geboren am 08.06.1958
Zeitliche Gelübde: 06.06.1981
Ewige Gelübde: 11.05.1986
verstorben am 05.07.2024


Am Abend des 4. Juli 2024 organisierte der „Freundeskreis Matany“ aus Aalen für die Missionare und Angestellten des Missionshauses in Ellwangen einen Grillabend. Bei dieser Gelegenheit verabschiedete sich auch Bruder Manfred Bellinger von allen, da er nach seinem Heimaturlaub am nächsten Tag wieder nach Mosambik zurückfliegen wollte. Es war ein schöner Sommerabend im Kreis der Mitbrüder, Angestellten und einiger Freunde. Spät am Abend fuhr Bruder Manfred zurück ins Elternhaus nach Wasseralfingen bei Aalen, wo er bei seinem Bruder Helmut gewohnt hatte. Er packte die letzten Sachen ein, denn am nächsten Morgen sollte es mit dem Auto zum Münchner Flughafen gehen, wo er nachmittags abfliegen sollte. In der Früh war Manfred noch nicht aufgestanden und als sein Bruder ihn wecken wollte, fand er ihn tot im Bett. Die Bestürzung über seinen Tod war und ist groß. Nichts hatte auf einen Tod mit gerade 66 Jahren hingedeutet.

Bruder Manfred kam in Wasseralfingen (Diözese Rottenburg-Stuttgart/ Baden-Württemberg) zur Welt. Sein Heimatort liegt nur fünfzehn Kilometer von Ellwangen entfernt.

Berufliche und spirituelle Ausbildung für die Mission

Nach der Hauptschule hat Manfred in Wasseralfingen eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Industrie-Elektriker gemacht und sie mit dem Gesellenbrief abgeschlossen. Anschließend arbeitete er ein Jahr lang und leistete ein weiteres Jahr Zivildienst in der Wäscherei des Krankenhauses von Aalen. Zu der Zeit begann er sein Glaubensleben zu vertiefen und spürte dann allmählich, dass er für Gott und die Kirche arbeiten möchte. Nachdem er mit dem Ortspfarrer darüber gesprochen hatte, schickte ihn dieser nach Ellwangen zu den Comboni-Missionaren. Das war mitten im Zivildienst. Es wurde ihm gestattet, den Zivildienst abzubrechen und bei den Comboni-Missionaren in Josefstal einzutreten.

Während der Postulatszeit, die er in Mellatz verbrachte, führte er seine Berufsausbildung im Elektrohandwerk weiter. Am 1. Oktober 1979 begann er in Mellatz das Noviziat. Zwei Jahre später legte er am 6. Juni 1981 dort die ersten zeitlichen Gelübde ab. Anschließend besuchte er die Meisterschule in Tettnang (1981 – 1983) und schloss die Ausbildung als Elektriker mit dem Meisterbrief ab. Im Anschluss begab er sich nach England zum Sprachstudium, das er am 30. Juni 1983 erfolgreich beendete. Am 11. Mai 1986 legte er in Kenia die ewigen Gelübde ab.

Bevor er voll in die Missionsarbeit einsteigen konnte, absolvierte er noch die zweijährige Ausbildung im Bruderzentrum (1984 – 1986), das am 1. August 1982 in Gilgil/Kenia eröffnet und am 1. Juni 1988 nach Nairobi verlegt worden war.

Lehrer und Ausbilder am „Comboni Polytechnic“ in Gilgil/Kenia

Nach Abschluss des langen Ausbildungszyklus wurde Bruder Manfred als Lehrer an das „Comboni Polytechnic“ in Gilgil versetzt und begann dort seine neunjährige Lehr- und Ausbildungstätigkeit. Ihm wurde die Verantwortung über die Elektroabteilung übertragen. In seiner Abteilung soll es nie Probleme gegeben haben. Er hatte eine feine Art mit den Auszubildenden und den Angestellten umzugehen. Als begeisterter Fußballspieler organisierte er an Wochenenden Fußballspiele. Öfters unternahm er Wanderungen mit der YCS-Gruppe (young christian students), mit der Bibel im Rucksack. Sonntags feierte er mit den Studenten Wortgottesdienste in mehreren Schulen.

Leiter des Afrikahauses in Messendorf-Graz/DSP

1995 wurde er in die DSP versetzt und der Hausgemeinschaft Graz zugeteilt. Er wurde zum Hausverwalter ernannt. Damit verbunden war die Verantwortung für die Instandhaltung des Hauses und die Pflege der landwirtschaftlichen Fläche. Die meiste Zeit jedoch widmete er dem „Afrikahaus“. Das alte Missionshaus mit angebauter Kirche hatte seit dessen Erwerb im Jahre 1908 der kleinen Hausgemeinschaft als Kloster gedient. Nach dem Bau des neuen Missionshauses im Jahr 1982 und der Schließung des Internatsbetriebes im Jahr 1990 fand das alte Haus kaum noch Verwendung. So wurde in Zusammenarbeit mit Caritas das Afrikahaus eröffnet und der „Verein Afrikahaus Daniel Comboni zur Förderung von Studenten und Asylbewerbern aus Afrika“ gegründet, die im Haus Unterkunft fanden, bis sie die Aufenthaltsgenehmigung in Österreich erhielten. Bruder Manfred übernahm die Leitung des Afrikahauses, wie es nun offiziell genannt wurde.

