Mit vielen Gästen fand am 10. Oktober die mehrfach verschobene Feier anlässlich „100 Jahre Comboni-Missionare in Deutschland“ mit feierlichem Festgottesdienst mit Weihbischof Thomas Maria Renz in der Kirche von Josefstal bei Ellwangen statt. Längst nicht alle Gottesdienstbesucher fanden einen Platz in der Kirche: 430 Personen hatten sich zum Fest angemeldet. Wem schließlich kein Platz in der Kirche zugeteilt werden konnte, fand – unter Berücksichtigung der 3G-Regel – eine Sitzmöglichkeit im Freien vor der Kirche oder in den aufgebauten Zelten. Der Gottesdienst in der Kirche wurde über Monitore ins Freie übertragen. So konnten die Mitfeiernden auch die Grußworte von Pater Provinzial Hubert Grabmann, vom leitenden Pfarrer der Seelsorgeeinheit Ellwangen, Pfarrer Michael Windisch, und des Oberbürgermeisters von Ellwangen, Michael Dambacher, mitverfolgen.

Festgottesdienst mit Weihbischof

Weihbischof Thomas Maria Renz orientierte sich in seiner Predigt an drei wesentlichen Begriffspaaren, je eines aus den drei Schriftlesungen.

Das erste Begriffspaar aus Jesaja (61,1-3) dreht sich um „Salbung und Sendung“.  Wer missionarisch unterwegs sein will, muss gesalbt sein (s. „Christos“, der Gesalbte), also von Gott dazu auserwählt sein. Von ihm erhält dann der missionarische Mensch seine Sendung. Es ist also Gott, der die Initiative ergreift – zu Gunsten derer, die am meisten eine Frohbotschaft für ihr Leben benötigen.

Das zweite Begriffspaar mit dem Galaterbrief (6,14-18) im Hintergrund heißt „Friede und Erbarmen“. Hier geht es um die Mitte des Glaubens, also um den Gekreuzigten. Wer sich zu Christus bekennt, in dessen Leben kommt Frieden und Erbarmen. Missionare*innen bringen den Glauben an den Gekreuzigten zu den Menschen. Wer daran festhält, erfährt Frieden und Erbarmen.

Das dritte Begriffspaar (vgl. Joh 10,11-16) lautet „Herzenskenntnis und Lebenshingabe“. Jesus ist der gute Hirte, der sein Leben für andere hingibt. Wir dürfen Anteil an Jesu Hirtenaufgabe haben. Dadurch geschieht „Herzenskenntnis“ oder „Seelenverwandtschaft“. Aus der Herzenskenntnis heraus sind Missionare*innen auch bereit, ihr Leben hinzugeben. Herzenskenntnis und Lebenshingabe gehören aufs Engste zusammen.

Wer nicht zum Gottesdienst kommen konnte, hatte die Möglichkeit, ihn per Live-Stream im Internet von zu Hause aus zu verfolgen. HIER ist er noch einmal nachzusehen und -zuhören.

Ein Fest der Begegnung

Viele hatten sich nach Josefstal begeben: zum einen Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Ordensgemeinschaften in Ellwangen, die Anna-Schwestern, die Franziskanerinnen von Sießen und der Gemeinschaft der Redemptoristen vom Schönenberg. Außerdem nahmen ehemalige Lehrlinge von Josefstal, Schüler des Josefinums, Jugendgruppen, wie die ehemaligen „KIMler“ vom „Kreis junger Missionare“, Missionare auf Zeit (MaZ), Förderinnen und Förderer vom Werk des Erlösers, die Comboni-Laien-Missionare, der ehemaligen „Werkstatt Solidarische Welt (WSW)“, Patres, Brüder und viele andere Freundinnen und Freunde teil.

Es sollte ein Fest mit Seltenheitscharakter werden: Inzwischen schon recht ungewohnt, war es bei den vielen Menschen, die zur Feier gekommen waren, nicht leicht, ehemalige Freunde zu finden. Umgekehrt geschah es auch bei uns, dass nicht jeder gleich sein Gegenüber erkannte. Immer wieder war da die Frage: „Was, bist Du es wirklich?“ Die Alternative war, dass sich viele Freunde der Comboni-Missionare bei diesem Fest erstmals kennenlernen und sich über ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit und bei den Combonis und in ihren Projekten austauschen konnten.

