Pater Roberto Turyamureeba stammt aus Bitooma im Südwesten Ugandas. Er wurde dort 2011 zum Priester geweiht, nachdem er zuvor in Innsbruck Theologie und Religionspädagogik studiert hatte. Seitdem arbeitet er in der Deutschsprachigen Provinz. Anlässlich des 10. Jahrestags seiner Priesterweihe haben wir mit ihm gesprochen:
P. Roberto, vor zehn Jahren wurden Sie zum Priester geweiht. Welche Momente in Ihrem Leben waren für die Entscheidung zum Ordensleben bedeutend?
Grundlegende Momente waren die Erfahrungen in meiner eigenen Familie. Wir sind durch harte Situationen mit politischen Unruhen und schweren Krankheiten gegangen. Ich spürte in mir Gottes Ruf für die Menschen, die meine Hilfe brauchen, da zu sein.
Die Begegnungen mit meinem Heimatpfarrer, Pater Maurice Blanchard, einem aus Frankreich stammenden Weißen Vater, waren sehr prägend. Als Ministrant begleitete ich ihn regelmäßig in die Außenstationen unserer Pfarrei. Ich erlebte, wie er sich Zeit für die Kranken, die Armen, die Familien, die Kinder und die Jugendlichen nahm. Würdevoll zelebrierte er die verschiedenen Gottesdienste in den Gemeinden. Ich erinnere mich an die Handauflegung als ich ihn darum bat, mich persönlich zu segnen. Dies hat mich als 13-Jähriger tief berührt und bekräftigt, meinem Lebenstraum weiter nachzugehen.
Ihre Zusammenarbeit unter sich und mit den Einheimischen, ihr Interesse an unserer Kultur und Sprache, die schönen Jugendgottesdienste, die sie mit uns gestaltet haben, ihr Einsatz in schulischen, kirchlichen, medizinischen und sozialen Bereichen haben mich innerlich umgehauen.
Auch persönliche Begegnungen mit den Comboni-Missionaren haben mir imponiert und meine Horizonte auch erweitert.
Nach dem Tod von P. Maurice wurde die Pfarrei von den Comboni-Missionaren übernommen. Ihre bunte und internationale Gemeinschaft in unserer Pfarrei, bestehend aus Mitbrüdern aus Italien, Mexiko und Uganda, hat mich fasziniert. Ihre Zusammenarbeit unter sich und mit den Einheimischen, ihr Interesse an unserer Kultur und Sprache, die schönen Jugendgottesdienste, die sie mit uns gestaltet haben, ihr Einsatz in schulischen, kirchlichen, medizinischen und sozialen Bereichen haben mich innerlich umgehauen. Ich wollte genauso wie sie werden.
Mit 25 Jahren bin ich am 15. August 1999, nach meinem Studium der Erziehungswissenschaften an der Universität Makerere in Kampala und nach einer zweijährigen Berufserfahrung als Geographie- und Religionslehrer und Schuldirektor eines kirchlichen Gymnasiums, bei den Comboni-Missionaren eingetreten.
Welche Motive und Beweggründe hatten Sie, als Sie in den Orden der Comboni-Missionare eintraten?
Die Freude am Glauben, die ich auch weitergeben wollte, war der erste Beweggrund. Diese erlebte ich in meiner Familie, später bei P. Maurice, und dann bei den Comboni-Missionaren in meinem Heimatdorf. Durch die religiöse Erziehung im bischöflichen Priesterseminar, wo ich mein Abitur machte, pflegte ich acht Jahre lang die Beziehung zur Heiligen Schrift, zu Jesus Christus, Maria und den von mir ausgewählten Heiligen. Mein Ziel war: Diese vielseitige Frömmigkeit als Priester und als Missionar zu leben und mit vielen Menschen in anderen Kulturen und Ländern zu gestalten.
Der Einsatz der Comboni-Missionare für die Belange der Armen in meiner Heimatpfarrei hat mich als Jugendlicher sehr angesprochen. Ich erlebte, wie die Missionare Schulen, Kirchen und Krankenstationen zusammen mit den Menschen vor Ort aufgebaut haben. Immer wieder erzählten sie uns Jugendlichen samstags in den Ministranten-Gruppenstunden, wie ihre Mitbrüder in anderen Ländern und Kontinenten arbeiten. Dazu zeigten sie uns Dias und Filme über die Arbeit ihrer Mitbrüder. Diese Geschichten und Erlebnisse waren sehr spannend für mich als jungen Mann.
