Liebe Freundinnen und Freunde!

Es ist mir eine große Freude, nach so langer Zeit ein Lebenszeichen zu geben, um euch zu grüßen.

Während und seit der Pandemie ist so viel passiert, dass ich in einem Brief nicht alles beschreiben kann. Die Pandemie hat uns Menschen hier so geprägt, dass bis jetzt die Konsequenzen unübersehbar sind. Das Land erholt sich langsam von der Krise. Bei den seelsorglichen Gesprächen merke ich, wie die psychische Belastung die Menschen noch immer fordert. Die Preise sind massiv gestiegen und viel zu hoch für die meisten Menschen hier.

Uns beschäftigen gerade in Peru die Mafia und die Korruption in allen Lebenssituationen. Man hat das Gefühl, dass das Leben keinen Wert hat, weil es viele Erpressungen und Kriminalität gibt. Die Bevölkerung muss zahlen, weil sie erpresst wird und sie Angst um ihr Leben hat, wie kleine Geschäftsleute, Taxi- und Busfahrer, Richter, Lehrer und Lehrerinnen, sowie Ehrenamtliche von zivilen und kirchlichen Initiativen. Niemand ist davor verschont. Jeden Tag leben wir mit dieser Angst, weil man nie weiß, wann es einen selber trifft. Die Politik ist Teil des großen Korruptionssystems und teilweise verantwortlich dafür. In Lima werden aus diesem Grund durchschnittlich täglich acht Menschen umgebracht. Das Bestattungsinstitut kollabiert, weil durch Schusswechsel täglich circa dreißig Personen ermordet werden (Femizide, Raub). Ihr wisst ja, dass Peru durch die Anzahl der Toten in der Pandemie weltweit führend war und die Armut die Menschen geprägt hat.

Gleich danach war laut Statistik die Armut die größte Sorge der Peruaner und Peruanerinnen. In diesem Jahr ist die Unsicherheit im ganzen Land das vorherrschende Thema. Andererseits versuchen wir in der Pfarrgemeinde den Menschen in ihrer schweren Situation beizustehen und sie zu ermutigen. So haben wir verschiedene Initiativen ergriffen, um den Menschen solidarisch nahe zu sein:

  • Unterstützung der Gemeinschaftsküchen (pro Tag wird in dreißig Armenküchen für viertausend Menschen gekocht)
  • die Sauerstoffanlage funktioniert und hilft Menschen, die sich den Sauerstoff nicht leisten können
  • Familien aus Venezuela, wo noch immer Diktatur herrscht, wird Herberge ermöglicht
  • Betreuung von Kindern und Jugendlichen im „Haus der Talente“ an Nachmitttagen, Wochenenden und in den Ferien, in 22 Gruppen werden zwei- bis dreihundert Kinder und Jugendliche regelmäßig betreut.
  • Behandlung von schwerbehinderten Kindern durch Physiotherapeuten im Therapiezentrum
  • Einfacher Hausbau aus Holz für Familien in unmenschlichen Lebensbedingungen.
  • Noch dazu kommen zwei Umweltinitiativen, wie Plastik- Recycling-Anlage, wo aus recyceltem Plastik Seifenschalen, Sitzbänke und Blumentöpfe hergestellt werden.
  • In einer Baumschule haben wir Samen von Frucht- oder Laubbäumen angebaut, um die Umgebung der Menschen gesünder zu gestalten.

Diese Projekte sind alle Zeichen der Hoffnung und Freude! Während der Pandemie wurde unsere Pfarrei durch unseren Einsatz in ganz Lima bekannt. Wir haben uns sozial für die Menschen eingesetzt und darüber hinaus einen Plan in unserer Pfarrgemeinde entwickelt, der allen helfen soll, ein sinnerfülltes Leben aus dem Glauben zu führen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen übernehmen Verantwortung in ihren Bereichen und koordinieren und kooperieren zwischen den dreizehn Gottesdienstgemeinden.

Die Erzdiözese Lima ist auf uns aufmerksam geworden, weil unsere Arbeit durch den Erzbischof so geschätzt wird und unser Plan auch seinen Vorstellungen für Seelsorge entspricht. Er hat uns gebeten, die pastorale Arbeit in 176 Pfarrgemeinden in ganz Lima zu verwirklichen. Seit vier Jahren arbeite ich mit einem Team an der Umsetzung des Planes auf Diözesanebene. Obwohl Lima so komplex und vielfältig ist, versuchen wir ein gemeinsames Ziel für die uns Anvertrauten anzustreben. Die Impulse von Papst Franziskus ermutigen uns, die Kirche lebendig und volksnahe zu gestalten. Niemand soll ausgegrenzt werden, weil jede und jeder ein Geschenk Gottes ist, weil die Kirche und die Pfarrgemeinde ein offener Ort für Begegnungen von allen und für alle sind.

Zu Weihnachten denken wir daran, dass Jesus arm in Bethlehem auf die Welt gekommen ist. Weil Jesus geboren ist, dürfen wir niemanden etwas wegnehmen oder Leid antun. Niemand soll ausgegrenzt werden, weil jede und jeder ein Geschenk Gottes ist, weil die Kirche und die Pfarrgemeinde ein offener Ort für Begegnungen von allen und für alle ist. Jede und jeder von uns ist gerufen, das Leben zu schützen. In seiner Armut zeigt uns Jesus, dass wir keine Waffen brauchen, um uns zu verteidigen. Er ist das Geschenk, der Hoffnung und Zuversicht in das Leben der Menschen hineinbringt. Jede und jeder von uns ist berufen, ein Instrument des Friedens dort zu sein, wo wir leben und arbeiten. Danke für die Unterstützung, die ich immer wieder von euch für unsere Arbeit in Peru bekommen habe. Entschuldigung, dass ich mich bei vielen von euch nicht gemeldet habe, aber ihr habt Gott sei Dank an uns gedacht.

Ich wünsche euch von ganzem Herzen frohe Weihnachten und dass wir das Neue Jahr voll Vertrauen annehmen können.

Euer Pater Juan Goicochea

Dezember 2024