geboren am 04.06.1908 in Aldein (BZ)/I
Zeitliche Gelübde: 09.09.1938
Ewige Gelübde: 09.09.1946
verstorben am 01.04.1993
beigesetzt in Brixen/I
Im ersten Brief des heiligen Johannes (3,2) lesen wir: „Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Doch ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1. Johannes 3.2). Ich persönlich bin überzeugt, dass Bruder Stürz über diese Worte oft nachgedacht hat und seine Sehnsucht nach Gott mit zunehmendem Alter gewachsen ist, so dass er es kaum erwarten konnte, endlich zu sehen, wie Gott wirklich ist. Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so hat er die endgültige Begegnung mit Gott herbeigesehnt, um für immer an der Auferstehung Jesu und an seinem göttlichen Leben teilnehmen zu können. Seine Geduld wurde bei seinem letzten, dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt, meistens auf der Intensivstation, erneut auf die Probe gestellt. Aber jetzt ist er bei Gott, und wir freuen uns mit ihm.
Einige Lebensdaten
Bruder Stürz wurde in der Pfarrei Aldein in Südtirol geboren, die damals Teil der Diözese Trient war. Am gleichen Tag wurde er getauft. Am 8. Januar 1936 trat der junge Mann als Bruderpostulant im Missionshaus Milland bei Brixen ein. Nach dem zweijährigen Noviziat legte er am 9. September 1938 seine ersten zeitlichen Gelübde ab. Damals nannten wir uns noch Missionare Söhne des Heiligsten Herzens Jesu. Am 9. September 1946 weihte er sich am Fest des Hl. Petrus Claver endgültig mit den ewigen Gelübden Gott und der Mission. Auf diese Weise stellte er sein Leben als Missionar in den Dienst Gottes. Obwohl er nie in die Mission ausgereist war, hat er durch seinen Dienst in der Gemeinschaft, durch sein Beten und Arbeiten als Missionar gelebt und gewirkt. Er war viel in der Landwirtschaft tätig und vor allem als Gärtner in folgenden Hausgemeinschaften: Milland (1936-1954), Mellatz (1954-1956), Unterpremstätten (1956-1963), Milland (1963-1972), Mellatz (1972-1980). Die letzten zwölf Jahre hat er in Milland verbracht.
Reifungsprozess: Wir wissen relativ wenig von seiner Jugend. Eines ist jedoch sicher: Er hatte keine leichte Jugendzeit. Wegen des frühzeitigen Todes seiner Mutter hat Florian nicht die Liebe erfahren, die ein Kleinkind braucht. Er und seine vier Brüder wurden bei Bauern als Laufburschen angestellt. Die Stiefmutter mochte ihn nicht besonders. Bereits als Kind musste er hart arbeiten. Die einzige Schwester starb im Kindesalter. Leider konnte ich über sein Leben bis zu seinem Eintritt bei den Comboni-Missionaren nichts erfahren. Er selbst erzählte selten von seiner Kindheit und Jugendzeit. Wer das damalige Leben in den Ordensgemeinschaften kannte, kann erahnen, dass Florian zumindest während der ersten Jahre seines Ordenslebens erneut eine harte Zeit durchmachen musste. Dieser Lebensabschnitt, gekennzeichnet von der Strenge und einer gewissen Enge des Ordenslebens, hat ihn natürlich auch geformt und Spuren in ihm hinterlassen. Auch die Noviziatszeit war eine strenge Schule.
Seine Entscheidung, Ordensmann und Missionar zu werden, hat er sehr ernst genommen. Mit Konsequenz und Entschlossenheit hat er den Weg der Nachfolge Christi eingeschlagen. Er war hart mit sich selbst, und er erwartete von seinen Mitbrüdern dieselbe Härte, Selbstdisziplin und Opferbereitschaft. Seine Spiritualität wurde ohne Zweifel während der Noviziatszeit grundgelegt, entwickelte sich jedoch im Laufe der Zeit in positiver Weise. Schwierigkeiten haben ihn jedoch sein ganzes Leben lang begleitet. Im Alter von sechzig Jahren zeigten sich die ersten Symptome der Parkinson-Krankheit. Bruder Florian hat einen echten Reifungsprozess durchlaufen. Sein Foto in der letzten Ausgabe vom „Werk des Erlösers“ ist für mich der sichtbare Beweis für diesen Reifeprozess. Die ursprüngliche Härte seiner Gesichtszüge strahlte nun Güte, Ausgewogenheit und Ruhe aus.
