gegründet worden war. Der Regens behauptete zudem, dass jenes Institut die Missionare nach Hause schickt, wenn sie krank werden. So hätten sie es mit Pater Dichtl gemacht, den er gut kannte. Ich solle mir die Sache gut überlegen.
Ich aber entschied mich für Verona. Ich fühlte mich unwiderstehlich dorthin gezogen, ohne aber zu wissen, warum. Mir wurde aber weiterhin von Verona abgeraten – nicht von meinen Eltern, die innerlich litten – aber von meinem Pfarrer, der zu den Leuten sagte, ich sei verrückt. Meine Unsicherheiten dauerten bis September, meinem letzten Ferienmonat. Ich war immer noch unentschlossen. Eines Tages bat ich den Herrn bei der heiligen Messe, mir ein klares Zeichen zu geben, welchen Weg ich wählen soll. Als ich nach Hause kam, traf ich vor der Haustür den Briefträger, der mir eine Postkarte von Pater Vianello überreichte. Dieser lud mich ein, womöglich im September zu kommen, um an den Einkleidungsexerzitien teilnehmen zu können. Das war das Zeichen, um das ich den Herrn gebeten hatte. Um mit einem Gehorsamsakt zu beginnen, wollte ich am 30. September 1910 in Verona sein.“ (Pater Artur Nebel).
Pater Artur Nebel wurde in Köflach, Graz, Österreich am 12. Dezember 1888 geboren. Das Kind wurde am gleichen Tag zuhause von seinem Vater getauft. Es war nämlich sehr schwächlich, und der Vater fürchtete, dass es bis zur Taufe in der Kirche zu spät sein könnte. Zudem wollte er seinem Erstgeborenen den Einzug ins Paradies sichern. Er hat davon zu niemandem etwas gesagt, so dass das Kind dann auch vom Kuraten in der Pfarrkirche getauft wurde.
Der junge Artur spürte schon länger den Wunsch, Priester zu werden. Um sich auf den Eintritt ins Seminar vorzubereiten, besuchte er in einem nahegelegenen Städtchen die Mittelschule. Nach ihrem Abschluss wurde er im Knabenseminar von Graz aufgenommen und vom Priesterseminar begab er sich dann nach Verona. Am 1. November 1910 wurde er eingekleidet und legte zwei Jahre später am 1. November 1912 die zeitlichen und am 1. November 1915 die ewigen Gelübde ab. Am 9. August 1914 wurde er zum Priester geweiht. In Österreich war bereits der erste Weltkrieg ausgebrochen. Pater Vianello drängte den Neupriester, trotzdem in seine Heimat zu fahren, um mit seinen Eltern und seinen Verwandten die Primiz zu feiern. Pater Wilfling hielt die Festpredigt.
Eiligst kehrte er nach Italien zurück und begab sich nach Verona und dann nach Rom. Nachdem er österreichischer Staatsbürger war, wurde er 1917 nach Sardinien verbannt. Der Gepäckträger begleitete ihn bis zum Seminar. Der Bischof der Diözese Nuoro war damals auf der Suche nach Professoren, da einige zum Militär einberufen worden waren. Er bat Pater Nebel, Griechisch, Mathematik und andere Fächer nach Bedarf zu unterrichten. Im Februar 1919 konnte er nach Rom zurückkehren. Nach einem kurzen Besuch in seiner Heimat wurde er nach Thiene und San Vito al Tagliamento versetzt. 1921 kam er nach Ellwangen, da die Einreiseerlaubnis in den Sudan auf sich warten ließ.
1923 reiste er in den Sudan aus, um mit Pater Olivetti die erste Missionsstation unter dem Dinkastamm zu eröffnen. Bei der Teilung der Kongregation hatte er sich für den italienischen Zweig entschieden. Die erste Mission unter den Dinka wurde auf ausdrücklichen Wunsch von Pater Meroni und auf Einladung der Kolonialbehörde gegründet, um den Stamm auf ihre Seite zu bringen.
