In der Antike bezeichnete das Wort Ökumene die ganze bekannte Welt und definierte den Teil der Erde, der bewohnt war, im Gegensatz zu den noch unbekannten Ländern. Später erlangte der Begriff der Ökumene eine religiöse Bedeutung, die sich auf die Bewegungen innerhalb des Christentums bezog und darauf abzielten, ihre verschiedenen Konfessionen zu vereinigen, die durch Fragen der Lehre, Geschichte, Tradition und Praxis getrennt waren. Afrika schreitet trotz der Komplexität des Kontinents auf dem Gebiet der Ökumene voran.

Die ökumenische Bewegung ist von verschiedenen Meilensteinen geprägt. Dazu gehören der Start des Gebets für die Einheit der Christen im Jahr 1908, die Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh, die Schaffung des Ökumenischen Rates der Kirchen neun Jahre später oder die Institution ihrer Statuten in Utrecht (1938) und Amsterdam (1948). In der katholischen Welt verlieh Papst Johannes XXIII. der Bewegung mehr Schwung, gefolgt von Paul VI. und Johannes Paul II. In Afrika muss man bedenken, dass es etwa dreitausend unabhängige christliche Kirchen gibt, die ihrer eigenen Religiosität folgen.

Im afrikanischen Kontext gehört ein Mensch von Geburt an einer Gemeinschaft an und kann sie nicht verlassen, ohne seine Identität zu verlieren. In diesem tatsächlichen und sinnbildlichen Universum wird das menschliche Leben als Dasein in seiner Gesamtheit gesehen, als Manifestation des Göttlichen, der Vorfahren, der Geister und der Natur. In diesem Zusammenhang sind die Riten der Geburt, der Pubertät, der Ehe oder die Riten, die zum Zeitpunkt des Todes oder der Heilung durchgeführt wurden, für jedes menschliche Leben von Belang.

Diese traditionelle afrikanische Weisheit wurde bald zum Ziel der ersten Evangelisierer, die darauf hinarbeiteten, das allgemeine christliche Heilswerk zu verbreiten, einzigartig und exklusiv. Parallel dazu verursachte ihre feste Überzeugung einen erheblichen Richtungsverlust bei den neuen afrikanischen Gläubigen, die mit einer neuen Vorstellung der Welt und des Menschen konfrontiert wurden. Dabei wurde die Menschheit nur noch in wesentlichen Begriffen von Körper und Seele, Materie und Geist, Menschlichkeit und Göttlichkeit gesehen. Dieser Dualismus verursachte im Herzen der Afrikaner eine Trennung von Mutter Natur und den Verbindungen, die sie mit dem Universum als Ganzem verknüpften, geteilt durch einen Kampf zwischen diesem Leben und dem nächsten, und gekennzeichnet durch eine Religiosität, die das Heil der Seele predigte. Das Leid, das durch das Kolonialsystem verursacht wurde, wurde dabei ignoriert. Die neuen christlichen Afrikaner stellten fest, dass sie entwurzelt und im Blick auf ihre Zukunft orientierungslos waren.

Die evangelikale Botschaft der ersten Missionare war bereits bruchstückhaft, als sie das Afrika südlich der Sahara erreichte. Das lag an den portugiesischen Erkundungsreisen im 15. Jahrhundert, der Rückkehr der befreiten Sklaven im 19. Jahrhundert und vor allem an der Aufteilung Afrikas durch die europäischen Mächte auf der Konferenz von Berlin (1885). Die Umsetzung und Entwicklung des Christentums in Subsahara-Afrika war gänzlich durch die Herkunft und Kultur der Evangelisten bedingt. Dieses kulturell pluralistische Christentum verbreitete ein schwaches Evangelium, das praktisch nicht in der Lage war, angemessene Antworten auf die religiösen Sehnsüchte der Afrikaner zu geben. Die neuen Christen trugen westliche Kleidung. Diese Situation führte zur Ausbreitung des Synkretismus und zur Geburt unabhängiger Kirchen.

In seinem Apostolischen Schreiben „Ecclesia in Africa“ erinnerte uns Papst Johannes Paul II., dass Katholiken gesandt sind, um den ökumenischen Dialog mit all ihren getauften Brüdern anderer christlicher Konfessionen voranzutreiben, um die Einheit zu erreichen, für die Christus gebetet hat. Er wies darauf hin, dass dieser Dialog durch Initiativen wie eine ökumenische Übersetzung der Bibel, das theologische Studium verschiedener Aspekte des christlichen Glaubens oder das evangelikale Zeugnis für Gerechtigkeit, Frieden und Achtung der Menschenwürde verwirklicht werden kann.

