Vergessene Krise am Nil

Seit dem 15. April 2023 erschüttern schwere Kämpfe zwischen rivalisierenden Teilen des herrschenden Militärs den Sudan. Was die Streitkräfte eint, ist der rücksichtslose Umgang mit der Zivilbevölkerung. Wichtige Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen wurden angegriffen. Die humanitäre Lage im Lande verschärft sich durch den Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und Treibstoff. Die Preise für lebenswichtige Güter schnellen in die Höhe. Kirchliche Gebäude wurden von Raketen zerstört, darunter auch die Sakristei des Hauptsitzes der Comboni-Missionare in Khartum. „Da wird jetzt gnadenlos einfach durch alle Häuser und Institutionen gegangen und alles zerstört oder geklaut“, sagt P. Gregor Schmidt, Provinzoberer in Juba (Südsudan). Vor allem die fehlende mediale Aufmerksamkeit ist gefährlich für die Betroffenen. Ihr Leid wird so zu einer vergessenen Krise. Für die Menschen in diesen Regionen ist jeder Tag ein Kampf zwischen Leben und Tod. Die meisten von ihnen überleben nur dank akuter Nothilfe.

Provinzialat der Comboni-Missionare in Khartum nach Raketeneinschlag.

„Uns blutet das Herz“

Die Situation ist angespannt und gefährlich. Viele Ordensleute mussten fliehen. „Uns blutet das Herz“, sagt ein Comboni-Missionar, der im Land geblieben ist. Unser Ordensgründer, der heilige Daniel Comboni (1831-1881) war der erste Bischof von Khartum. „Euer Wohl ist das meine, und Eure Leiden werden auch die meinen sein“, versprach er den Menschen seinerzeit. Sich der Not der Bevölkerung anzunehmen ist das Gebot der Stunde. In den Pfarrzentren in Kosti an der Grenze zum Südsudan sind Comboni-Missionare tätig. Dort werden täglich Flüchtlinge aufgenommen, vor allem Frauen, Jugendliche und Kinder. Sie mussten Hab und Gut zurücklassen und stehen vor dem Nichts. „Viele kommen in unsere Pfarrei und suchen Hilfe. Wir versuchen, das Nötigste bereitzustellen, schaffen es alleine aber nicht“, schreibt P. Diego dalle Carbonare, der  Provinzial aus Port Sudan. „Wir  sind dringend auf Hilfe  von außen angewiesen“.


Wiederansiedlung von Geflüchteten aus dem Sudan im Gebiet der Diözese Malakal (Südsudan).

Nachbarländer am Limit

Bisher wurden zwei Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Hunderttausende aus dem Sudan sind in den Nachbarländern Tschad, Ägypten oder Äthiopien in Regionen angekommen, wo auch wir Comboni-Missionare tätig sind. Stark ist der Südsudan betroffen. Die Flüchtlingsströme überfordern die staatlichen Strukturen. Es fehlt an allem. Nahrungsmittel, Unterkünfte und andere überlebenswichtige Güter werden dringend gebraucht. Die im Grenzgebiet liegende Diözese Malakal hilft den Rückkehrern bei der Wiederansiedlung im Südsudan.


P. Gregor Schmidt, Sr. Elena Balatti und Sr. Maria Martinelli in Juba (Südsudan).

Sr. Elena Balatti, eine Comboni-Missionarin, schreibt: „Es ist sehr wichtig, jetzt einzugreifen und nicht später, denn mit jeder Verzögerung wird das Leiden der betroffenen Menschen unerträglich“.


Ankunft eines Flüchtlings in der Pfarrei Kosti (Sudan).