In der letzten Ausgabe berichteten wir, dass der italienische Comboni-Missionar Christian Carlassare zum Bischof von Rumbek im Südsudan ernannt worden ist. Am 26. April drangen zwei Bewaffnete kurz nach Mitternacht ins Bischofshaus ein und schossen P. Carlassare mehrfach in die Beine und verschwanden. Sie wollten ihn nicht töten, sondern warnen.
Das Bistum Rumbek wartet schon seit zehn Jahren auf die Ernennung eines neuen Bischofs. In Rumbek leben überwiegend Menschen vom Stamm der Dinka. Die Dinka sind ein Hirtenvolk und der zahlenmäßig stärkste unter den Stämmen. Sie stellen auch den Regierungschef. Andere Volksgruppen, vor allem die Nuer, sind zum Teil erbitterte Gegner. Der Dinka-Rat, also die traditionelle Stammesregierung der Dinka, ließ die Kirchenleitung wissen, dass sie in Rumbek nur einen Bischof aus ihrem Stamm als Bischof akzeptieren würden.
Man muss wissen, dass die vorwiegend schwarzafrikanische Bevölkerung des damaligen Südsudan bis vor zehn Jahren einen blutigen Bürgerkrieg gegen den überwiegend arabischen Norden geführt hat, bis der Süden 2011 ein selbstständiger Staat wurde. Seither kämpfen vor allem die Dinka und die Nuer blutig gegeneinander. Das Land ist voller Waffen (woher wohl?).
Der Papst und die oberste Kirchenbehörde in Rom zögerten deshalb, dem Verlangen des Dinkarates nachzugeben und wählten deshalb den jungen, aber doch schon seit vielen Jahren im Land lebenden und von den Menschen angesehenen Christian Carlassare. Dieser ist außer Lebensgefahr und auf dem Weg der Besserung. Die für den 23. Mai vorgesehene Bischofsweihe musste jedoch verschoben werden.
P. Christian Carlassare wurde 1977 in Schio, Italien, geboren. Nach seinem Eintritt bei den Comboni-Missionaren wurde er am 4. September 2004 zum Priester geweiht.
2005 wurde er in den Südsudan gesandt, wo er u.a. mit P. Gregor Schmidt zusammen in der Pfarrei Holy Trinity im Old Fangak County tätig war. Am 8. März 2021 wurde er von Papst Franziskus zum Bischof der Diözese Rumbek im Südsudan ernannt.
In mehreren Videobotschaften, die zur Versöhnung aufrufen, wandte sich P. Christian noch aus dem Krankenhaus an die Gemeinden in der Diözese Rumbek.
Die beiden in Ellwangen lebenden Mitbrüder Pater Markus Körber und Bruder Hans Eigner, die Pater Carlassare gut kennen, schätzen ihn als idealen Mann, der vermitteln kann. Ebenso Pater Gregor Schmidt, der mit ihm einige Zeit – bei den Nuer – zusammengearbeitet hat. Sie alle meinen – und hoffen – dass das Attentat vielleicht dazu führen kann, dass die Menschen einsehen, dass es so mit dem endlosen Stammeskrieg nicht weitergehen kann. Die große Bestürzung und die Solidarität in weiten Kreisen der Bevölkerung und bis in höchste Regierungskreise lassen hoffen. Für die Missionare im Südsudan ist in den letzten Jahren die Friedensarbeit, und hier vor allem die Aussöhnung unter den Volksstämmen, die oberste Priorität geworden. Sie können dazu beitragen, denn sie gehören selbst keiner der verfeindeten Parteien an und genießen außerdem großes Vertrauen unter den Menschen.
P. Reinhold Baumann