In Bezug auf die traditionellen Religionen erklärte Papst Johannes Paul II., dass ein gelassener und umsichtiger Dialog die Eingliederung ihrer positiven Werte garantieren und sie mit dem Wesen des Christentums in Verbindung bringen kann. Von daher ist es notwendig, denjenigen, die traditionellen Religionen anhängen, mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Der Papst betonte, dass das Engagement für den Dialog auch Moslems guten Willens einschließen müsse. Der Papst sagte auch, dass Christen und Moslems aufgerufen sind, sich für die Förderung eines Dialogs einzusetzen, der die Religionsfreiheit gegen alle Formen des religiösen Fundamentalismus bestärkt. Das Zusammenleben all dieser Religionen stellt eine große Herausforderung für den christlichen Vorschlag für einen Dialog in Afrika dar.

Der ökumenische Vorschlag und die Mission der Christen auf dem Kontinent stehen im Widerspruch zur Situation fundamentaler Gruppen, die ihren Mitgliedern oft eine Botschaft von Hass, Diskriminierung und Extremismus vermitteln, was den ökumenischen und religiösen Dialog behindert. Somalia und die umliegenden Länder beispielsweise wurden in den letzten Jahren zum Schauplatz blutiger Terroranschläge von Al Shabab. Nigeria, Kamerun und Niger leiden unter den Übergriffen von Boko-Haram-Extremisten, deren Ziel es ist, die Scharia im Herzen Afrikas durchzusetzen.

Auch wenn die Aussichten für den ökumenischen Dialog in Afrika düster erscheinen, sind die christlichen Kirchen Afrikas und andere Glaubensgemeinschaften immer noch aktiv und kämpferisch auf der Suche nach einer ökumenischen Lösung für diese Herausforderungen. Weihnachten ist in vielen Ländern des Kontinents nicht mehr ausschließlich ein christliches Fest, sondern hat sich zur Tradition für andere Religionsgemeinschaften entwickelt. Im Senegal zum Beispiel feiern Christen, Moslems und Anhänger traditioneller Glaubensrichtungen gemeinsam die Geburt Jesu, und jeder von ihnen wünscht seinen Nachbarn das Beste. In Algerien, Burkina Faso und der Demokratischen Republik Kongo feiern viele Christen Weihnachten und laden Moslems zu ihren Feierlichkeiten ein.

Der ökumenische Dialog auf dem afrikanischen Kontinent konzentriert sich auf verschiedene Aspekte, insbesondere auf die, die mit den Sakramenten verbunden sind. Was die Taufe betrifft, so erkennen alle Christen – Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner und Protestanten – ihre Gültigkeit an, auch wenn sie von verschiedenen Kirchen gespendet wird. Dasselbe gilt für die Gültigkeit der Ehe zwischen Christen unterschiedlicher Konfession. Die gemeinsame Eucharistiefeier sowie die Krankenhausseelsorge sind Gegenstand von Dialog und Überlegungen. Auch wird versucht, die Präsenz von Frauen in den Strukturen vieler christlicher Gemeinschaften zu verbessern.

In diesem ganzen Prozess des ökumenischen Dialogs ist es nicht leicht zu erkennen, worauf sich die verschiedenen Kirchen beziehen, wenn sie von Jesus als Erlöser sprechen. Hier, wie José Ignacio Gonzalez Faus, ein spanischer Jesuitentheologe, in „Credo Cristiano“ betonte, „sucht jeder in Jesus Schutz und Erlösung. Für einige bedeutet Erlösung die Bewahrung und Erhöhung dessen, was sie bereits haben; für andere ist Christus derjenige, der den Status quo beibehält: ein Gott, der die Vergangenheit in der Gegenwart bestätigt und sie dauerhaft und stabil macht. Er ist der Gott der etablierten Ordnung, des blinden Gehorsams und des unveränderlichen Gesetzes.“

Angesichts der gegenwärtigen Bestrebungen um einen echten ökumenischen Dialog in Afrika muss Christus jedoch notwendigerweise ein Versprechen und die absolute Garantie für eine bessere Zukunft für alle sein. Der ökumenische Dialog in Afrika muss in diesem Sinn das Fundament für das Verständnis legen, dass wir alle teilhaben an demselben Geist Gottes sind, an einem umfassenden Bewusstsein, dessen Faszination uns dazu führt, dass wir Liebe üben und uns von Irrtum, Hass und Diskriminierung abwenden.

Statt eines ökumenischen Dialogs bräuchte Afrika zunächst einen interreligiösen Dialog, der dauerhaften Frieden und barmherzige Gerechtigkeit bringt. Die ökumenischen Bemühungen in Afrika müssen immer wieder unsere Sensibilität gegenüber anderen wecken und ihre Sensibilität füreinander fördern. Die freiwillige Verwurzelung in der eigenen Religion erlaubt keine ernsthafte Teilnahme am ökumenischen Dialog mit Christen anderer Kirchen, geschweige denn mit Anhängern anderer religiöser Konfessionen. Afrika braucht Vermittler der Evangelisierung mit einer fortgeschrittenen ökumenischen Bildung, die von der Kraft des Heiligen Geistes getragen wird. Nur so kann die Einheit erreicht werden, die Christus für die Welt und für Afrika liebt.

 Jean de Dieu Madangi, kongolesischer Philosoph und Theologe