Liebe Verwandte, Freunde und Wohltäter,

Wie soll ich heuer meinen Advents- und Weihnachtsbrief beginnen? Bis Weihnachten sind es ja noch ein paar Wochen, und es gibt noch so viel zu erledigen. Doch tief drinnen empfinde ich dieses Jahr in besonderer Weise das Bedürfnis, etwas aus dieser Zeit davor zu machen, sie sehr bewusst zu gestalten und mitzugehen.

Vielleicht gibt es ja eine einfache Erklärung: Nach all den bedrückenden Schlagzeilen, die die Nachrichten der letzten Zeit beherrschten und die die Welt in mancherlei Hinsicht in einem beunruhigenden Zustand zeigen, sucht man nach etwas, das „das Herz wärmt“. Das können Advent und Weihnachten zweifellos.

Unsere Vorfahren haben sich oft unter ganz anderen Umständen zum Fest zusammengefunden und viel Energie darauf verwandt, es füreinander trotzdem zu einem Fest der Liebe zu machen. Lag hierin etwa ein Protest gegen jene äußeren Lebenslagen und deren erbarmungslose Regeln? Nach dem Motto: Ich lasse mir die Hoffnung auf eine bessere Welt nicht nehmen – auf eine Welt, deren Fundament Liebe, Frieden und Herzlichkeit sind?

Diese Hoffnung aber hat für uns ihren Grund darin, dass Gott sich in die Welt, in unser kleines menschliches Dasein hineingegeben hat: das Kind in der Krippe bringt Kunde „von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,39).

Das 50-jährige Jubiläum unseres Krankenhauses, das wir am 6.  November feiern durften, gab Hoffnung hier in Matany. Gerade im Rückblick auf die kleinen Anfänge, aus denen so Großes gewachsen ist, wurde deutlich, wieviel Gottvertrauen und göttliche Führung im Spiel waren, um dieses Wunder möglich zu machen.

1968 setzte sich eine kleine Gruppe von Comboni-Schwestern zum Ziel, aus Matany einen „Ort der Heilung“ zu machen. Sr. Lorenziana, der ich hier 1998 begegnen durfte, war die erste Krankenschwester – eine bescheidene, liebenswerte Schwester, die ihr ganzes Leben den Karimojong widmete.

Im Dezember 1970 wurde mit Hilfe von Misereor das Krankenhaus gebaut. Bauleiter war Comboni-Bruder Pedrinoli, der – wie auch Sr.  Lorenziana – auf dem hiesigen Friedhof beerdigt ist. Während die Pflegedienstleitung den Comboni-Schwestern oblag, wurde die medizinische Verantwortung an CUAMM, eine kirchliche Ärzteorganisation aus Italien, übertragen. Die Verwaltungsleitung wird von den Comboni-Missionaren wahrgenommen.

Da die Wichtigkeit eines Basisgesundheitsdienstes in den Dörfern erkannt wurde, wurden von Anfang an einfache Pflegehelfer*Innen ausgebildet. Diese gaben Gesundheits- und Hygieneunterricht, trugen zur Verbesserung der Ernährung durch Einführung neuer Pflanzen bei, machten unterernährte Kinder ausfindig, waren für die Überwachung der Behandlung entlassener Tuberkulosepatienten zuständig und führten verschiedene Impfprogramme durch.

1984 wurde dann die Krankenpflegeschule eröffnet, wo ab dem Jahr 2010 zusätzlich die Ausbildung von Hebammen angeboten wurde. Diese Einrichtung wurde schnell landesweit bekannt und gilt als eine der besten Schulen im Land, da unsere Kandidat*innen regelmäßig hervorragend abschneiden.

1989 begann die britische Hebamme Sally Graham am Matany Krankenhaus ein Ausbildungsprogramm für traditionelle Geburtshelferinnen (TBAs). Da die meisten Geburten in den Dörfern stattfanden, sollte die Schulung der TBAs die gesundheitliche Situation von Müttern und Neugeborenen auch dort verbessern.

Mitte der 90er Jahre war es schwierig immer genügend Ärzte zu haben. 1996 gab es eine finanzielle Krise – Gehälter mussten auf Weisung des Staates angehoben werden, und die Einfuhr von Medikamenten, die oft als Spenden aus Übersee kamen, wurde untersagt. Die daraufhin nötige Anhebung der Behandlungsgebühren führte dazu, dass die Patientenzahlen zurückgingen – die einfachen Leute konnten das Geld nicht aufbringen. Der damalige Verwalter Br. Dr. Daniele verhandelte mit dem Gesundheitsministerium und bewirkte ab 1997 staatliche Zuschüsse.

Ende der 90er Jahre waren Viehraubzüge an der Tagesordnung. Am 15. August 1999 geriet ich in einen Hinterhalt und wurde an beiden Beinen verletzt. Erst nach sieben Monaten konnte ich nach Matany zurückkehren – doch das Krankenhaus funktionierte dank des hervorragenden Teamgeistes und der gut aufeinander abgestimmten Arbeitsweise des Führungsteams ohne Unterbrechung weiter.

Aufgrund der Unsicherheit in der Region wurde es extrem schwierig, Ärzte für das St. Kizito Hospital zu finden – in manchen Jahren gab es für die gesamte Klinik nur zwei oder drei Ärzte. Daher wurde 2001 begonnen, Ärzte auf Zeit einzustellen. Verschiedene Organisationen unterstützten mit Fachpersonal, darunter der Senior Expert Service, Horizont 3000 und der Katholische Missionsrat. Auch Privatkontakte waren bei der Suche hilfreich.

Über die Jahre wuchs das Krankenhaus – mittlerweile verfügt es über 250 Betten. Auch auf technischem Gebiet gab es viele Verbesserungen, von denen in den letzten Rundbriefen immer wieder berichtet wurde: -Erwähnenswert sind Photovoltaik, Solar-Heißwasseraufbereitung, moderner Verbrennungsofen, große Krankenhaus-Waschmaschinen, biologische Kläranlage, die Modernisierung unserer Röntgenanlage, neue Autoklaven im Operationsbereich, die Umstellung auf einheitliche Sterilgut-Behälter, eine Sauerstoffanlage, Modernisierung und Automatisierung im Krankenhauslabor, eine Endoskopie-Einheit… All diese Maßnahmen waren nur möglich durch die tatkräftige Unterstützung vieler Spender*innen und Wohltäter,  von Entwicklungsorganisationen etc. Danke!

Wichtig ist uns in Matany, viele junge Leute auszubilden und zu befähigen, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Dankbarkeit dieser jungen Profis ist enorm. Eine Rednerin bei unserem Jubiläumsfest gab wieder, was viele Patienten aus der südlichen Region im St. Kizito Hospital erleben: in Matany seien sie liebevoll versorgt und geheilt worden… deshalb müsse wohl „Gott in Matany wohnen“. Ja, das ist unser Bemühen, dass unsere Patienten durch unseren Dienst die liebende Zuwendung Gottes erfahren. Diese Zuwendung feiern wir wieder zu Weihnachten  – Gott wird Mensch und will, dass Er durch unser Handeln in der Welt erfahrbar bleibt.

Zu Weihnachten feiern wir die Zuwendung Gottes zu uns Menschen. Euch allen die Erfahrung der Nähe Gottes auch im Neuen Jahr 2022

Br. Günther Nährich