geboren am 14.02.1941 in Pfalzen im Pustertal/I
Zeitliche Gelübde: 14.10.1962
Ewige Gelübde: 06.01.1966
Priesterweihe: 29.06.1966
verstorben am 12.01.2019
beigesetzt in Pfalzen im Pustertal/I


Geboren war Pater Josef Knapp in Pfalzen im Pustertal am 14. Februar 1941, weshalb ihm die Eltern Valentin als zweiten Namen gaben. Er war das achte Kind einer bäuerlichen Großfamilie von zwölf Kindern. Die Geschwisterlichkeit, die er schon als Kind in der Familie erlebte, hat er gepflegt bis zu seinem letzten Tag. Darin waren meines Erachtens auch seine Beziehungen, die er im Lauf seines Lebens mit Menschen in der „Ferne“ aufbaute, tief verwurzelt.

Als junger Bub von elf Jahren kam Sepp ins „Xaverianum“, das Studentenheim der Comboni Missionare im Herz-Jesu-Missionshaus Milland bei Brixen. Dort besuchte er die Mittelschule und dann das bischöfliche Gymnasium Vinzentinum. Nach der Matura trat er 1961 ins Noviziat der Comboni-Missionare in Mellatz bei Lindenberg im Allgäu ein. Am 14. Oktober 1962 legte er in Mellatz die ersten zeitlichen Gelübde ab. Anschließend begann er die philosophische und theologischen Ausbildung im Priesterseminar in Brixen. Am 6. Januar 1966 weihte er sich endgültig durch die ewigen Gelübde Gott und der Mission. Am 29. Juni 1966 wurde er von Dr. Joseph Gargitter, Bischof von Bozen-Brixen, zum Priester geweiht. Während er auf die Einreiseerlaubnis nach Südafrika wartete, arbeitete er zeitweilig als Verwalter des Missionshauses.

Am 7. Juli 1968 feierte er dann mit seiner Heimatpfarrei Pfalzen die Aussendung nach Südafrika. Während all der 32 Jahre, die Sepp als Missionar in Südafrika verbrachte, pflegte er enge Beziehungen mit seiner Familie und seinem Heimatdorf. In verschiedenen Nachrufen wurde bereits Bezug genommen auf die Predigt von Pater Provinzial Karl Peinhopf anlässlich des Goldenen Priesterjubiläums am Herz-Jesu-Fest 2016 im Missionshaus Milland, bei der der Provinzial den Sepp treffend als Grenzgänger und Brückenbauer kennzeichnete. Ergänzend möchte ich mit konkreten Beispielen aufzeigen, wie Sepp bei aller Originalität diesen Weg nicht allein gegangen ist.

Gerade für Sepp bedeutete Missionar-Sein ein andauernder Lernprozess ohne Ende. Noch gut einen Monat vor seinem Tod erinnert Sepp in einem Brief an einen Mitbruder an den Anfang seines afrikanischen Lebens, wie er schreibt, auf der Missionsstation Luckau, und wie er diesen Weg nicht allein gegangen ist, sondern begleitet von Mitbrüdern, die mit Leib und Seele, jeder auf seine Weise, Missionare waren. Mit Namen erwähnt er als ersten den leider bei einem Autounfall 1976 früh verstorbenen Pater Hubert Heller, ein hochbegabter Missionar, der in der Nachkonzilszeit neue Wege der missionarischen Pastoral beschritt; Pater Günter Brosig, ehemaliger Generaloberer, ein eifriger Missionar, der die Afrikaner liebte; Pater Rudolf Friedl, der am selben Tag wie Sepp in Bayern zum Priester geweiht worden war, der ein offenes Herz hatte für die Menschen in ihren sozialen Nöten während der Zeit der Apartheid.

Sepp spürte den Drang zur Kommunikation. Er wusste aber auch um die Notwendigkeit der Weiterbildung gerade im Hinblick auf den pastoralen-missionarischen Dienst. Zu diesem Zweck besuchte er nach vierzehn Jahren Einsatz auf den Missionsstationen von Luckau, Burgersfort und Glen Cowie, alle im Sekhukhune Gebiet gelegen, von Mitte Januar bis Mitte Oktober 1982 pastorale Kurse am AMECEA Pastoral Institute, auch Gaba Institute genannt, das während der Amin-Zeit von Uganda nach Eldoret in Kenia umgesiedelt war.

