Die große Leidenschaft des hl. Daniel Comboni für die Evangelisierung ist keine Geschichte der Vergangenheit, vielmehr ruft sie uns dazu auf, auf die Zeichen der Zeit zu achten. So begann auch die Präsenz der Comboni-Missionare in Asien 1988 mit dem Ziel, unseren Missionsdienst im spezifischen Kontext dieses Kontinents anzubieten. Asien ist Heimat des Großteils der Weltbevölkerung, der zumeist noch nicht von der Botschaft des Evangeliums erreicht wird. Viele Menschen leben in materieller Armut. Darüber hinaus bot Asien als Heimat mehrerer Weltreligionen eine nie dagewesene Gelegenheit zum interreligiösen Dialog.
Nach umfangreichen Reisen, Studien und Beratungen fiel 1985 die Entscheidung, eine Comboni-Missionspräsenz in Asien aufzubauen. Fünf Mitbrüder – vier Priester und ein Brudermissionar – erreichten 1988 ihr Ziel Manila (Philippinen). 1990 entstanden dort zwei Gemeinschaften: das Comboni Mission Center (CMC), zur Missionarischen Bewusstseinsbildung, für die Öffentlichkeitsarbeit und als Sitz des Generaloberen; sowie das Daniel Comboni Seminary (DCS) für die Ausbildung von Postulanten und für die Berufungspastoral. 1993 wurde in Calamba, Diözese San Pablo, ein Noviziat eröffnet.
Die Kirche auf den Philippinen mit einer katholischen Mehrheit spielt eine wichtige Rolle bei der Evangelisierung Asiens. Mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert wird, macht das Gespräch mit Monsignore Pablo Virgilio David, Bischof der Diözese Kalookan am Stadtrand von Manila und zugleich Vorsitzender der Philippinischen Bischofskonferenz, deutlich.
Sein seelsorgerisches und karitatives Engagement führte dazu, dass er gegen alle Formen von Ungerechtigkeit und Gewalt Partei ergriff, so dass er während der Präsidentschaft von Rodrigo Duterte der Aufwiegelung beschuldigt und mit dem Tode bedroht wurde, weil er Menschenrechtsverletzungen und außergerichtliche Hinrichtungen angeprangert hatte. Er sagt: „Ich habe die Tatsache angeprangert, dass der so genannte Krieg gegen die Drogenhändler unmoralisch und illegal ist und sich im Wesentlichen gegen die Armen richtet. Die Regierung muss die Kriminalität bekämpfen, aber sie kann dies nicht mit willkürlichen und gewaltsamen Methoden tun, die zur systematischen Tötung mutmaßlicher Krimineller in Caloocan führen“.
Er fährt fort: „Ich habe die Bemühungen mutiger Journalisten unterstützt, die die Übergriffe unwiderlegbar dokumentiert haben. Viele der getöteten Personen waren unbewaffnet und leisteten keinen Widerstand gegen das Eingreifen der Polizei. Nach unseren Beschwerden änderte die Polizei ihre Taktik: Die Hinrichtungen wurden nicht mehr von uniformierten Polizisten, sondern von maskierten Bürgerwehren durchgeführt und als ‚Fälle, die untersucht werden‘ eingestuft, aber in Wirklichkeit gab es keine Untersuchung. Die Regierung spricht offiziell von sechstausend ‚Opfern des Krieges gegen die Drogen‘. Aber es sind viel mehr: Wir glauben, dass die Zahl der von der Bürgerwehr getöteten Menschen, die von der Regierung nicht angegeben werden, mehr als zwanzigtausend beträgt“.
