Pater José Javier Parladé Escobar, 81 Jahre alt, aus Sevilla, ist ein Comboni-Missionar, der seine Mission und den Sudan, das Land, in dem der heilige Daniel Comboni lebte und starb, zutiefst liebt. Bis heute hat Pater José Javier 52 Jahre ununterbrochen niemandem ist es je gelungen, ihn aus seinem geliebten Land wegzuholen, damit er einige Jahre in Spanien oder einem anderen Land missioniert. Er hat es immer geschafft, dort zu bleiben. Diesmal jedoch haben die Umstände den Missionar aus dem spanischen Sevilla gezwungen, zurückzukehren, wenn auch nicht ohne Widerstand. Jedem, der ihn fragt, erklärt er, er sei im Urlaub, denn „wenn alles geklärt ist, kehre ich zurück“.
Am Montag, dem 24. April, landete das Flugzeug der spanischen Armee, in dem Pater José Javier unterwegs war, um viertel nach elf Uhr morgens auf dem Militärstützpunkt Torrejón de Ardoz. Aufgrund von Problemen mit seinen Beinen konnte er die Treppe des Flugzeugs nicht hinuntersteigen. Pater Miguel Ángel Llamazares, Provinzoberer der Comboni-Missionare in Spanien, musste warten, bis dem Missionar beim Verlassen des Flugzeugs geholfen werden konnte. Erst dann konnte er ihn zur Begrüßung umarmen und ihn zur Comboni-Gemeinschaft in Madrid begleiten.
Gleich nach seiner Ankunft begann Pater José Javier am Tisch zu erzählen, was er seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan und den schnellen Eingreiftruppen (RSF) von Mohamed Hamdan Dagalo, Hameidti, am Samstag, den 15. April, erlebt hatte.
Pater José Javier Parladé ist nach Madrid zurückgekehrt und wird sich nach all dem, was er erlebt hat, ein wenig ausruhen. In der Zwischenzeit sind viele andere Comboni-Missionare immer noch in Khartum, auch wenn die Schulen, Colleges, Pfarreien und andere Strukturen, in denen sie arbeiten, immer noch aüßer Betrieb sind. Alles, was ihnen bleibt, ist das vertrauensvolle Gebet für ein Ende dieses neuen Wahnsinns und dafür, dass die Gewehre aufhören zu schießen.
Pater Enrique Bayo, mccj
Bei seiner Ankunft in Madrid berichtete Pater José Javier Parladé der Spanischen Comboni-Zeitschrift MUNDO NEGRO von seiner Abreise aus dem Land.
Ich bin in Bahri stationiert, dem am stärksten von den Kämpfen betroffenen Teil von Khartum. Einige hundert Meter von unserer Gemeinde entfernt befindet sich eine RSF-Kaserne, so dass es häufig zu Bombardierungen durch SAF-Flugzeuge kam. Sie kamen, warfen die Bombe ab und flogen davon. Die Wände des Hauses rumpelten wie die Hölle, und sie sind sehr dick.
Anfangs waren wir zu viert in dem Haus. Zwei von uns waren Mitglieder der Gemeinschaft: Pater Lorenzo Baccin und ich. Pater Diego della Carbonare, der Provinzobere, der auch bei uns wohnt, war auf einer Reise nach Ägypten und wurde verschont. Ein dritter Comboni-Missionar war Pater Brighton Zimba aus Sambia, der seit zwei Monaten auf ein Visum für Ägypten wartet. Die vierte Person war Halla, die südsudanesische Köchin, die schon seit Jahren in dem Haus arbeitet. Es gab weder fließendes Wasser noch Strom, aber zum Glück haben wir in der Mission einen Brunnen, und mit Hilfe eines Dieselgenerators konnten wir Wasser schöpfen, das wir dann zum Trinken abkochten.
Später kamen vier Freiwillige des Comboni-Kollegs, die in einem Haus nicht weit von uns wohnten und denen Wasser, Strom und Lebensmittel ausgegangen waren, so dass sie zu Fuß, mit einer kleinen Tasche in der Hand, ihr Leben riskierten, um zu uns zu gelangen, und waren zu Tode erschrocken. Drei der vier Freiwilligen, Geraldine, Isabel und José Francisco, kehrten mit mir nach Spanien zurück, und der vierte, Wisdom, ein Südsudanese, blieb im Sudan. Glücklicherweise hatten wir einige Lebensmittel in zwei Gefriertruhen in der Gemeinde, und wir schalteten den Generator für eine Stunde am Morgen und eine Stunde am Nachmittag ein, damit die Lebensmittel nicht verdarben. In dieser Zeit nutzten wir auch die Möglichkeit, Wasser aus dem Brunnen zu holen.
