Das Tangaza College ist ein katholisches Universitätskolleg in Nairobi (Kenia) in der Trägerschaft von mehreren Religionsgemeinschaften, darunter die Comboni-Missionare. Es hat seine Wurzeln in der katholischen Tradition, die vor allem in Ostafrika durch die missionarischen Bemühungen, im späten 19. und im 20. Jahrhundert entstanden ist. Jetzt, im 21. Jahrhundert und im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils, erkennen die Menschen in Tangaza, dass sie selbst dazu entsandt sind, Teil der Erneuerung und Entwicklung dieser Tradition zu sein.
Der Comboni-Missionar Bruder Jonas Yawovi Dzinekou berichtet über verschiedene Ansätze, um den sozialen Wandel in Afrika voranzubringen.
Perspektivwechsel in der Mission
Afrika erlebt ein neues und wachsendes Phänomen des sozialen Unternehmertums, das Veränderungen mit sich bringt, die das Leben von Millionen von Menschen positiv beeinflussen. Aus missionarischer Sicht stellt dieses Phänomen unsere herkömmliche Herangehensweise an die Mission in Frage und eröffnet gleichzeitig neue Möglichkeiten für die Mission. Das Wesen der Mission ist ein spiritueller, menschlicher und sozioökonomischer Wandel der Menschen. Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Ansätze und Methoden dazu angewandt. Während einige Ansätze die Menschen stärkten, schufen andere mehr Abhängigkeit, Apathie und ein Art der Spiritualität, die die Menschen von der alltäglichen Realität abschottete. Missionsarbeit sollte die Fähigkeit der Menschen fördern, sich zu engagieren und ihr Umfeld zu verändern, um die Welt um sie herum zu verbessern. Praktisch trägt so der christliche Glaube zum Aufbau des Reiches Gottes bei.
Mission erfordert heute einen Perspektivwechsel, um den Kontinent aus einem Blickwinkel des schnellen Wandels und der Chancen zu betrachten. So wie sich die Gesellschaft Afrikas bewegt und verändert, sollten sich der Ansatz und der Fokus der Mission verschieben und sich an die neuen und sich herausbildenden Realitäten des Kontinents anpassen. Wenn das nicht geschieht, riskieren Missionare, dass sie den Kontakt zu den Menschen verlieren und bedeutungslos werden. Es besteht Handlungsbedarf, um das Wesen der missionarischen Präsenz in einem sich verändernden Afrika wiederzuentdecken.
Afrika lebt in einer Ära des sozialen Unternehmertums. Die sozialen Unternehmen sind zu einem wichtigen Instrument geworden, um das Leben zu beeinflussen. Dies ist ein Motor für die soziale Veränderung Afrikas. Das ist eine große missionarische Gelegenheit.
Deutsch-afrikanische Zusammenarbeit für die sozialen Auswirkungen
Da das soziale Unternehmertum an Boden gewinnt, arbeiten verschiedene Organisationen zusammen, um ein Ökosystem zu gestalten, das dem Wachstum der sozialen Unternehmen dient. In diesem Zusammenhang richteten vom 28. Februar bis zum 1. März 2019 zwei deutsche Organisationen, das Deutsche Institut für Wirtschaft und Technologie (G-IBT), ein IKT-Unternehmen, und der Bund Katholischer Unternehmer (BKU), in Zusammenarbeit mit dem Institut für Soziale Arbeit des Tangaza University College Veranstaltungen zu Nachhaltigkeit und Innovation in Afrika aus. Es handelt sich um die erste Initiative dieser Art, die afrikanische und deutsche Organisationen zusammenbrachte, um Talente für nachhaltige Innovationen in Afrika zu finden und zu unterstützen. Die Veranstaltungen waren zwei Tage Hackathon (Anm.: Wortschöpfung aus „Hack“ und „Marathon“, eine Soft- und Hardwareentwicklungsveranstaltung) und eine Konferenz über nachhaltige Innovation.
Die ersten beiden Tage waren einem Hackathon für soziale Innovation gewidmet. An der Veranstaltung nahmen hundert potentielle Unternehmer teil. Sie beschäftigten sich mit sozialen Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, erneuerbare Energien, Bildung und Agrarwirtschaft. Zwei Tage lang arbeiteten sie in Teams rund um die Uhr und entwickelten innovative Lösungen für diese Probleme. Jeder der vier Sektoren wurde von einer Führungsperson aus der Industrie unterstützt. Das erleichterte den Prozess der Suche nach Lösungen für die sozialen Herausforderungen, vor denen die Jugend steht. Die Organisationen werden die Gewinnerteams weiterhin begleiten, um ihre Ideen in Unternehmen umzusetzen und das afrikanische Problem zu lösen.
Die zweite Veranstaltung, die Konferenz über Nachhaltigkeit und Innovation, brachte viele Partnerorganisationen zusammen, die eine nachhaltige und leistungsstarke Wirtschaft in Afrika schaffen wollen. An der Konferenz nahmen über dreihundert Teilnehmer teil. Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Frage, wie nachhaltige und innovative Unternehmen in Afrika durch die Zusammenarbeit von deutschen und afrikanischen Organisation unterstützt werden können. Die Konferenz kam zu dem Schluss, dass dieser interessante Ansatz der Zusammenarbeit deutscher Organisationen mit dem Tangaza University College zur Förderung nachhaltiger Innovationen, die für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Afrikas relevant sind, gefördert werden soll.