Er nahm sich der Asylbewerber an wie eine Mutter und war ihnen behilflich bei der Polizei, der er jeden Monat einen schriftlichen Bericht schickte. Beim komplizierten Asylverfahren und beim Gang zu den Behörden begleitete er sie. Er selbst erteilte ihnen Deutschunterricht und konnte dafür auch eine pensionierte Lehrerin gewinnen. Viele unterstützte er auch finanziell. Er hatte auch das Vertrauen einer Ärztin gewonnen. Sie war Mitbegründerin der Marienklinik, in der Asylbewerber und arme Leute gratis behandelt wurden. Dass dieser Verein zustande kam, war sicher dem Durchhaltevermögen des Bruders zu verdanken. Öfters übernahm er auch in Einrichtungen der Caritas für Obdachlose den Nachtwachedienst. Im sogenannten „Marienstüberl“, wo täglich zweimal für 80 Leute gratis Essen ausgegeben wurde, half er immer wieder aus. Auch im Afrikahaus wurde Fußball natürlich großgeschrieben. Bruder Manfred organsierte viele Turniere. Das Afrikahaus wurde noch jahrelang weitergeführt, nachdem Bruder Manfred 2001 bereits wieder nach Mosambik versetzt worden war.

Einsatz in Carapira/Mosambik

Inzwischen wartete bereits eine neue Aufgabe auf ihn. Er wurde in die Provinz Mosambik versetzt. Vorerst aber nahm er am Comboni-Jahr der Weiterbildung in Germiston/Südafrika teil (2001) und begab sich dann nach Portugal, um die portugiesische Sprache zu lernen. In Mosambik verbrachte er zwei Perioden: von 2002 bis 2014 und von 2020 bis zu seinem Lebensende.

Er begann seine Arbeit in Carapira. Dort leiteten die Missionare eine technische Schule mit angeschlossenem Internat. Bruder Manfred wurde die Gesamtverantwortung und die Verwaltung übertragen. Er unterrichtete dort das Fach Elektrotechnik Auch hier setzte er sich für die Jugend ein, besonders für seine Azubis. In Dörfern gründete er Fußball-Clubs und versorgte alle mit Trainingsanzügen und Bällen. Zum deutschen Botschafter in Mosambik hatte er gute Beziehungen, so dass auch dieser Trainingsanzüge spendierte. Neben der fachlichen Ausbildung war für ihn auch die Entwicklung der Jugendlichen zu eigenen selbständigen Personen sehr wichtig.

Leiter des Zentrums für ältere und kranke Mitbruder in Ellwangen/DSP

2014 musste Bruder Manfred seinen Einsatz in Mosambik unterbrechen, um in Ellwangen die Leitung des Zentrums für ältere und kranke Mitbrüder zu übernehmen.

Es war die Zeit der großen Migrantengruppen (Flüchtlingskrise in Deutschland 2015: „Wir schaffen das“). Über Nacht füllten tausende von Flüchtlingen die ehemalige NATO-Kaserne am Stadtrand. Sie wurde zur Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) umgewidmet. Bruder Manfred war gleich bereit mitzuhelfen, doch das war nicht so einfach. Die ganze Organisation lag ja in den Händen des Bundeslandes Baden-Württemberg, und ein Privater hatte da wenige Chancen. Zudem gab es große sprachliche und religiöse Barrieren. Wiederum kamen Bruder Manfred seine Liebe zum Sport und sein Organisationstalent zugute. Es wurde ihm erlaubt, zweimal in der Woche die LEA zu besuchen und für Kinder und Jugendliche Fußballspiele zu organisieren. Neben seinen Verpflichtungen im Krankenzentrum kümmerte sich Bruder Manfred auch um viele Dienste im Missionshaus: Instandhaltung, Küchendienst, Müllabfuhr, Pflege der Anlagen im Innenhof usw.

Zweiter Missionseinsatz in Carapira/Mosambik

2020 durfte Bruder Manfred wieder als Lehrer und Ausbilder in die Berufsschule von Carapira zurückkehren. Sein besonderes Augenmerk galt jetzt der Weiterentwicklung der Schule. Die Schule war inzwischen in ein Institut umgewandelt worden. Dadurch stieg das Niveau der Ausbildung. Er hatte vor, an der Schule eine Klasse für Industrieelektriker zu errichten, was vor kurzem genehmigt worden war. Die Zahl der Schüler war inzwischen auf 200 angestiegen. Unter ihnen gibt es jetzt auch Mädchen und an die dreißig Muslime. Bei so viel Bedarf an Ausbildungsplätzen sollten zunächst Schlafräume für das Internat und anschließend neue Unterrichtsräume errichtet werden. Bruder Manfred hatte als Elektromeister eine entsprechende Ausbildung für die neue Abteilung.