Es wurde ununterbrochen geschossen, und keiner von uns traute sich, das Haus zu verlassen. Dann stellten wir fest, dass wir fast allein waren, weil die meisten Menschen, die um uns herum lebten, auf der Suche nach sichereren Orten geflohen waren waren. In diesem Zusammenhang rief mich die Gemeindschaft an, um mir mitzuteilen, dass Spanien eine Operation zur Rückführung der Spanier organisiere und dass ich gehen müsse. Ich sagte, dass ich die Mission nie in einer solchen Situation verlassen hätte und dass ich nicht gehen würde. Aber man rief mich immer wieder an… und sagte mir, dass ich zu alt sei, dass ich dort weg müsse, und schließlich ließ ich mich überzeugen. Wir sagten dem Vizeprovinzial, dass man uns abholen müsste, um uns zur spanischen Botschaft zu bringen, die der Sammelpunkt für die Evakuierung der Spanier und anderer Personen war. Aber obwohl uns gesagt wurde, dass sie kommen würden, kamen sie nicht. Ich glaube, sie versuchten es mehrmals, aber es war sehr gefährlich, und sie schafften es nicht, dorthin zu gelangen, so dass wir am Ende dachten, das spanische Flugzeug sei ohne uns abgeflogen.
Die Situation wurde noch komplizierter, als uns der Diesel ausging. Ein Nachbar, der uns anrief, sagte, wir könnten in sein Haus gegenüber von unserem eindringen, das Schloss aufbrechen und einen Kanister mit Benzin mitnehmen. Wir waren entschlossen, dies zu tun, aber Pater Brighton meinte, es sei zu gefährlich und man würde uns als Diebe beschuldigen. Also verschoben wir es auf den nächsten Tag, obwohl wir ohne Diesel verloren waren. An jenem Samstagnachmittag kam es außerdem zu einem heftigen Kampf zwischen den beiden Seiten: Die Regierungssoldaten griffen an, um die Paramilitärs zu vertreiben, aber es gelang ihnen nicht.
Am Sonntag feierten wir, die wir im Haus waren, zusammen mit vier südsudanesischen Schwestern der Töchter der Nächstenliebe, die ebenfalls ganz in der Nähe wohnen, die Messe. Danach gingen wir zum Frühstück. Gegen zehn Uhr gab es ein schreckliches Bombardement, viel lauter als zu anderen Zeiten. Eine oder zwei Bomben, ich weiß es nicht, waren auf das Geländer des ersten Stocks und dann auf die Sakristei gefallen, und alles fing an zu brennen. Da wir kein Wasser hatten, versuchten wir, das Feuer mit Sand zu löschen, denn wenn es den Buchladen oder die Kirche erreicht hätte, wäre es schrecklich gewesen. Wir fingen an, Dinge herauszunehmen, um eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern, und es gelang uns kaum. Daraufhin beschloss Pater Lorenzo, von dort wegzugehen, denn bis dahin hatte er sich nicht getraut, das Auto zu nehmen. Aber er war noch überzeugter, als er einen Anruf von der italienischen Botschaft erhielt, die ihm mitteilte, dass ein Flugzeug bereit stand, um alle Italiener, die das Land verlassen wollten, zu evakuieren. Wir hatten vier Fahrzeuge und beschlossen, sie alle mitzunehmen, damit sie nicht gestohlen werden konnten, denn das Haus war leer. Wir nahmen die Schilfrohre mit, mit denen wir früher die Moskitonetze befestigt hatten, und bastelten weiße Fahnen aus Laken. Insgesamt waren wir zwölf Personen: die drei Comboni-Missionare, unsere Köchin Halla, die vier Freiwilligen und die vier Schwesternn. Wir waren alle zu Tode erschrocken und fuhren sehr langsam und mit heruntergelassenen Fenstern, um jeden Ärger zu vermeiden. Immer wieder wurden wir von Hameidtis Soldaten angehalten, und wir sagten ihnen, dass unser Haus bombardiert worden sei und dass wir nach Omdurman wollten, und sie ließen uns weiterfahren. Als wir die Brücke über den Nil erreichten, stellten wir fest, dass die Lage dort viel ruhiger war, und das bestärkte uns in dem Glauben, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten. Wir Comboni-Missionare haben eine weitere Gemeinschaft in Omdurman, Masalma, und wir kamen dort mit der Freude an, unsere Gefährten zu treffen.