Überhaupt war die nachkonziliare Zeit, in welche die erste Phase seines missionarischen Wirkens fällt, eine Zeit des Aufbruchs. Mit vielen anderen Missionaren und einheimischen in der Pastoral tätigen Christen arbeitete Sepp mit dem Lumko Pastoral Institute zusammen, das unter der Leitung der später zu Bischöfen ernannten Regensburger Fidei Donum Priester Fritz Lobinger, Hubert Bucher und Oswald Hirmer mit deren konziliaren Vision von Kirche als Volk Gottes bahnbrechende neue Wege der Pastoral eingeschlagen hatte. Christliche Basisgemeinden, Bibelapostolat, Handreichungen für verschiedene kirchliche Dienste und nicht zuletzt der Pastorale Plan der Katholischen Kirche Südafrikas „Community Serving Humanity“ (1989) mit seinem starken Fokus auf der sozialen Dimension der Evangelisierung waren die Frucht dieses nachkonziliaren Aufbruchs.

Als Nachfolger von Pater Giuseppe Sandri, der als Generalsekretär nach Rom gerufen wurde, übernahm Sepp unter dem neuen Diözesanbischof Paul Mogale Nkhumishe für drei Jahre (1986-1989) die Leitung des Pastoralzentrums der Diözese Witbank auf der Missionsstation „Maria Trost“ bei Lydenburg. Hier war er als Seelsorger in zwei in der Apartheidzeit nach Rassenzugehörigkeit getrennten Pfarreien und als Leiter des Ausbildungsprogramms für Diakone, Katechisten und andere kirchliche Diensten tätig. Unter ihm wurde dann auch die alte Missionskirche (die erste Kathedrale der Diözese) renoviert.

Nachdem Sepp dort gute Arbeit geleistet hatte, berief ihn Bischof Nkhumishe als Sekretär und Verwalter zu sich nach Witbank. Das zeugt vom Vertrauen, das der Bischof auf ihn setzte. Während dieser Jahre (1990-1992) wurde in Witbank eine neue, aber einfache bischöfliche Residenz mit verschiedenen diözesanen Räumen erbaut.

1993-1994 war Sepp der Deutschsprachigen Provinz zugeteilt. Bevor er Mitte 1995 nach Südafrika zurückkehrte, machte er im Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach einen Erneuerungskurs unter der Leitung des Psychotherapeuten und Theologen Wunibald Müller.

Mit der Rückkehr 1995 nach Südafrika fing für Sepp eine neue Phase an. Er ließ sich nun in der Erzdiözese Pretoria nieder, zunächst im Pastoralen Distrikt von Groblersdal (mit zehn Außenstationen, mit Kindergärten und Farmschulen, und in Zusammenarbeit mit sechs Gemeindeleitern und achtzehn Teilzeit-Katechisten) und bald danach auf der Missionsstation St. Joseph in Dennilton, nahe Groblersdal. Auf diesen Missionsstationen in einer weitgehend ländlichen Region arbeitete Sepp, bis er mit dem Datum vom 1. Juli 2003 der DSP zugeteilt wurde.

Doch zuvor hat Sepp noch ein anderes Sabbatjahr (März bis Dezember 2001) eingeschaltet. In der Nähe von Pretoria hatte er das Sediba Mountain Retreat, ein Meditationszentrum am Hartbeespoortdam, kennengelernt, das der 2009 verstorbene österreichische Oblaten-Pater Josef Anthofer gegründet und buchstäblich im Schweiß seines Angesichts aufgebaut hatte. Dieser hatte einige Zeit in Indien verbracht und dort in Rishikesh, einer Stadt am Ganges in Nordindien (westlich von Nepal), ein interreligiöses Meditationszentrum gegründet. Gerade unter der geistlichen Leitung von Pater Anthofer erwachte in Sepp die Sehnsucht nach indischer Spiritualität und nach einem darauf basierenden interreligiösen Dialog. Ein solcher Dialog war nicht irrelevant in einem multireligiösen Land wie Südafrika, wo es nicht nur verschiedene traditionelle christliche Konfessionen und ein stetiges Wachstum an African Independent Churches gibt, sondern auch asiatische Religionen (Hindus usw.) und Muslime. Wie Sepp in einem Brief aus Indien schreibt, atmete er im christlichen Jeevan Dhara Ashram in der genannten Stadt indische Spiritualität ein. Von dieser Begegnung mit einer für ihn neuen Spiritualität hat Sepp manches Wertvolle mitgenommen für die letzte Phase seines Wirkens in der Heimat.