Seine Beziehungen zu den Schülern waren von Herzlichkeit geprägt. In diesem Umfeld konnte er den Glauben weitergeben. Er ließ die Schüler spüren, dass Gott da ist und Gott uns liebt. Die Schüler waren sehr offen dafür und lebten ihren Glauben mit Begeisterung. Nach den Sonntagsmessen und den Krankenbesuchen fanden in den Pfarreien sehr oft Fußballspiele statt. Die Spiele wurden häufig zu einem Fest für die ganze Familie.

Dieses Jahr feiert das Institut sein 60. Jubiläum. Bruder Manfred freute sich schon auf den Besuch von ehemaligen Schülern, auf ihre Berichte und wie sie durch die Ausbildung heute ein besseres Leben genießen können. Nach dem Schulabschluss sind die jungen Menschen sehr gefragt. Sie finden Arbeit in Betrieben, in der Industrie oder in der staatlichen Verwaltung. Sehr beliebt ist darüber hinaus der Beruf des Automechanikers. Einige haben auch ihre eigenen Firmen gegründet.

Bruder Manfred hatte für sein Institut eine Vision ausgearbeitet. Die italienische Bischofskonferenz hatte den Bau von neuen Unterkünften für 300 Schüler genehmigt. Dadurch bekommt das Institut Platz für einen neuen, dreijährigen Elektroausbildungs-Kurs mit einer Informatikabteilung. Vor allem ist dieser letztere Beruf für Mädchen sehr interessant.

Heimaturlaub und plötzlicher Tod

2024 kam Bruder Manfred auf Heimaturlaub, für zwei Monate. Er nutzte den Urlaub nicht nur, um sich zu erholen, sondern hielt Vorträge, sprach von seinen Plänen, warb für seine Projekte. Für den 5. Juli hatte er seinen Abflug nach Mozambik geplant. Am 4. Juli hatte er sich von den Mitbrüdern des Missionshauses Ellwangen verabschiedet. Er war fröhlich und freundlich wie immer. Wie eine Bombe schlug daher überall die Nachricht von seinem Tode in der Nacht vor seiner Abreise ein. Seiner Schule in Carapira und deren Schülern stehen wohl schwierige Zeiten bevor. Denn Bruder Manfred, der sich mit Leib und Seele für seine Schule eingesetzt hatte, wird nicht leicht zu ersetzen sein. Eine Seele kann man nicht ersetzen.

Bruder Manfred war ein spiritueller, stiller, demütiger, frommer, froher, arbeitseifriger und stets dienstbereiter Mitbruder. Alle Dienste und Arbeiten, die ihm übertragen wurden, erfüllte er mit Eifer und Genauigkeit. Er liebte seinen Missions- und Elektrikerberuf. Wo immer Bruder Manfred eine neue Aufgabe übernahm, hielt er gleich Ausschau nach der Jugend. Er hatte ein besonderes Charisma für sie. Die Brücke zu ihnen ist immer seine Liebe zum Sport, besonders zum Fußballspiel, gewesen. Die Herzen der Jugend öffneten sich ihm durch den Sport, so dass sie sich auch immer mehr Gott und dem Glauben öffneten.

Das Herz des Bruders schlug besonders für Flüchtlinge, Asylbewerber, Migranten. Auch hier kam ihm seine Liebe zum Sport sehr zugute. Sein allzu früher Tod ist für alle, die ihn kannten, ein schmerzlicher Verlust, besonders für die Schüler von Carapira, die Mitbrüder der Provinz Mosambik und für alle, die seine Nähe, Liebe, Aufmerksamkeit und sein berufliches Können schätzten und erfahren durften. Möge er als Fürsprecher für alle bei Gott weiterwirken.

Zum Abschluss dieses Nachrufs das Zeugnis von John Michael Muya, ehemaliger Manager von Gilgil Polytechnic: „Möge Daniel Comboni da sein, um Bruder Manfred im den Himmel willkommen zu heißen. Ruhe sanft, unser lieber, so demütiger Bruder Manfred, Diener des Volkes und der Menschheit. Du hast deinen Part als Missionar Christi auf dem Spielfeld wirklich gut ausgefüllt, um die frohe Botschaft unter den Massen zu verbreiten. Meine Tränen fließen unkontrolliert über den Verlust eines solch großen Missionars des heiligen Daniel Comboni“.

R.I.P.

Pater Alois Eder und mehrere Mitbrüder


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