Eine Gruppe von Pädagogen hat mit Unterstützung des Tangaza University College einen Weg der politischen Bildung eingeschlagen, um Gewalt in den bevölkerungsreichen Vierteln von Nairobi zu verhindern. Ein Weg, der dazu dient, die Utu-Kultur, die volle Menschlichkeit, zum Vorschein zu bringen. Mit vielen Überraschungen. Die Comboni-Gemeinschaft ist daran beteiligt.

Kenia ist Schwerpunktland bei der Spendenaktion des Hilfswerks Missio zum diesjährigen Sonntag der Weltmission. Die Comboni-Missionare sind in mehreren Gemeinschaften in der Hauptstadt Nairobi sowie in Amakuriat, Kacheliba, Lokichar, Marsabit, Nakwamekwi und Ongata Rongai im Einsatz.

Im Huruma-Gebiet, am östlichen Stadtrand von Nairobi, hat sich eine Gruppe von Erziehern zusammengefunden, um die Geschichte einer anderen Zukunft zu schreiben. Sie gründeten eine Berufsvereinigung, den Wajibika Mashinani Trust, und begannen einen Weg der politischen Bildung zur Verhinderung von Gewalt in den Mitaa, d. h. in den Siedlungen dieser dicht besiedelten städtischen Vororte. Sie nennen sie nicht Slums, ein Begriff voller abwertender, entmenschlichender Bedeutung. Sie sehen sie vielmehr als dynamische Zentren, in denen neue Kulturen entstehen, die reich an Energie und Kreativität sind, vor allem unter den unternehmungslustigen Jugendlichen, den zahlreichen Frauengruppen, die sich selbst fördern, und den verschiedenen örtlichen Vereinigungen mit sozioökonomischen und solidarischen Zielen.

Beispiele dafür sind die Entstehung von Sheng (Suaheli-Englisch), einer echten Volkssprache, die von jungen Menschen geschaffen wurde, und die Wandmalereien junger talentierter Künstler, die die Bedeutung von Lebenssituationen erfassen und zu Veränderungen anregen. Beide Beispiele sind Ergebnisse von Erfindungsreichtum und kollektiven Ansätzen, die neue Einsichten und Wege des sozialen Wandels eröffnen, die sowohl partizipatorisch als auch einheimisch sind. Die Initiative Wajibika Mashinani zielt darauf ab, die Utu-Kultur (in Südafrika als Ubuntu bekannt), das Herzstück des kulturellen und spirituellen Erbes der Völker in Subsahara-Afrika, zur Geltung zu bringen, um Wege der Humanisierung zu fördern, die die Würde zurückgeben, die Freundschaft wiederherstellen und die universelle Brüderlichkeit nähren.

Mit Unterstützung des Institute for Social Transformation, einer Abteilung des Tangaza University College (Katholische Universität von Ostafrika), und unter der Leitung von Sultan Somjee – renommierter Ethnograf und Schriftsteller, einst Gründer der Bewegung für Friedensmuseen in Kenia – arbeiten diese „Civic Educators“ mit unterschiedlichen Nachbarschaftsgruppen und Gemeinschaften in verschiedenen Mitaa in den östlichen Vororten von Nairobi. Ihre Arbeit beginnt mit der Aufwertung der Ausdrucksformen der vollen Menschlichkeit (Utu), die in den lokalen Kulturen und dem Wissen zu finden sind.

Der Ausgangspunkt ist die Feldforschung und die Dokumentation dieser lebendigen Traditionen. Diese Phase des Zuhörens stützt sich auf die Erfahrungen der Menschen, ihre verbale und visuelle Sprache und ihre materielle Kultur. So haben sich verschiedene generative Themen herauskristallisiert, wie z. B. das Leiden der Frauen – die am Ende den höchsten Preis zahlen – während der Gewalt bei Wahlen; oder die spaltende und aufstachelnde Dynamik der Gewalt, die von einigen Politikern gefördert wird. Weitere Themen, die die Notwendigkeit der Wiederherstellung der Würde der Einwohner herausstellen, sind die Korruption der Polizei und die Gewalt, die sich erheblich auf das Leben der einfachen Menschen auswirken.

Es werden Geschichten gesammelt und erzählt, die auf unmittelbaren Erfahrungen mit diesen Gegebenheiten beruhen. Weitergegeben werden sie dann durch Straßentheateraufführungen, die von den Bewohnern der Siedlungen, in denen sich die Ereignisse zugetragen haben, interpretiert werden. Durch dramatische oder satirische Sketche, von Musik und Tanz begleitete Lieder, Sprichwörter und Rätsel – d.h. durch das Wiederaufgreifen dieser zutiefst kommunikativen Ausdrucksformen der lokalen Kulturen – wird ein kritisches Bewusstsein für die Realität gefördert und sowohl der Entdeckung als auch dem Vorschlag für eine erneuerte Gesellschaft Stimme und Raum gegeben.

Daraus entstand das Mitaani-Festival der Kulturen von Utu, der umfänglichen Menschlichkeit. Dieses Festival, das im Juli stattfand, soll die Weisheit der Vorfahren neu wecken, die die Menschen und Gemeinschaften vor Ort humanisiert. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Aktivitäten wird es weitere Initiativen zur Begegnung und zum Dialog mit der Bevölkerung geben, wie die Einbeziehung von Jugendlichen aus Schulen, Kirchen und anderen territorialen Einrichtungen, immer ausgehend von der Präsentation von beredten Elementen der Kulturen der Vorfahren, wie den Bäumen des Friedens.

Die jüngeren Generationen, die in der Großstadt geboren und aufgewachsen sind – in einem multikulturellen Umfeld und unter dem starken Einfluss der Globalisierungsprozesse – haben den Schlüssel zu den Traditionen verloren und damit auch den Zugang zu den lokalen Weisheiten und Kenntnissen, die in den einheimischen Sprachen und traditionellen Kulturen zum Ausdruck kommen. Die in diesen peripheren Siedlungen begonnene Reise setzt die Prozesse der kulturellen und spirituellen Wiederaneignung durch die Menschen in Gang.

Auffallend sind die Begeisterung und die psychosoziale Wirkung, die diese Aktivitäten bei den Teilnehmern hervorrufen, und dass sie eine alternative Antwort auf die Spannungen und Gewalttaten bieten, die während des Wahlkampfes leider immer wieder auftreten. Die Comboni-Mission von Kariobangi ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für sozialen Wandel ebenfalls an diesem Prozess beteiligt. Abgesehen von der Dringlichkeit der Situation, die eine Vielzahl von Akteuren für das Gemeinwohl zusammenbringt, entspricht der gewählte Ansatz der combonianischen Vision von Mission. Diese zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Interesse an afrikanischen Lösungen für soziale Probleme in Afrika aus, welche zu einer Erfahrung der Wiedergeburt, des Lebens in Fülle führen, nicht nur auf persönlicher, sondern auch auf gemeinschaftlicher und sozialer Ebene.

Darüber hinaus trägt die Stärkung des Wissens und der Spiritualität der Völker dazu bei, Situationen der Abhängigkeit und des Subjektivitätsverlusts der Menschen zu überwinden, und – im Kontext einer zunehmend vernetzten Welt – geht es auch um die Stärkung des spezifisch afrikanischen Beitrags, der die gesamte Menschheit bereichert, im weltoffenen Zusammenspiel der Unterschiede.

Br. Alberto Parise

Einen Bericht zum Schicksal einer Müllsammlerin in Korogocho lesen Sie hier.