Ich las die faszinierende Biographie des Bischofs Daniel Comboni, die mir Mut gemacht hat, einer seiner Missionare zu werden. Ein prägender Satz aus seinen Briefen war: „Der Missionar wird sich selbst als einen unbemerkten Arbeiter in einer langen Reihe von Missionaren betrachten müssen.“ Ich wollte diesen Satz als Leitwort auf meinem Berufungsweg machen.
P. Roberto Turyamureeba
Von 2011 bis 2013 arbeitete er in der missionarischen Bewusstseinsbildung, Jugend- und Ministrantenpastoral im Missionshaus Josefstal bei Ellwangen mit.
P. Roberto arbeitet seit März 2013 als Referent für missionarische Bildungsarbeit im Referat Weltkirche des Erzbischöflichen Ordinariats Bamberg. Im Januar 2020 wurde er zum Vizeprovinzial der Deutschsprachigen Provinz der Comboni-Missionare gewählt.
Was ist für Sie die größte Herausforderung angesichts der so unterschiedlichen Kulturen, die Sie beide gut kennen?
Meiner Meinung nach ist es unzutreffend von DER deutschen oder DER ugandischen Kultur zu sprechen. Es gibt aber einige typische Eigenschaften für Menschen eines Kulturkreises, die als „Kultur“ dargestellt werden. Zumal das Hinaustreten aus dem eigenen Kulturkreis in eine fremde Kultur und Sprache große Herausforderungen und Hürden mit sich bringt.
Meine größte Herausforderung besteht darin, dass ich punktuell meine Äußerungen, Entscheidungen und Sichtweisen aus subjektiven und egoistischen Hintergründen mit „Kultur“ rechtfertige, anstatt sie nur sachlich fundiert und ausgeglichen darzustellen. Kultur wird in solchen Situationen als „Schutzwand“ benutzt, um ungewollten Diskussionen und/oder Kritik auszuweichen.
Diese Herausforderung erlebe ich sowohl in Deutschland als auch in Uganda. Einige Mitbrüder in Uganda nennen mich „der Deutsche“, weil ich vom Charakter her eher ein Perfektionist bin. Auch wenn meine Mitbrüder das leichthin sagen, hat es doch viel mit der Wirklichkeit zu tun. Denn generell werden die Deutschen in vielen afrikanischen Ländern als Menschen, die fast alles im Leben „perfekt“ haben wollen, gesehen. Sie hätten immer eine Lösung für jedes praktische Problem. Somit fühle ich mich in der deutschen Kultur in guter Gesellschaft!
Was ist meine Berufung, das fragen sich auch heute viele Menschen. Wie begegnen Sie ihnen?
Berufung und Berufungspastoral haben ein breites Spektrum in Deutschland. Man beschränkt sich nicht nur auf Priesterberufe, sondern auf verschiedene pastorale Berufe. Berufung muss grundlegend als Geschenk Gottes zum Leben an mich und uns alle verstanden werden: „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt“ (Jer 1, 4). Wenngleich ich Berufungspastoral für uns Comboni-Missionare mache, ist der Ausgangspunkt eines jeden ernsthaften Gesprächs mit den jungen Erwachsenen sehr wichtig. Wenn ich ein solches Gespräch führe, sehe ich in erster Linie einen konkreten Menschen vor mir. Ob er Christ ist oder nicht, stellt sich im Laufe des Gesprächs heraus – oder auch nicht. Den Sinn des Lebens zu finden, ist ein Ziel eines jeden von uns. Es schließt natürlich die Förderung der einen oder anderen christlichen Berufung innerhalb der Kirche nicht aus.
Wo sehen Sie Ihre Zukunft und was wünschen Sie sich für die Comboni-Missionare? Was bedeutet die Gemeinschaft für Sie?
Ich sehe meine Zukunft überall dort, wo die Kongregation meine Fähigkeiten und Begabungen, die ich mir im Leben angeeignet oder entwickelt habe, zum Nutzen der Gemeinschaft und der Ortskirche einsetzen kann.
Für uns Comboni-Missionare wünsche ich mir, dass wir dem Charisma unseres Gründers treu bleiben und dass wir den Kairos (Zeichen der Zeit) in Kirche und Gesellschaft nicht unbeantwortet verstreichen lassen. So werden wir systemrelevant und zeitgemäß auf verschiedenen Ebenen bleiben.
Die Gemeinschaft bedeutet für mich, einen Ort zu gestalten, wo ich zusammen mit meinen Mitbrüdern unsere missionarische Berufung verwirklichen kann. Trotz aller Verschiedenheiten schafft die Gemeinschaft eine Atmosphäre des Vertrauens, gegenseitigen Respekts und der Unterstützung. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass mein Mitbruder, genauso wie ich, von Gott in einzigartiger Weise berufen ist.
Interview: Ulrike Lindner