Als wir sahen, dass alles ruhiger war, beschlossen Pater Lorenzo und Brighton zu bleiben. Halla und Wisdon trafen dieselbe Entscheidung. So wurden die vier Schwestern, die drei Freiwilligen und ich zum Sitz der italienischen Nichtregierungsorganisation OVCI gebracht, dem Sammelpunkt für die Menschen, die von den Italienern evakuiert werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass das spanische Flugzeug bereits abgeflogen war und ich nach Rom gebracht werden würde, aber da wir Comboni-Missionare dort auch ein Haus haben, machte mir das nicht allzu viel aus. Salvatore Marrone, der uns zum Treffpunkt brachte, fuhr sofort los, so dass nicht genügend Autos zur Verfügung standen, um uns zum Militärflugplatz von Kéreri, 16 Kilometer nördlich von Omdurman, zu bringen, wo die Flugzeuge ankamen. Der internationale Flughafen von Khartum war von Hameidtis Männern besetzt. Ich glaube, ich tat ihnen irgendwie leid, denn sie machten schließlich in einem der Wagen Platz für mich, obwohl ich bedauerte, dass Geraldine, Isabel, José Francisco und die vier Schwestern keinen Sitzplatz finden konnten.
Als ich in Kéreri ankam, bereiteten mir die italienischen Soldaten einen wunderbaren Empfang. Sie setzten mich auf einen Stuhl, gaben mir vier Flaschen Wasser und ließen sogar einen Arzt kommen, falls mir etwas zustoßen sollte. Ich sagte ihnen, dass es mir gut ginge und dass ich keinen Arzt bräuchte. Ich fragte, ob Spanier da seien, und sie bejahten das. Dann kamen einige sehr nette spanische Soldaten, ein Soldat aus Utrera, zwei andere aus Cádiz und ein paar andere. Dann hörte ich, dass das spanische Flugzeug auf dem Weg sei und ich nach Madrid zurückkehren könne. Ich sah den Nuntius im Sudan, der Spanier ist, obwohl ich keine Gelegenheit hatte, ihn zu begrüßen, ebenso wie Kardinal Zubeir (emeritierter Erzbischof von Khartum) und drei italienische Comboni-Missionsschwestern. Meine Freude war noch größer, als ich sah, wie Geraldine, Isabel und José Francisco zusammen mit den vier südsudanesischen Schwestern den Warteraum betraten, und wir umarmten uns. Die drei Laien kamen mit mir nach Madrid, während die Schwestern nach Rom flogen, wo ihre Kongregation eine Gemeinschaft hat.
Ein spanisches Frachtflugzeug brachte uns nach Dschibuti. Im Rumpf waren 50 Sitze angebracht, die ich gezählt habe, und da wir mehr waren, mussten die übrigen Leute auf dem Boden sitzen. Man sagte uns, dass wir alle in das Flugzeug steigen sollten, auch wenn die Reise nicht sehr bequem sein würde. Da ich alt bin, bot man mir einen der Plätze an.
Als wir in Dschibuti ankamen, wartete auf der Landebahn bereits ein anderes Flugzeug der spanischen Armee, das sehr groß und komfortabel war, und ich ging langsam, in meinem eigenen Tempo, von einem Flugzeug zum anderen. Wir stiegen ein und mussten eine ganze Weile warten, bis wir abhoben. Ich werde nicht müde zu wiederholen, dass die spanischen Soldaten zu jeder Zeit sehr freundlich, liebevoll und respektvoll zu uns waren. Sie gaben uns Essen und alles, was wir brauchten.
Sehen Sie hier einen Beitrag der ARD-Tagesschau:
Exodus ins Nichts: sudanesische Flüchtlinge im Südsudan