Auf der Osterkerze des Jahres 2020 ragt auf den ersten Blick nur ein dunkles Kreuz in den Himmel. Ein lebensgefährlicher Virus, dem weltweit schon Tausende Menschen zum Opfer gefallen sind, lastet schwer auf vielen Ländern der Erde und durchkreuzt die Weltpolitik und Weltwirtschaft, vor allem aber  das Leben der Vielen, die davon unmittelbar und schmerzlich betroffen sind. Wissenschaft und Forschung, medizinische Betreuung und Gesundheitsvorsorge stoßen trotz enormer  Anstrengung angesichts neuer und unvorhersehbarer Herausforderungen an ihre Grenzen.

Viele werden sich in dieser bedrohlichen Situation neu ihrer sozialen Verantwortung bewusst. Nicht wenige riskieren dabei ihr eigenes Leben; unzählige Menschen in verschiedenen Berufen setzen bewundernswerte Zeichen der Solidarität und stellen damit österliche Lichter in das Dunkel der Angst, die uns – eingestanden oder uneingestanden – allen im Nacken sitzt.

Auf der Osterkerze strecken sich von unten blutrot gefärbte Hände, die tiefe Wunden tragen, hilfesuchend nach oben. „Mich umfingen die Fesseln des Todes. In meiner Not rief ich zum Herrn und schrie zu meinem Gott“ (Psalm 18, 5.7) Im Zentrum steht freilich ein hoffnungsvolles Bild: Zwei andere Hände umfassen zärtlich und liebevoll ein im Schmerz erblasstes Gesicht, das trotzdem gelöst wirkt. Ein Mensch erfährt hier – wie Jesus in seinem Todesschicksal am Kreuz – Zuwendung und Geborgenheit: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23, 46).

Wie für Jesus Christus, den Sohn Gottes, der in allem mit uns solidarisch geworden ist, ereignet sich für jeden Menschen schon im Sterben die Auferstehung zum Leben, weil wir von Gott in Freud,  Leid und Tod geliebt und für immer angenommen sind. Deshalb ragt das Kreuz auch schon in den blauen Himmel hinein. Rundherum wird es hell, und die Erde beginnt  zu grünen …

Der Virus trägt in der Wissenschaft die Bezeichnung „CORONA“, weil er die Form einer nach außen gerichteten Krone aufweist. Eine andere Krone, die „Dornenkrone“ Jesu, ist für uns Christen ein Symbol für jede Erniedrigung des Menschen, aber auch ein Zeichen dafür, dass unsere menschliche Existenz verletzbar und zerbrechlich und von einem „Dornenkranz“ umwunden ist, der schmerzt und sich in dieser Welt nie restlos in einen Kranz von Blüten verwandeln lässt.

Christus „durchkreuzt“ unser Leben und führt es heim in die Geborgenheit bei Gott. Er  ist und bleibt das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende: Die Osterkerze leuchtet auch in die gegenwärtige Krise hinein und zeigt uns den gekreuzigten und auferstandenen Herrn als Grund unserer Hoffnung – auch im Angesicht von Not und Tod.

 „Preis dem Todesüberwinder …“ – Halleluja.

P. Franz Weber