Am vergangenen Dienstag wurde Pater Karl Wetzel zu Grabe getragen. Der älteste Mitbruder der Deutschsprachigen Provinz der Comboni-Missionare war am 8. Oktober im Alter von 99 Jahren verstorben.

Der Tag seiner Priesterweihe am 30. Juli 1950 auf dem Schönenberg bei Ellwangen durch Bischof Johannes Riegler aus Südafrika war eines der ersten Highlights nach dem Zweiten Weltkrieg für die damals deutschsprachige Kongregation und auch für die Katholiken in Ellwangen. Das in den letzten Kriegstagen zerstörte Josefinum stand bereits im Rohbau. In Josefstal warteten über hundert junge Seminaristen, bis sie umziehen konnten. Entsprechend wurde gefeiert. Mit Banner und einem Fahrradkorso wurde Karl Wetzel nach Ellwangen geleitet. Auf den Straßen waren damals noch wenig Autos unterwegs. Alle Zeichen waren auf Neubeginn und Aufbruch in eine neue Zeit gestellt nach dem verheerenden Krieg.

Pater Wetzel wurde am 16. April 1921 in Sigmaringen geboren und ist in Mengen aufgewachsen. 14-jährig kam Karl Wetzel 1935 ins Josefinum nach Ellwangen, wo er 1939 das Abitur machte. Anschließend begann er das Noviziat, aber 1940 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und ein knappes Jahr später zur Wehrmacht eingezogen. Als Soldat hatte er Glück, er war die meiste Zeit als Funker in Frankreich. Eine Episode aus dieser Zeit, die er gern erzählte: Einmal als er am Sonntag in Uniform den Gemeindegottesdienst besucht und die Kommunion empfangen hatte, kam nach dem Gottesdienst ein junger Franzose auf ihn zu, umarmte ihn und sagte: „Wir sind alle Brüder in Christus.“ Nach kurzer amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte er als erster Mitbruder bereits im Sommer 1945 zurück. Er setzte das Noviziat fort, legte am 20. Oktober 1946 die ersten Gelübde ab und begann anschließend das Theologiestudium in Bamberg bis zur Priesterweihe am 30. Juli 1950. Am 19. März 1950 hatte er sich ganz Gott und der Mission mit den ewigen Gelübden geweiht.

Nach der Priesterweihe erwartete er eigentlich seine Sendung nach Südafrika zu Bischof Riegler, der ihn zum Priester geweiht hatte, doch der gerade aus Peru zurückgekehrte Generalobere P. Johann Deisenbeck schickte ihn nach Peru. 1951 reiste der dorthin aus. Er begann seinen Missionsdienst im Priesterseminar der Diözese Huánuco und im Krankenhaus. Nach einem kurzen Pastoraleinsatz in den Pfarreien Huánuco und Panao wurde er 1954 nach Lima versetzt.

Die noch junge Provinz brauchte eine Anlaufstelle in der Hauptstadt Lima und einen Mitbruder, der den Kontakt mit kirchlichen und staatlichen Behörden wahrnahm. Darum wurde im neuen Stadtteil Mirones die Pfarrei Pio X. in der Nähe des Flughafens übernommen. Pater Karl Wetzel wurde ihr erster Pfarrer. Er machte sich gleich an die Arbeit, um der neuen Pfarrei ein Gesicht zu geben. Er gründete die Katholische Aktion, die Legio Mariä und die Pfarrcaritas. Seine Tätigkeit erstreckte sich auch auf das soziale Gebiet. So gründete er eine Spar- und Kreditgenossenschaft, die dann landesweit zu einem Vorzeigeprojekt wurde, und viele Nachahmer fand. Es war eine damals moderne Form sozialer Pastoral. 1968 wurde Pater Karl nach Tarma berufen, um die Stadtpfarrei Santa Anna zu übernehmen. Dort versuchte er die bereits bestehende Genossenschaft „Perla de los Andes“ neu zu beleben. Bis 1972 war er dort im Einsatz.

Nach 21 Jahren Missionsarbeit kehrte er aus gesundheitlichen Gründen nach Deutschland zurück. Nach etwa einem Jahr in Unterpremstätten bei Graz wurde er ins Seminar nach Neumarkt in der Oberpfalz berufen und wirkte als Erzieher, Seelsorger und zeitweise auch als Hausoberer. 1989, mit 68 Jahren, kam er nach Mellatz, wo er in der Seelsorge aushalf und sich in verschiedenen Bereichen weiterbildete. Unter anderem besuchte er einen Erneuerungskurs in Rom. 2009, inzwischen war er 88 Jahre alt geworden, kam er in die Alten- und Pflegestation nach Ellwangen.

Im Juli 2020 konnte Pater Karl sein 70jähriges Priesterjubiläum feiern und freute sich schon auf seinen 100. Geburtstag, für den es dann aber nicht mehr reichte. Die Mitbrüder erlebten Pater Wetzel als angenehmen Mitbruder, der auf Harmonie bedacht war, der auch die schönen Seiten des Lebens und gutes Essen und Trinken genießen konnte, und sich bei aller Loyalität zur Kongregation und zu seiner Berufung seine Eigenständigkeit bewahrt hat. Dabei war er immer ganz offen, ehrlich und humorvoll. An seiner Berufung zum Priester und Missionar hat er wohl nie Zweifel gehabt. Er war beliebt in der Seelsorge und stets einsatzbereit. Große Liebe hatte er für Musik. Er spielte Klavier und Orgel, sang sehr gern und freute sich über jeden Besuch, war gern in Gesellschaft.

„Satt an Lebensjahren“, so die Heilige Schrift über die alten Patriarchen, starb er am 8. Oktober 2020 in Ellwangen, ein knappes halbes Jahr vor seinem hundertsten Geburtstag.

P. Reinhold Baumann mccj