Pater Walter Michaeler aus Südtirol wurde 1968 nach Peru versetzt. Dem Einsatz in Pozuzo folgten Stationen in Saldaña (Spanien) und Milland (Südtirol), bevor er nach Peru zurückkehrte und neun Jahre in der Pfarrei St. Peter in Huánuco arbeitete. Seit 2018 lebt er wieder in der Deutschsprachigen Provinz und ist derzeit als Seelsorger in Graz tätig. Er blickt zurück auf die Anfänge und schildert die Entwicklung in Pozuzo.

Als ich 1968 der Pfarrei San José-Pozuzo an den Ausläufern der Zentral-Cordilleren zugeteilt wurde, lag diese deutsch-österreichische Kolonie, 1859 gegründet, gleichsam in einem Dornröschenschlaf. Zwei aufschlussreiche Bücher wiesen auf diese Ortschaft hin: „Tal der Verheißung“ und „Vergessen im Urwald“. Große Opfer und Strapazen wurden in ihrer zweijährigen Wanderschaft von den Auswanderern abverlangt, und am Ziel angekommen mussten sie von Null auf ihre Existenz aufbauen. Nur ein starker und lebendiger Glaube gab ihnen Ausdauer und Zusammenhalt, über Jahrzehnte waren sie vergessen und abgeschottet von der Außenwelt: sie rodeten den Urwald, bestellten ihre Felder, erbauten ihre Wohnungen nach Art von Streusiedlungen. Es waren fleißige Männer und Frauen, die der Glaube zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschmolzen hat, und im Glauben trafen sie sich an den Sonntagen, holten Kraft und Mut vom Wort Gottes und der Eucharistie, ermahnten sich gegenseitig und verschmähten nicht den Rat der Alten. 1975 führte die Straße bis ins Dorf, es kam der Fortschritt, das Erwachen: das Straßennetz wird erweitert, Motorräder und Autos beherrschen den Alltag, Schulen werden errichtet, Kulturvereine gegründet, ein großes Elektrizitätswerk liefert Strom für die entlegensten Ortschaften, eine moderne Ärztestation mit Möglichkeiten Operationen durchzuführen, und die hohe Antenne für Mobiltelefon lässt Jung und Alt mit dem Handy durch die Gegend laufen. Der Tourismus entwickelte sich zu einer guten Einnahmequelle. So kann wirtschaftlich die Bevölkerung getrost in die Zukunft blicken, doch der Fortschritt fördert den Abschied religiöser Bindungen, die Kirchen werden immer leerer, man begnügt sich selbst und braucht die Angebote Gottes nicht mehr. Nur wenige Familien wissen sich vor Gott verantwortlich und zeigen Dankbarkeit.

Pater Walter Michaeler