Auf einer inneren Einstellung der Offenheit für den Dialog mit dem „Anderen“ beruhte sein Bemühen, Brücken zu bauen zwischen Kulturen und Sprachen. Dazu lieferte schon die von der Apartheid geprägte gesellschaftliche Situation in Südafrika eine große Herausforderung. Dass er sein Leben Tag für Tag mit den Menschen der diskriminierten Mehrheit teilte, war das beste Zeugnis dafür, dass er ihre Würde als ebenbürtig achtete. Zu ihnen und selbst zu kulturellen Riten und Gebräuchen, zu denen Außenstehende kaum zugelassen wurden, wurde ihm wie nur wenigen Zugang gewährt.

Von allem Anfang an war es für Sepp ein Anliegen, Brücken zu bauen auch zwischen den Menschen in Südafrika und in der Heimat. Er hat sich bemüht, den Kontakt zu pflegen zwischen Afrika und Europa, und für ihn war es wesentlich, dass dieser Kontakt sich in einer doppelten Richtung entfalten sollte.

Unvergesslich geblieben sind die Tourneen von ‚schwarzen‘ Kirchenchören nach Europa. Beide Seiten waren mit einer gewissen Spannung an der Vorbereitung und Durchführung beteiligt. Dabei darf man nicht vergessen, welche große Rolle gerade Kirchenchöre gespielt haben in den schweren Tagen der Apartheid. Sie schafften Identität, Lebensfreude in der Trauer und natürlich auch ein gesundes Bewusstsein der viel missachteten Talente einer als zweitranging eingestuften Volksgruppe. Diese Tourneen boten den afrikanischen Chören die Möglichkeit, der Welt ihre Talente zu zeigen.

Insgesamt organisierte Sepp sechs solcher Tourneen. Ich habe Erinnerungen an die ersten beiden dieser Tourneen. Das erste Mal war der Kirchenchor Izwi leAfrika, in Zulu für „die Stimme Afrikas“, der Herz-Jesu-Pfarrei der schwarzen Township KwaGuqa in Witbank auf Tournee (Juni-Juli 1992). Da ich zur selben Zeit mit einem afrikanischen Mitbruder als Mitarbeiter in der Seelsorge in der Township wohnte, weiß ich um die Vorbereitung und um deren Freude und Begeisterung, mit der sie nach der Rückkehr von der Begegnung mit Papst Johannes Paul II bei einer Audienz auf dem Petersplatz erzählten und dann von den vielen anderen Begegnungen auf ihren Konzertreisen in Südtirol und darüber hinaus. Vielen in der Heimat bleibt noch die Teilnahme des Chores am Fronleichnamsfest in Pfalzen in freudiger Erinnerung. Afrikanisches Singen und Tanzen, harmonisch vermischt mit traditionellen tirolerischen Klängen und Bräuchen, fand bei den Leuten großen Anklang.

Es folgte eine zweite Tournee. Im Mai-Juni 1997 reiste Sepp mit dem Kirchenchor Bambanani („Haltet Hände“) der Pfarrei St. Peter Claver in Mamelodi, dem großen Township im Osten der Hauptstadt Pretoria, nach Europa. In dieser Pfarrei arbeiteten die Comboni-Missionare seit 1967.

