Eine arme Frau nimmt eine fremde Mutter bei sich auf und kümmert sich um deren kranke Tochter. Sie geht in die Kirche und bittet den Missionar, für die Genesung des Kindes zu beten.

In den Augen vieler Menschen genießt Nyamuone wenig Ansehen. Ihr Mann hat sie verlassen, weil sie seiner Meinung nach nicht in der Lage war, den Haushalt so zu führen, wie er es wollte. Jetzt hat sie kein Zuhause mehr und ist immer bei jemand anderem zu Gast. Auch ohne Ehemann hat sie immer noch Kinder.

Jeden Tag bei Tagesanbruch macht sie sich auf den Weg in den Wald, um Brennholz zu sammeln. Sie packt ein Bündel, das so groß ist, dass sie es auf dem Kopf tragen kann, und bringt es auf den Markt, wo sie es den Frauen zu verkauft, die Lebensmittel kochen, um ein wenig Geld zu bekommen und davon genug Nahrung zu kaufen, um sich und ihre Kinder an diesem Tag zu ernähren. Sie verbringt den Rest des Tages mit Gelegenheitsjobs und ist auf den Straßen zu sehen, nie untätig. Wenn es sein muss, scheut sie sich nicht, Hilfe von jedem zu erbitten, den sie trifft.

Eines Morgens sah ich sie in der Kirche, einem Ort, der ihr nicht vertraut war. Sie kam zaghaft auf mich zu und warf sich fast vor mir nieder. „Wer weiß, was sie will“, dachte ich. „Meine Tochter ist krank“, flüsterte sie, „komm und vertreibe den bösen Geist in ihr.“ In der Nuer-Sprache wird jede unheilbare Krankheit als Jock bezeichnet, ein böser Geist in der Hexerei.

Ich gab gerade den Schülern Katechismusunterricht, deshalb bat ich sie nach Hause zu gehen und am Nachmittag wieder zu kommen. Sie kam mit drei Töchtern zurück: Eine war etwa vier und die Zwillinge etwa ein Jahr alt. Eines der Zwillingsmädchen war krank. Ein genauerer Blick zeigte das gesunde Kind mit einem hübschen, dunklen runden Gesicht in den Armen der Vierjährigen.

Das kranke Kind in Nyamuones Arm hatte hellere Haut, glattes Haar und eine lange Nase. Sie sah dünn aus und wies Anzeichen von Mangelernährung auf. Ich sagte: „Sag mir die Wahrheit. Diese Babys sind keine Zwillinge, oder?“ Sie nickte zustimmend. „Und die anderen beiden sind deine?“ Sie nickte wieder.

Ich bat sie, mir ihre Geschichte zu erzählen. Nach dem bewaffneten Konflikt in Malakal kam eine Äthiopierin nach Phom. Nyamuone sah sie allein am Hafen und brachte sie dorthin, wo sie selbst lebte. Nyamuone sprach nur Nuer, während die andere Frau nur auf Arabisch radebrechen konnte. Trotzdem verstanden sie sich recht gut. Beide waren schwanger und gebaren nur wenige Wochen später jeweils ein kleines Mädchen. Der Äthiopierin ging es aber nicht gut: Sie war schwach und verlor sichtlich an Gewicht. Nyamuone kümmerte sich um sie, so gut sie konnte und begann, ihr neugeborenes Baby zu pflegen.

Als Phom von den Soldaten angegriffen wurde, flohen sie zusammen mit anderen, die aus ihren Häusern vertreiben wurden, in den Wald. Dort mussten sie etwa zehn Tage lang mit absolut nichts ausharren. Der Zustand der äthiopischen Frau verschlechterte sich, und sie starb.

„So wurde das kleine Mädchen meine Tochter. Obwohl sie Äthiopierin ist, ist sie mir nicht fremd. Wir wissen, dass das Essen für die Kinder immer geteilt wird. Wir sind alle Geschwister, und niemand wird ausgeschlossen“, erklärte Nyamuone. „Es stimmt auch, dass eine Mutter immer dem schwächsten Kind am meisten Aufmerksamkeit schenkt.“

Da das Baby nicht so an Gewicht zulegte, wie es hätte sein sollen, brachte sie es ins Krankenhaus von Fangak, wo Tuberkulose festgestellt wurde. Sie wurde aufgenommen und von anderen Kindern ferngehalten, um zu verhindern, dass sie andere infiziert. Die Behandlung würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Nyamuone musste jeden Tag sehr hart arbeiten, um den täglichen Bedarf zu decken.

Sie beendete ihre Geschichte und bat um die Gebete, wegen denen sie gekommen war. Wir beteten gemeinsam, und sie ging in Frieden weg, sicher, dass der böse Geist vertrieben worden war. Das Kind konnte nun ohne weitere Probleme gut gedeihen.

Als ich beobachtete, wie die Frau die Kirche langsam verließ, sah ich sie in einem anderen Licht. Nyamuone hat einen tiefen Glauben, und ich kann nur ihr großes Mitgefühl und die Hilfe bewundern, die sie diesem Kind schenkt.

Pater Christian Carlassare