Liebe Freunde!
Euch allen einen lieben Gruß aus Arequipa.
Wir stecken ja alle in einer tiefen Krise. Wir in Peru auch, und das schmerzt uns sehr. Wir denken in Freuden an die Zeit zurück, wo wir mit großer Anstrengung, mit der Hilfe Gottes und der Freunde in Deutschland die drei sozialen Polikliniken im Süden Perus in Arequipa bauten für Kranke und Arme, ihnen zum Segen und zur Hilfe. Man kann es kaum glauben, dass wir im vergangenen Jahr an die 900.000 Patienten hatten aus dem ganzen Süden Perus. Die Presse berichtete, das die Polikliniken Espiritu Santo zur Alternative geworden sind als Beispiel für die staatlichen Krankenhäuser und Hospitäler, die sich im chaotischen Zustand befinden. Die 900.000 Patienten im vergangenen Jahr waren kein Sonderfall, denn in den vergangenen Jahren waren es normal zwischen 500 und 700.000 Patienten. Dieser unser Dienst umfasst die Zonen Cusco, Puno, Tacna Moquegua mit ihren Provinzen und natürlich Arequipa. Wir können Gott nur danken, dass Er uns mitgeholfen hat mit all den Freunden in Deutschland.
Peru war nicht auf das Corona-Virus vorbereitet
Und dann kam der 15. März und mit ihm das Coronavirus. Es hat uns richtig überfallen. Unser Land Peru war nicht vorbereitet. Über den Anden Lateinamerikas lag und liegt der Alptraum der Not, des Leids, der Krankheit und des Todes. Wir machten uns auch große Sorgen über die Zukunft unseres Sozialwerkes für Kranke und Arme. Die gegenseitige Hilfe ist weiterhin notwendig. Wir müssen wirklich in dieser schwierigen Zeit den Menschen entgegen gehen und zusammen uns stärken, denn die Hoffnung der Armen ist nicht für immer verloren. Im Gebet und im gemeinsamen
Miteinander verlieren wir nicht die Hoffnung, auch bei so viel Leid, Hunger und Krankheit. Wir helfen Euch im Gebet und Ihr helft uns und auch mir, denn ich hatte vor drei Wochen eine Ooperation. Es ging, Gott sei Dank, alles gut. Doch ich bleibe eine gefährdete Person wegen meines Alters (bald 85 Jahre) und zweier schwerer Operationen. Wir alle müssen vorsichtig sein.
Arequipa ist leer und verlassen
Aber bleiben wir in unserer Stadt Arequipa, die zum Alptraum in den Anden geworden jst. Unser Arequipa, die schöne, weiße Touristenstadt, vor allem der schöne Hauptplatz ist jetzt leer von Menschen und Tauben. Vielleicht sieht man einige Bettler und Arme. Die meisten suchen andere Märkte. Es kommen auch Landwirte aus der Umgebung und verkaufen schreiend Obst und Gemüse. In der Stadt sind alle Läden und alles Mögliche geschlossen, sogar die Post. Seit März gibt es keine Auslandspost hin und zurück; das gilt auch für das Inland. Habt deswegen Geduld mit mir. Die Regierung hat sehr strenge Ordnung eingeführt für Fußgänger, Autos und Flugzeuge. Kranke dürfen nicht auf die Straße aus Angst vor Ansteckung. In Arequipa haben 2000 Firmen ihre Tore geschlossen, die Arbeiter werden mit leeren Händen entlassen, ohne Abfindung. Die Arbeitslosenzahlen nehmen gewaltig zu, Schulen bleiben geschlossen bis Ende des Schuljahres im Dezember. Alles geht nur über Handys und Internet. Das haben aber viele nicht. Die Eltern können da oft nicht helfen. Kirche, Caritas und auch wir helfen, so gut wir können.