Nachdem Sepp dann 2004 als Administrator die Pfarreien Waidbruck und Kollmann übernommen hatte, organisierte er von Europa aus drei weitere Tourneen von südafrikanischen Chören. Anlässlich seines vierzigjährigen Priesterjubiläums kam zum zweiten Mal im Juni 2006 der Chor Izwi leAfrika zu einer Konzertreise nach Südtirol. Drei Jahre später waren die Ditsaga tseAfrika, in der Sprache der Bapedi für „Die Finken von Afrika“, an der Reihe. Die letzte Tournee im September 2011, in Zusammenarbeit mit der OEW (Organisation für eine Welt) mit sechzehn Aufführungen insgesamt in verschiedenen Orten Südtirols und je einer Aufführung in Trient und Innsbruck, kann man als Krönung dieser Konzertreisen südafrikanischer Chöre ansehen. Der Chor mit dem tiefsagenden Namen Ubuntu, Zulu für „Menschlichkeit, Freundschaft, Herzlichkeit“, inszenierte in vier Akten die Geschichte Südafrikas von den afrikanischen Ursprüngen über die Zeit der Unterdrückung und des Kampfes um Befreiung (Nelson Mandela!) bis zur Wende im neuen Südafrika mit den ersten demokratischen Wahlen in 1994. Diese letzten zwei Chöre stammten aus einer Mission in der Provinz Limpopo, der nördlichsten von Südafrika, wo Pater Anton Graf jahrelang im Einsatz war.

Die Organisation kostete viel Aufwand an Zeit, an Energien und nicht zuletzt auch an finanziellen Mitteln. Dies alles konnte er bewältigen mit der Hilfe von öffentlicher Hand (Land Südtirol), von Förderern und vom Verwandtenkreis, mit denen er gute Beziehungen pflegte.

Viele seiner Freunde kamen auf seine Einladung auf Besuch nach Südafrika, aber nicht in erster Linie als Touristen, sondern mit dem Ziel, persönlich die Menschen kennenzulernen, mit denen Sepp arbeitete. Zudem darf man nicht vergessen, dass die Tourneen immer auch mit sozialen Projekten verbunden waren (Unterstützung von Schulen, von Krankenheimen und Altenstationen, Ausbildung von pastoralen Kräften). In diesem Sinn war Sepp ein wahrer Sohn Combonis.

Von 2004 bis zu seinem Tod 2019 war Sepp Pfarradministrator der kleinen nur zwei Kilometer voneinander gelegenen Pfarreien Waidbruck und Kollmann in der Heimat. Auch in dieser Position blieb er mit Südafrika eng verbunden. Einen letzten Besuch in Südafrika machte er anlässlich seines fünfzigjährigen Priesterjubiläums vom September bis Oktober 2016. Von dort kam er dann allerdings gesundheitlich angeschlagen zurück.

Er lebte unter den Menschen in einer einfachen Wohnung im obersten Stockwerk des Schulgebäudes von Waidbruck. Er stellte sich nie aufs Podest, scheute sich aber auch nicht, die Menschen herauszufordern, z. B. wenn es um Versöhnung und Beilegung von Zwiespalt in der Gemeinde ging, verkündete er das Wort in volksnaher Sprache, war kreativ in der Liturgie und ließ breiten Raum für dir Kreativität des Gottesvolkes. Auf diese Weise förderte Sepp eine auf Mitarbeitern beruhende Seelsorge, die sich bewähren wird in dieser Umbruchsituation der Kirche in unserem Land.

Die Abschiedsgottesdienste in Kollmann und Waidbruck und dann die Begräbnisfeier in seinem Heimatdorf Pfalzen unter Vorsitz des Diözesanbischofs Ivo Muser, mit der großen Beteiligung des Volkes aus seinen Pfarreien und mit der rührenden und feierlichen liturgischen Gestaltung, kann als Zeichen gedeutet werden für die Hochschätzung, die ihm die Menschen entgegen gebracht haben.

Bis zum Schluss träumte er von einer offenen Zukunft. Afrika war aus seinem Blickfeld nicht verschwunden. Sein letzter Wunsch, Ende Februar mit einer Gruppe aus Kollmann nach Südafrika zu fliegen, um sich endgültig zu verabschieden (wie Sepp sich ausdrückte), ging dann allerdings nicht in Erfüllung. Seit seinem letzten Besuch in Südafrika (1996) war er gesundheitlich angeschlagen. Nach einer Woche auf der Intensivstation im Krankenhaus in Bozen starb er dort am 12. Januar 2019 einen friedlichen Tod. Im Hause Gottes wird er die Weite gefunden haben, die er zeitlebens erträumt hat – in der Menschen in ihrer Einmaligkeit und Vielfalt das wahre Zuhause, Gottes „shalom“, finden.

R.I.P

Pater Hans Maneschg


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