Informationen und Treffpunkte

Auf dem Kirchplatz waren an verschiedenen Stellen Infowände aufgebaut, die neugierig belagert wurden und wo man auch gleich ins Gespräch kam. Jede Gruppe wurde auf einer Infowand mit Bildern präsentiert, so der KIM, die Missionare auf Zeit (MaZ), die Comboni-Laien-Missionare (CLM), das Werk des Erlösers (WdE), die ehemaligen Lehrlinge und Schüler des Josefinums und die Werkstatt Solidarische Welt (WSW) und die Freunde vom Weltladen und Friedensforum. Die CLM präsentierten im Gebäude eine Ausstellung zum Thema Frieden, an der sie seit 2020 gearbeitet haben und die nun an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden soll: in Pfarreien, Gruppen, Schulen und Kindertagesstätten etc. Daneben konnte man auf acht großen Plakaten viel über die Comboni-Missionare erfahren. Jedes Plakat widmet sich einem eigenen Thema: So fing es an, Josefstal und Josefinum, Spiritualität, Daten und Fakten, Hausgemeinschaften der DSP (Deutschsprachigen Provinz), Mehr erfahren (Öffentlichkeitsarbeit und Medien), Sich engagieren (CLM, MaZ, Comboni-Schwestern) und Projekte weltweit.

Nach einem echt schwäbischen, einfachen Mittagessen mit „Spätzla mit Lensa ond Saitenwürst“ blickte P. Reinhold Baumann auf die 100-jährige Geschichte der Comboni-Missionare in Deutschland zurück. Mit vielen Bildern wurde der Vortrag für das Publikum lebendig. Den ganzen Nachmittag standen Kaffee und Kuchen zur Verfügung, der von vielen Gemeindemitgliedern und Helfern gestiftet worden war. Das Fest in Josefstal endete gegen 17.00 Uhr mit einer kurzen Gebetszeit.

Christentum hat Zukunft

Allerdings war die Zeit der Begegnung und des Zusammenseins noch nicht zu Ende: Um 19 Uhr hielt Professor Roman Siebenrock im Jeningenheim, dem Pfarrsaal von St. Vitus, den Festvortrag. Seine Zuhörer*innen füllten den großen Saal komplett. Unter dem Thema „Seht, ich wirke Neues! … Merkt ihr es nicht (Jes 43,19)?“ setzte sich Siebenrock mit der gegenwärtigen Krise des europäischen Christentums auseinander und zeigte Ansätze auf, wie diese schwierige Zeit überwunden werden kann:

Doch, das Christentum habe eine Zukunft. Es sei die europäische Christenheit, die sich in der Krise befinde. In anderen Weltgegenden wachse die Kirche stark. Auch der Blick in die Vergangenheit lasse dieses annehmen: Der 30-jährige Krieg habe die Bevölkerung Mitteleuropas um zwei Drittel dezimiert. Und es ging weiter. Siebenrock wies auch darauf hin, dass durch die Säkularisation von 1802 kirchliche Strukturen außer Kraft gesetzt worden waren. Allein Ellwangen hatte in Folge dessen 25 Jahre lang keinen Bischof – und der Fürstpropst blieb abgeschafft.

Es werde sich in der europäischen Kirche vieles ändern. Die nötige Zuversicht und Kraft erwachse auf dem „Ora et labora – bete und arbeite.“ Anders ausgedrückt stehe das Ora et labora weder für Planung noch für etwas in die Zukunft Gerichtetes: Es ginge vielmehr darum, das Leben anzunehmen und darauf zu vertrauen, dass Gott es segnet.

Prof. Dr. Roman Siebenrock stammt übrigens aus Mengen bei Sigmaringen. Er war bis zum Abitur am Peutinger-Gymnasium in Ellwangen im „Josefinum“, dem Internat der Comboni-Missionare. Siebenrock ist Professor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Uni Innsbruck.

Auch dieser Vortrag ist HIER zum Nachhören und – sehen noch einmal eingestellt.

Anton Schneider/Ulrike Lindner
Fotos: Gerhard Königer, Werner Schuster, Ulrike Lindner.