Ohne Zweifel ist Afrika ein Kontinent mit vielen natürlichen Ressourcen und einer sehr talentierten jungen Bevölkerung. Wir müssen an dieses Potenzial glauben und es unterstützen. Das Hauptproblem besteht jedoch darin, dass das Bildungssystem die Innovationskraft der Jugend oft auf Unternehmertum und die Schaffung von Arbeitsplätzen beschränkt. Worauf es ankommt, ist dieses Potenzial der Jugend auszuschöpfen, damit sie die Ressourcen in ihrem Umfeld erschließen und neue Arbeitsfelder schaffen. Nur so können sie sich auf dem Kontinent eine bessere Existenz sichern. Das mindert das Risiko , dass sie im Ausland nach einem schöneren Leben Ausschau halten.
Wir haben aus diesem Hackathon die Lehre gezogen, dass es mehr solcher Beratungen braucht, um das Potenzial der jungen Menschen zur Lösung der drängendsten sozialen Probleme freizusetzen. Die Jugend hat so viel Energie, die in die gesellschaftliche Veränderung fließen kann. Dies ist der Schlüssel zur Schaffung von Wohlstand für die Jugend in Afrika. Zweitens schaffen sie eine nachhaltige Wirtschaft auf dem Kontinent. Dafür ist eine Partnerschaft von grundlegender Bedeutung. Was Afrika heute für eine nachhaltige und innovative Wirtschaft braucht, ist die Partnerschaft von Nord und Süd. Dadurch können wir die Geschichte der Entwicklung Afrikas neu schreiben.
Die Comboni-Missionare und das soziale Unternehmertum
Mit dem Institut für Soziale Arbeit am Tangaza University College haben die Comboni-Missionare eine wichtige Rolle bei der Förderung des sozialen Unternehmertums übernommen. Sie betrachten dies als ein wichtiges missionarisches Engagement für die sozioökonomische Entwicklung Afrikas. Heute ist der soziale Wandel eine zentraler Aspekt der Mission, und soziales Unternehmertum ist ein wichtiges Instrument für die Veränderungen im Leben der Menschen. Hinter der Gründung und Verwaltung entsprechender Unternehmen verbirgt sich eine tiefe Spiritualität und ein fester Glaube, die die Unternehmer dazu anregen und inspirieren, ihre unternehmerischen Fähigkeiten zu nutzen, um das Leben positiv zu beeinflussen.
Mission, Innovation und Nachhaltigkeit
Viele kirchliche Organisationen betreiben seit Jahren gemeinnützige Institutionen, die von Spendengeldern abhängig sind. Die Situation hat sich geändert, und das Spendenaufkommen für wohltätige Zwecke hat sich drastisch verringert. Diese kirchlichen Organisationen müssen innovativ sein und auf ihr Bedürfnis nach Nachhaltigkeit reagieren, ohne ihre Mission zu verraten, den Armen zu dienen und deren Leben zu verändern. Nachhaltiges soziales Unternehmertum ist eine der wichtigen Lösungen. Dieser Übergang ist entscheidend für ihr Überleben. Dies erfordert jedoch eine Änderung des Denkansatzes, der Einstellung und des Vorgehensweise der Mission von heute.
Investitionen in menschliches Kapital
Entwicklungsstrategen haben in der Vergangenheit sehr viel Geld ausgegeben, um Probleme in Afrika anzugehen. Aber meistens versäumten sie es, das menschliche Kapital für die Entwicklung des Kontinents einzusetzen. Das ist auch einer der Gründe, warum Afrika immer noch mit seiner Entwicklung zu kämpfen hat. Die Entfaltung des menschlichen Kapitals ist für den Wandel des Kontinents von grundlegender Bedeutung. Afrika muss die Menschen befähigen, auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren. Investitionen im Personalbereich sind heute eine entscheidende Aufgabe der Mission. Den Wandel Afrikas zu erreichen erforderte eine Verschiebung der Denkweise der Missionare hin zu einer Initiative, die die Potenziale der Jugend freisetzt. Mit dem richtigen Werkzeug ausgestattet, kann die Jugend zu einem erstaundlichen Transformator der Gesellschaft werden.
Es gibt eine wachsende Zahl junger Menschen, die innovative Lösungen für die Probleme in Afrika finden. Das ist eine gute Nachricht. Die Frage bleibt, ob wir uns bewusst für eine Initiative engagieren, die dieses Potenzial unserer Jugend freisetzt. Diese Herausforderung können die Missionare heute nicht überblicken. Eine solche Notwendigkeit ist mit der Arbeit der Evangelisierung verflochten. Wir können den verzweifelten jungen Menschen das Evangelium nicht predigen, ohne an die verwandelnde Kraft zu glauben, die in ihnen steckt. Investitionen in Talente sind die Hoffnung und die Zukunft Afrikas.
Bruder Jonas Yawovi Dzinekou MCCJ