Angesichts dieser Beschwerden wurde der Bischof mit Anschuldigungen und Einschüchterungen konfrontiert. „Ich habe fünf Anklagen wegen Aufwiegelung und andere erfundene Anschuldigungen von der Nationalen Polizei erhalten, die sich auf die Aussage einer unbekannten Person stützen. Sie verfolgten einen klaren Einschüchterungszweck. Ich wurde von meinem Bruder, einem Anwalt, verteidigt. Drei weitere Bischöfe wurden angeklagt, aber dann wurden die Anklagen vom Staatsanwalt fallen gelassen, bevor sie vor Gericht kamen.“
Monsignore Pablo Virgilio David, 62 Jahre alt, wurde in Betis in der Provinz Pampanga geboren. Er studierte in Manila, Löwen und Jerusalem und lehrte biblische Theologie. Im Jahr 2006 wurde er zum Weihbischof von San Fernando ernannt, seit 2016 ist er Bischof von Kalookan. Seit 2021 ist er Vorsitzender der Philippinischen Bischofskonferenz.
Die Diözese Kalookan liegt außerhalb der Metropolregion Manila, einer Gegend, in der viele Menschen am Rande der Gesellschaft leben. Über seine Diözese sagt er: „Die Diözese Kalookan hat 1,8 Millionen Einwohner, von denen fast 90% Katholiken sind. Nur 10 % werden von unseren Pfarreien erreicht. Als ich Bischof wurde, habe ich mich sofort um diejenigen gekümmert, die am Rande der traditionellen Seelsorge stehen. Die meisten von ihnen sind Menschen aus anderen Provinzen, die nicht einmal einen Wohnsitz haben.“
„Sie leben in Slums, ohne angemessene Dienstleistungen und Wohnungen. Ich war schockiert zu erfahren, dass viele Kinder nicht einmal Geburtsurkunden haben. Für den Staat sind sie nicht existent, und sie gehen weder zur Schule noch erhalten sie medizinische Versorgung. Babys, die zu Hause geboren werden, werden nicht registriert, um die – wenn auch geringe – Gebühr für die Geburtsurkunde nicht zahlen zu müssen. Die Folgen sind schrecklich. Ich habe eine Nonne damit beauftragt, Vollzeit zu arbeiten und sich um die Registrierung der Kinder ohne Papiere in der Diözese zu kümmern.
Er fährt fort: „Eine meiner Prioritäten ist es, ‚Missionsstationen‘ zu schaffen. Bisher sind es 18, die von 120 Personen – Laien, Ordensleuten und Priestern – geführtt werden. Wir sind dabei, Basisgemeinschaften zu schaffen, die beweglicher und offener sind als traditionelle Pfarreien. Allerings haben wir weder das Land, noch die Ressourcen, noch das Personal. Die Laien und Nonnen können hervorragende Leiter sein. Außerdem gibt es 35 Diözesanpriester“.
Die Corona-Pandemie hat das Land schwer getroffen, viele Familien sind betroffen. Mons. David hatte einen Bruder, der an Covid starb. Das beschreibt er als „eine Tragödie für meine Familie: Er wurde innerhalb von 24 Stunden eingeäschert; wir konnten nicht einmal die Beerdigung feiern. Und so erging es vielen anderen Familien auch. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen waren dramatisch. Während des Lockdowns waren die Menschen kurz davor zu verhungern“.