Die Situation in den Kliniken
Tragisch ist die Situation der Viruskranken. Wir müssen unsere Polikliniken nicht schließen, dürfen aber nur Notfälle behandeln. Das ist zu wenig für unsere 220 Angestellten. Manche haben uns verlassen. Sie wurden bezahlt. Für die bleibenden Angestellten suchten wir neue Möglichkeiten: Hausbesuche bei Kranken, die uns anrufen. Sie nehmen immer mehr zu. Es kommen auch Viruskranke zu uns oder welche, die Angst vor dem Virus haben. Wir mussten Einiges in unseren Polikliniken umstellen. Da auch andere Kranke kommen wollen, müssen wir Eingänge und Behandlungsräume strikt trennen. Täglich kommen so 40 bis 60 Coronakranke zu uns. Aber unser Hauptproblem sind unsere Angestellten. Wir wollen sie nicht verlieren, denn wir denken an die Zeit nach Corona. Für die vielen Angestellte, die bleiben, suchen wir Urlaubszeiten und Arbeitszeiten zu regeln.
Wir haben viele Hausbesuche von Kranken. Wir haben auch begonnen unser eigenes Desinfektionsgel (Alkoholgel) herzustellen und müssen daher nicht mehr das teuere, oft mit Fälschungen, kaufen. Wir müssen natürlich eine Reihe von Maßnahmen zur Gesundheitssicherung durchführen: Kauf von Desinfektionsgeräten, Desinfektionskabinen, Kauf von Sicherheitskleidung und Medizin-Tests an unseren Arbeitern müssen durchgeführt werden. Wir, die wir diagnostische Tests in Deutschland gekauft haben, haben bisher keine Genehmigung des Gesundheitsministeriums erhalten. Welch ein Skandal und Dummheit.
Alle Hospitäler und Polikliniken sind überfüllt. Es fehlt an Betten, an Ärzten, an Krankenschwestern, oder sie sind infiziert oder sterben. Die Stadt hilft nicht. Es sind viele Arme verlassen. Was machen sie? Sie müssen in Gängen, in Zelten, in Autos in Garagen und auf Straßen gesund werden oder sterben; natürlich auch die Kranken im Hochland sind dieser Situation ausgeliefert. Peru hatte bis vor kurzem 20.000 Tote angegeben. Dies ist aber nicht die volle Wahrheit. Einige Tage später gab es um 50% mehr Tote. Jetzt sind sie bei 35.000 Toten. Ich bin überzeugt, dass es einmal auf 40.000 zugehen wird. Man muss alle mitzählen, nicht nur die, welche in den Hospitälern sterben. Wirklich viele sterben in ihren Häusern und dort, wie es oben angegeben ist.
Was tun wir?
Unsere neue Poliklinik in Lima behandelt bis zu 150 Viruskranke am Tag. Der deutsche Botschafter bereitete zum Tag der deutschen Einheit viele Pakete für Arme und Kranke vor. Er selbst will dabei sein. Und wir in Arequipa machen Kampagnen für zehn Tage in armen Gebieten mit den guten „Pruebas Rapidas Tests“ (Schnelltests) gratis. Es werden sehr viele Menschen kommen, besonders die Armen, denn sie können diesen Test für 60 Soles nicht bezahlen. In Lima kostet er 75 Soles, und in Deutschland? Die letzten drei Tage findet die Kampagne im Park vor unserer Kirche statt. Der letzte Tag ist der Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober). Es soll eine Anerkennung sein für die vielen deutschen Freunde, die uns großmütig helfen. Wir tun unser Möglichstes mit Hilfe der guten Freunde. Vergelte es Euch Gott! Und helft uns weiter!
Wie soll es weitergehen?
Ja, es muss sich etwas ändern. Ich will mit einem Wort des Papstes Franziskus beginnen: Wir müssen uns ändern. Wir brauchen ein menschlicheres, ein christlicheres Gesicht. Franziskus sagt: Mit Christus lebt die Hoffnung neu auf! Wir müssen uns am Glauben festhalten, vielleicht noch stärker festhalten am Leiden des Gottessohnes für uns, mit dem sicheren Glauben, dass Gott sein Volk nicht verlassen wird. Und wir müssen dieser Pandemie begegnen mit sicherem Großmut und Gemeinschaftssinn, weil wir alle im gleichen Boot sitzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Menschen der Auferstehung sind. Das ist die Gute Nachricht, die Hoffnung auf Leben inmitten der Schwierigkeiten. Denn das Coronavirus hat uns viel Leben genommen. Schade! Aber die Auferstehung Christi ist die Botschaft der Hoffnung, denn Gott verlässt keinen Menschen, den Er erschaffen und erlöst hat.
Liebe Grüße
Pater Josef Schmidpeter