Pater Michael Zeitz ist seit September 2019 zu seinem zweiten Missionseinsatz nach Malawi zurückgekehrt. Bereits 1995 bis 1998 war er als junger Priester dort im Einsatz. Es hat sich einiges verändert, wie er schreibt:

Unsere Provinz umfasst zwei Länder, Malawi und Sambia, und ist von Anfang an zu einer Provinzeinheit zusammengelegt gewesen. M/Z [Malawi/Zambia] setzt sich aus elf Hausgemeinschaften zusammen, darunter eine Postulats- und eine Noviziatsgemeinschaft. Die geografisch am weitesten auseinanderliegenden Missionen sind Lunzu im Süden von Malawi und die Hauptstadt Sambias, Lusaka, die im Zentrum Sambias liegt.

P. Michael Zeitz mit Mitbrüdern und Postulanten vor dem ICI in Malawi

Verschobene Verhältnisse
Im Vergleich zu meinem ersten Aufenthalt hier im Jahr 1995 sind mir schnell große Veränderungen aufgefallen. So wurde ich am 3. September 2019 von unserem hiesigen Provinzial, Pater Edward Kanyike, in Lilongwe, der Hauptstadt Malawis, am Flugplatz abgeholt. Er war die vergangenen sechs Jahre (2013 bis 2019) der erste afrikanische Provinzobere dieser Provinz und stammt ursprünglich aus Uganda. In seiner Begleitung war ein, ebenso wie ich, erst kürzlich in der Provinz eingetroffener Comboni-Missionar, Pater Mathurin aus der Republik Zentralafrika.
Die Gebäude des Provinzialatshauses sind, von der Struktur her, ähnlich geblieben, abgesehen von kleinen Veränderungen. Doch völlig neu für mich ist die Besetzung der Hausgemeinschaft des Provinzialats in Lilongwe. Da der betagte Pater Silvio Zanardi noch in Italien weilte, fand ich mich in einem Kreis von ausschließlich afrikanischen Comboni-Missionaren wieder, von denen einer als Provinzial, ein anderer als Provinzverwalter ihre Verantwortung wahrnehmen.
Inzwischen ist die Amtszeit von Pater Kanyike bereits abgelaufen und ein neuer Provinzial ist, neu gewählt, in Lilongwe eingezogen. Mit Pater Michael Mumba wurde in der Provinz der erste Provinzial gewählt, der auch aus der Provinz Malawi/Sambia stammt und zwar aus Lusaka in Sambia.

Nach nur zwei Tagen hat mich Pater Provinzial Kanyike in unser Postulatshaus nach Balaka gebracht, wo ich seither lebe und arbeite, unter anderem auch als „Curete“  in unserer etwa 20 km außerhalb von Balaka liegenden Pfarrei Mbera.

Keine Nachwuchssorgen
Als Comboni-Missionare sind wir in Balaka Teil des sogenannten ICI, Inter-Congregational Institute. Das ICI wird von etwa 160 Postulanten verschiedener Ordensgemeinschaften besucht, darunter auch 22 Comboni-Postulanten. Dazu kommen noch einige Ordensschwestern und externe Studenten, die nicht auf dem Campus wohnen, sowie die entsprechenden Ausbilder, Lehrenden und Angestellten. Auch hier, wie im Provinzialatshaus in Lilongwe, findet sich eine ähnliche Situation des Missionspersonals: wir sind in unserer Hausgemeinschaft des Postulats in Balaka vier Comboni-Patres aus drei verschiedenen Ländern (zwei aus Malawi, einer aus dem Kongo, einer aus Deutschland) und 22 Postulanten. Aus Malawi stammt auch Pater Mennas Mukaka, der sein Theologiestudium in Innsbruck absolvierte und später in Graz promoviert hat. Unsere Comboni-Postulanten stammen aus Malawi und Sambia, dazu einer aus Lesotho (von der Comboniprovinz Südafrika). Alle vier Patres sind in der Hausgemeinschaft und im ICI beschäftigt, unter anderem mit Unterricht in verschiedenen Disziplinen.