„Die Hilfe der Regierung kam nicht zur rechten Zeit. Aber es gab auch sehr tröstliche und wirksame Akte der Solidarität. So wurden zum Beispiel die ‚Community Food Banks‘ ins Leben gerufen, d. h. öffentliche Tafeln, zu denen die Menschen bringen, was sie können, und nur das mitnehmen, was sie brauchen, insbesondere Lebensmittel. Die Initiative entstand spontan, und die Kirche machte sie sich zu eigen und weitete sie auf das ganze Land aus. Ich denke dabei an das Wunder der Vermehrung von Broten und Fischen. Ein populär gewordener Slogan lautet: ‚Gib, was du kannst, nimm, was du brauchst.‘“
Doch die Kirchen waren geschlossen. „Wir wollten das nicht tun, aber die Regierung hat es uns aufgezwungen. Wir haben den sozialen Kommunikationsdienst gestärkt, dank der Hilfe vieler junger Freiwilliger und Experten für digitale Technologie. Wir haben den Menschen mit Online-Treffen und -Feiern zur Seite gestanden. So haben wir Menschen erreicht, die nicht in die Kirche gingen und es jetzt tun. Außerdem haben wir trotz der Schwierigkeiten niemanden entlassen, der in unseren Einrichtungen arbeitet.“
Die Bischofskonferenz der Philippinen besteht derzeit aus 16 Erzdiözesen, 74 Diözesen, sieben apostolischen Vikariaten, vier Territorialprälaturen und einem Militärordinariat. Mit Blick auf sein Engagement als Präsident der Konferenz sagt er: „Es ist eine Rolle, die die vom Rat bekräftigte Kollegialität fördert. Es ist eine Herausforderung. Es ist nicht einfach, einen Konsens zu finden: Wir philippinischen Bischöfe kommen aus sehr unterschiedlichen Kontexten, was zu unterschiedlichen Standpunkten führt.“
„Es ist viel Interaktion und Engagement nötig, um sich auf gemeinsame pastorale Positionen zu einigen, die den heutigen Herausforderungen gerecht werden. Vor allem geht es darum, den Glauben mit dem sozialen und politischen Leben und ethischen Entscheidungen zu verbinden. Katholiken zum Beispiel sehen keine Verbindung zwischen Glauben und politischen Entscheidungen. Sie erleben sie als zwei parallele Dinge. Dies ist eine Niederlage. Wir müssen die Laien ermutigen, sich ausgehend von ihrem Glauben in der Politik zu engagieren. Wir Bischöfe haben eine spirituelle und moralische Rolle, aber das Engagement in der Politik gehört den Laien“.
„Wir müssen demütig zugeben“, so der Bischof, „dass viele Gläubige ihre Entscheidungen nicht auf der Grundlage dessen treffen, was sie in der Kirche gelernt haben. Das mag daran liegen, dass wir absolut nicht in der Lage sind, allen eine gültige Seelsorge zu bieten. Im besten Fall erreichen wir 20 % der Katholiken. Es ist also schon eine große Herausforderung. Mehr können unsere Priester nicht tun. Die Philippinen sind ein Land mit einer katholischen Mehrheit, die Kirchen sind immer voll und die Messen zahlreich. Dennoch nimmt die Mehrheit der Katholiken in keiner Weise am kirchlichen und sozialen Leben teil.“
Im vergangenen Oktober fand die Bischofsversammlung in Bangkok, Thailand, statt, um das 50-jährige Bestehen der Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen (FABC) zu feiern. Die Versammlung führte zum „Bangkok-Dokument“, das für den burmesischen Kardinal und Präsidenten der FABC, Charles Bo, „den Wendepunkt für den Fortschritt der Kirchen in Asien“ darstellt.
Erzbischof David war einer der Protagonisten der Versammlung. Er berichtet: „Es ist ein wichtiges Dokument: Es feiert das 50-jährige Bestehen der FABC und skizziert ihre zukünftige Ausrichtung. Wir haben für die fünf Abschnitte eine evangelische Ikone gewählt: die Geschichte der Heiligen Drei Könige. Im ersten Abschnitt mit dem Titel ‚Beobachte‘, inspiriert von den Heiligen Drei Königen, die die Sterne beobachten, beschreiben wir die Realitäten in Asien, insbesondere die der Armen, der Jugendlichen und der Frauen. Der zweite Abschnitt, ‚Gemeinsam unterwegs‘, bezieht sich auf die Reise der Heiligen Drei Könige, die ihre Sicherheitszone verlassen, um ein Ziel zu verfolgen. Wir fragen uns: Welcher gemeinsame Weg? Das dritte Thema, ‚Wahrnehmen‘, bezieht sich auf die Reaktion auf die Worte des Herodes und der Hohepriester. Auch wir Bischöfe haben es mit politischen und religiösen Autoritäten zu tun, und wir müssen unser Urteilsvermögen einsetzen. Der vierte Punkt ist ‚Die eigenen Gaben darbringen‘. Schließlich ‚Neue Wege‘: Wie die Heiligen Drei Könige, die von Herodes aufgehalten wurden, sind auch die Kirchen Asiens aufgerufen, neue Wege zu gehen, um auf neue Hindernisse und Herausforderungen zu reagieren.“