Als Pater Nebel im August 1923 in Wau ankam, stand das Gebiet der Dinka unter Wasser. Am 31. Dezember 1923 wurde die Mission Kwajok gegründet. Die Anfänge waren schwierig. Im Oktober 1924 reiste Pater Nebel nach Wau, um Lebensmittel einzukaufen. Dort vertraute ihm der Kommissär zwei Dinkabuben für seine Schule an: zwei Waisen, um die sich der englische Beamte angenommen hatte. Die beiden waren die ersten Dinka-Katechumenen. Im November besuchte Mons. Stoppani die Mission und brachte einen Bruder mit. Während der Trockenperiode stattete auch der Gouverneur der Mission einen Besuch ab. Er war überrascht vom Fortschritt der Mission und wunderte sich, Dinka bei der Arbeit zu sehen.
Pater Nebel kam 1933 und 1948 nach Europa auf Heimaturlaub und für eine gründliche ärztliche Untersuchung. Am 31. Dezember 1948 kehrte er nach Kwajok zurück, um das goldene Gründungsjubiläum der Mission zu feiern. Pater Nebel war der Held des Tages. In den 25 Jahren wurden 2000 Taufen gespendet, 80 Ehen geschlossen, und 800 Katechumenen bereiteten sich auf die Taufe vor. In dieser Zeit wurden auch die Missionen Nyamlel und Mayen eröffnet. Massenbekehrungen hat es nie gegeben, denn die Hirtenvölker sind misstrauisch und starrköpfig. Nach den Erfahrungen mit den Schilluk hatte man sich alles schlimmer vorgestellt. Schließlich hat die Gnade Gottes triumphiert, und die Erfolge übertrafen die Erwartungen.
Anschließend wurde Pater Nebel in mehreren Missionen eingesetzt, bis er am 30. August 1958 nach Europa zurückkehrte. In Italien arbeitete er in verschiedenen Häusern als Lehrer, besonders in Venegono und Rom. Eine auftretende Schwerhörigkeit und schwindende Sehkraft erlaubten es ihm nicht mehr, Aushilfen zu übernehmen. So betrachtete er immer mehr als seine Aufgabe, für die Dinka zu beten. Er litt sehr darunter, dass sich die Jugend und die Christen ganz im Allgemeinen immer mehr von der Kirche entfernten und die Berufe abnahmen. Wegen gesundheitlicher Probleme wurde er ins Krankenzentrum von Verona gebracht. Er träumte aber ununterbrochen, noch einmal in den Sudan und zu den Dinka zurückkehren zu dürfen. Die Vorsehung öffnete ihm dazu den Weg.
Einer seiner Schüler, der Kultur- und Informationsminister im Südsudan wurde, verschaffte ihm die Erlaubnis, als Fachmann der Dinka-Sprache einzureisen. Im Alter von 90 Jahren, am 20. Januar 1978, bestieg er das Flugzeug, das ihn nach Khartum brachte. Einer seiner Mitmissionare umarmte ihn und verabschiedete sich mit den Worten: „Du reist ab, da du eine Rakete voller Treibstoff bist. Der Treibstoff ist Liebe für den Herrn und die Seelen.“
Leider musste der gute Pater aus gesundheitlichen Gründen bald den Sudan wieder verlassen. Am 23. Mai 1980 kam er im Krankenzentrum von Verona an, von wo ihn der Herr am 10. April 1981 in sein himmlisches Reich holte. Die letzten Worte, die er mit zittriger Hand in sein Notizbuch geschrieben hatte, waren: „Deo gratias!“
Dieser Nachruf könnte den Eindruck erwecken, das Leben von Pater Nebel sei eine Idylle, ein ruhiger Gang durch die Zeit und die Geschichte gewesen. In Wirklichkeit war es ganz anders. Er war klein und schmächtig, aber äußerst lebhaft, und brauste leicht auf. Wer ihn kannte, erlaubte ihm, den Dampf abzulassen, und bald kehrte wieder Ruhe ein, als ob nichts geschehen wäre. Er konnte aber hartnäckig an seinen Ideen festhalten. Man musste ihn zu nehmen wissen. Sein langes Leben war gekennzeichnet von häufigen Höhen und Tiefen. Dies erklärt auch seinen häufigen Wechsel der Gemeinschaft. Aber sein Glaubensgeist, seine Frömmigkeit, sein Arbeitseifer, auch bei körperlichen Arbeiten, behielten immer die Oberhand.
Pater Nebel wird aber trotz seiner kleinen und schmächtigen Gestalt beim Stamm von Riesen (Dinka) als „Großer“ in Erinnerung bleiben, dank seiner Liebe zum Volk und seines Beitrags zum Studium der Sprache und Ethnographie.
R.I.P.
Pater Alois Eder