Im ICI befinden sich im Moment Postulanten der Karmeliten, Comboni-Missionare, Montfortaner, Spiritaner, Missionare Afrikas („Weisse Väter“), Sankt Paul, dazu verschiedene Gemeinschaften von Ordensschwestern . Die Nachfage ist steigend, und die Strukturen des ICI wachsen stetig weiter. Die Pallottiner bauen, die Sakramentiner planen, die Gemeinschaft der malawianischen Ordensschwestern baut, und es scheinen auch einige Bischöfe zu überlegen, in Zukunft Seminaristen zum Studium nach Balaka zu schicken. In Malawi und in Sambia gibt es momentan keinen Nachwuchsmangel, im Gegenteil, die Eintrittszahlen sind ansteigend!

Theorie und Praxis in der Ausbildung
Am den Wochenenden sind unsere Comboni-Postulanten mit uns zusammen unterwegs in einer der acht Außenkirchen der Pfarrei Mbera, wo diese auch nach den Gottesdiensten in verschiedenen Pfarreigruppen aller Altersstufen pastoral im Einsatz sind mit Katechesen, mit den Kindern, den Jugendlichen, den verschiedenen Erwachsenengruppen und den Chören vor Ort. Das bringt Bewegung in den Studienalltag im ICI, sowohl für die Postulanten, als auch für die Seelsorger.

Grundsätzlich – wie bereits wiederholt angesprochen – hat sich das Zahlenverhältnis von europäischen und afrikanischen Comboni-Missionaren völlig verschoben. Während ich mich in den Jahren von 1995 bis 1998 in der Provinz Malawi-Sambia unter einer Mehrzahl von Comboni-Missionaren vor allem aus (Süd)Italien vorfand, sind hier in Malawi im Moment drei italienische Comboni-Missionare, des Weiteren einer aus Peru, zwei aus dem Kongo, einer aus Uganda, zwei aus Sambia, sechs aus Malawi und einer aus Deutschland im missionarischen Einsatz. Das ist eines der Hoffnungszeichen dieser Provinz, und es ist eine echte Freude, diese Entwicklung in die Zukunft mitgestalten zu dürfen.

Interkulturelle Erfahrungen
Im Jahr 2019 haben die Comboni-Missionare für das gesamte Institut das Thema „Interkulturalität“ als Schwerpunkt gewählt. Diese Interkulturalität konkret vor Ort zu leben und zu erleben ist und bleibt eine Herausforderung und eine große Bereicherung zugleich. Wir sind dabei sicherlich auf einem guten Weg, denn wir sind nicht zuletzt, dem Charisma unseres Gründervaters Daniel Comboni entsprechend, in unsere Zukunft unterwegs. Er wollte keine nationale, sondern eine internationale „Bewegung für Afrika“ ins Leben rufen.

Für mich persönlich ist es eine Freude – und im 63. Lebensjahr fühlt es sich zeitweise wie eine Art „Verjüngungskur“ an – diese junge, gastfreundliche und glaubensstarke Ortskirche Malawis erleben zu können. Viele der malawianischen Christinnen und Christen sind tiefgläubige Menschen und bestreiten ihren Alltag aus ihrem Glauben heraus. Vielleicht könnten viele von ihnen den radikalen, rationalen Denkmustern aufgeklärter EuropäerInnen nicht in allem standhalten bei argumentativen Auseinandersetzungen. Doch der Glaube an Gott setzt immer tiefer an und kann letztendlich vom Kopf und von der Ratio her nicht erfasst werden: die uralte Frage der Theologie nach „Glaube und Wissen“, genauso wie die Frage: „Gibt es nach dem Tod etwas oder eben nicht?“ – diese Fragen bleiben für alle bis zum letzten Atemzug gleich!

Ansteckender Glaube
Auf mich wirkt die natürliche Glaubenskraft meiner malawianischen Schwestern und Brüder hier sehr ansteckend und bereichernd, besonders ausgedrückt in bunten, lebendigen Liturgien und intensiver Auseinandersetzung mit den Worten der Bibel.
Malawi ist wirklich „the warm heart of Africa“, und besonders in der Intensität eines gelebten christlichen Glaubens dürfen wir aus Europa Kommende uns getrost von alten Vorstellungen über Afrika verabschieden und umgekehrt um Glaubensbeistand dieser afrikanischen Glaubensschwestern und Glaubensbrüder für Europa bitten!

P. Michael Zeitz