Liebe zur Natur, Beziehung zur Umwelt und den Menschen
Wer Bruder Florian bei der Arbeit im Garten beobachtete, weiß, dass er sich mit großer Liebe und Hingabe der Blumenzucht verschrieben hatte. Ich traf ihn anfangs der siebziger Jahre in Mellatz. Alle waren erstaunt über die Blumenpracht in seinem Garten. Er schien sich mit den Blumen zu unterhalten, und diese ihrerseits schienen sich für die liebevolle Aufmerksamkeit mit ihrer Schönheit zu bedanken. Ich war damals tief beeindruckt von seiner liebevollen Beziehung zur Natur. Aber nicht nur die Pflanzen und Blumen spürten seine Liebe, sondern vor allem die Menschen, denen er begegnete. Wer sich mit ihm unterhielt, besonders seitdem sich die Symptome der Parkinson-Krankheit bemerkbar gemacht hatten, spürte seine wohlwollende Aufmerksamkeit ihnen gegenüber.
Beziehung zum Kreuz
Wie bereits erwähnt, hat er mehr als zwanzig Jahre unter der Parkinson-Krankheit gelitten. Seine tiefe Gottverbundenheit hat ihm geholfen, sich mit den Worten Jesu zu identifizieren: „Ja, Vater, dein Wille geschehe“. Er hat das Kreuz im Geist der Sühne angenommen und es mit Christus getragen. Er hat sich nie beschwert. Allmählich ist es ihm gelungen, zum Staunen aller die Krankheit mit Geduld anzunehmen. Jahrelang war er gezwungen, allein in seinem Zimmer die Mahlzeiten einzunehmen. Auch diese Form der Isolation hat er ohne viel Aufheben ertragen. Er freundete sich auch langsam mit seinen zittrigen Händen und seiner nervösen Reaktion an, wenn er Mitbrüdern oder Besuchern im Haus begegnete. Im Oktober 1991 schrieb ich im Chronisten diese kurze Bemerkung: „Bruder Stürz trägt mit Geduld und Würde die Leiden des Alters und die Beschwerden seiner Krankheit.“ Als er praktisch ein Pflegefall geworden war, sagte er mit schwacher Stimme: „Ich nehme alles an, so wie Gott es will“.
Verehrung der Eucharistie
Bruder Florian hatte eine große Liebe zur Eucharistie. Die Heilige Messe war ihm besonders wertvoll. Als er nicht mehr körperlich arbeiten konnte, nutzte er jede Gelegenheit, die Heilige Messe sowohl in unserer Hauskapelle als auch in der Pfarrei Milland mitzufeiern. Es fiel sofort auf, wenn er einmal bei der Wochenmesse in der Pfarrkirche fehlte. Er schätzte auch alle anderen Sakramente. Wenn er sich wieder einmal recht schwach fühlte, bat er um die Krankensalbung.
Gemeinschaftsleben und Gebet
Ungefähr zwei Monate vor seinem Tod vertraute er mir an, dass er sich sehr glücklich fühle, zum mystischen Leib Christi, das heißt zur Kirche, zu gehören. Ich war erstaunt und gleichzeitig von dieser Aussage erbaut. Er fühlte sich eng mit der Kongregation und der Kirche verbunden und interessierte sich für deren Entwicklung. Er meditierte viel über die Erneuerungen und Veränderungen in der Kirche nach dem II. Vatikanischen Konzil. Auch wenn er manche Veränderungen schwer mitvollziehen konnte, begab er sich doch mutig mit dem Volk Gottes auf den neuen Weg. Er nahm gerne an Tauffeiern in der Pfarrkirche teil. Er war auch ein unermüdlicher Beter. Nur Gott weiß, wie viel er für den Papst, die Bischöfe, Priester, Brüder und Missionare gebetet hat. Die Kirche und das Volk Gottes nahmen einen besonderen Platz in seinem Herzen ein. Im Januar 1991 bemerkte ich in einen Rundbrief an die Mitbrüder: „Bruder Stürz verbringt viel Zeit in der Pfarrkirche von Milland. Er betet und nimmt an den verschiedenen liturgischen Handlungen teil. Wir sind ihm für diesen wertvollen Dienst sehr dankbar.“ In einem weiteren Rundbrief Anfang desselben Jahres schrieb ich: „Sein Gebetseifer ist lebendig wie immer“.
Wir danken Bruder Florian für das Beispiel, das er uns gegeben hat. Er verschied am 1. April 1993.
R.I.P.
Pater Georg Klose