In diesem kleinen Text möchte ich das Thema „Aufbruch“ in den Mittelpunkt stellen. Ich selbst habe nachgezählt, wie oft ich seit meiner Priesterweihe 1978 in der Gemeinschaft der Comboni-Missionare schon aufgebrochen bin. Ich kam auf vierzehn Umzüge. Immer wieder wurde ich in neue Aufgaben gerufen. Nicht immer war es leicht, Ja zu sagen und den Koffer zu packen. Ich fühlte mich wohl in meiner Arbeit z.B. in Afrika oder als Noviziats- und Ausbildungsleiter. Abschied tut weh, das Neue macht Angst – und braucht Vorbereitung, weil man nicht gerüstet ist für das, was erwartet wird.
Aufbrüche gibt es viele in unserem Leben. Oft sind sie uns gar nicht bewusst. Das sind Situationen, in denen sich etwas grundlegend in unserem Leben ändert, z.B. Übergänge von einer in eine neue Lebensphase: von der Kindheit ins Erwachsenenalter, von der Schule in den Beruf, die Gründung einer Familie, Trennung, Arbeitsplatzwechsel, Übertritt ins Rentenalter. Veränderungen wie die Pubertät, die Wechseljahre, die „Midlife-Crisis“. Aufbrüchen gehen oft lange Zeiten des Wartens und Aushaltens voraus. Das Wort „Krise“ bedeutet „Umkehr“, doch davor schrecken wir zurück.
Die Bibel berichtet uns von vielen Aufbruchsgeschichten. Von Menschen, die ihrer Berufung folgten und sich auf eine längere Wanderschaft machten. Der erste, der sich auf den Weg macht, ist Abraham. Dann Mose, der sein Volk durch die Wüste führte. Dann der Wanderprediger Jesus und die Apostel, die auf Wanderschaft mit ihm waren, dann besonders Paulus auf seinen großen Missionsreisen. Sich auf den Weg machen, fortzugehen aus der gewohnten Umgebung, das hat mit Loslassen, mit Abschied zu tun.
Heute nehmen sich viele Menschen eine Auszeit, machen eine längere Pilgerreise (z.B. auf dem Jakobsweg). Bei uns Comboni-Missionaren gibt es eine Sabbatzeit. Sie hat zum Ziel, dass man eine neue Perspektive auf sein Leben bekommt, reflektiert, klärt. Das Aufbrechen fordert uns auf, wenn auch nur für eine gewisse Zeit, den Alltag, den gewohnten Lebensrhythmus hinter sich zu lassen und auf Bequemlichkeit, Annehmlichkeiten und Sicherheiten zu verzichten. Offen und aufmerksam zu sein, uns auf Neues einzulassen, Unsicherheiten in Kauf zu nehmen. Manchmal brechen wir auch gerne auf, um dem Alltagstrott zu entfliehen; um etwas Neues zu erleben. Ohne Tapetenwechsel wird auch das schönste Zuhause zum Gefängnis. Ein Urlaub, der Sonntag oder ein freier Tag lassen uns neue Kräfte sammeln.
Aufbrüche spüren wir auch in unseren Kirchen und Diözesen: in unseren Pfarren dürfen wir lernen hinzuhören auf das, was „der Geist uns sagen will“. Es weht so viel an neuem Geist in unserer Kirche durch das, was unser Papst uns vorlebt und wozu er uns anregt. Bischöfe sind voller Tatendrang, Kirchen drängen und ermutigen zu neuen Wegen.
Aber nicht jeder, der sich aufmacht zu neuen Ufern, hat es bequem. So riskieren viele Menschen ihr Leben auf schrottreifen Booten, um über das Meer zu uns zu kommen. Viele finden dabei den Tod. Die Flüchtlinge, die in unsere Länder kommen, fordern uns heraus, ihnen neue Lebenschancen zu ermöglichen. Auch dazu braucht es Aufbrüche bei uns. Die müssen zuerst in unseren Herzen geschehen. Als Pfarreien wollen wir an ihrem Schicksal Anteil nehmen.
Das Aufbruchsmotiv hat also viele Facetten. Es gibt Geh-Hilfen, Schrittmacher, die uns ermutigen wollen, neue Wege zu wagen oder alte neu zu gehen. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, sagt Hermann Hesse.
In diesem Sinne möchte ich Euch zu einem kraftvollen Weitergehen ermutigen. Gott geht unsere Wege mit.
Euer Pater Josef Altenburger
Der Text ist zuerst im Pfarrblatt der Pfarrei Graz-Messendorf erschienen und wurde für die Website leicht verändert.