Eigentlich wollten wir uns vom 16. bis 20. November in unserem Provinzhaus in Lissabon treffen. Doch Covid 19 verlegte die Zusammenkunft der Leiter der Provinzsekretariate für Mission via Skype ins Netz. Und so saß jeder von uns vor seinem PC und konnte auf seinem Bildschirm jedem Mitbruder „in weiter Ferne“ direkt begegnen. Welche Möglichkeiten doch die modernen Medien gerade auch für eine internationale Missionsgemeinschaft eröffnen!
Und worüber spricht man bei einem solchen Treffen? Für uns Comboni-Missionare verwirklicht sich unsere Mission längst nicht mehr nur in Afrika, Lateinamerika, Asien. Die Kirche steht auch in Europa vor neuen und großen Herausforderungen, denen wir uns trotz begrenzter personeller Ressourcen in bescheidenem Maß, aber mit Mut, Offenheit und Kreativität stellen wollen. Die Neubesinnung auf verschiedene Formen missionarischer Präsenz in den verschiedenen europäischen Ländern, in denen wir tätig sind (Italien, Spanien, Portugal, Polen, England und Schottland, Deutschland, Österreich, Südtirol) kann nicht mehr nur auf der Ebene eines Landes oder einer Provinz erfolgen.
In den letzten Jahren gab es für die verschiedenen Bereiche unserer Tätigkeiten immer wieder auch Treffen auf europäischer Ebene, die in diesem Corona-Jahr zum größten Teil nicht mehr möglich waren. Doch auch die digitale Vernetzung und die Treffen über Skype ermöglichen in der Tat eine andere, aber durchaus intensive Kommunikation. So war auf unserem Treffen des europäischen Missionsrates aus Rom der neue Generalsekretär für Mission, Pater Fernando Gonzàlez Galarza, genauso zugeschaltet wie Pater Giorgio Padovan, der die missionarischen Initiativen der italienischen Provinz koordiniert. Da konnten sich Pater Javier Alvorado in Glasgow und Pater Philip Andrzej Jan aus Polen in gleicher Weise in die Diskussion einschalten wie Pater Joaquim Silva aus Portugal und der spanische Provinzobere Andrés Miguel Pedro. Für unsere deutschsprachige Provinz war Pater Franz Weber für das Sekretariat für Mission mit von der Partie.
Wie konnte es anders sein, dass wir uns zunächst einmal über die konkrete Situation der Mitbrüder in der jeweiligen Provinz austauschten: Überall bestimmt Covid 19 die Tagesordnung. Zahlreiche Neuinfektionen gibt es zurzeit vor allem in mehreren Hausgemeinschaften in Italien. Am härtesten betroffen ist davon das Alten- und Pflegeheim in Castel d’Azzano (Verona), wo allein während der zwei Tage unseres Treffens drei Mitbrüder verstarben. Auch Spanien hatte es gleich zu Beginn von Corona hart getroffen. Inzwischen sind dort und anderswo nur einige leichte Fälle zu verzeichnen. Besorgt blicken wir vor allem nach Uganda, wo dem Virus inzwischen einige Mitbrüder zum Opfer gefallen sind.
Aufgrund der von den Regierungen auferlegten Beschränkungen waren in den letzten Monaten viele unserer Tätigkeiten nicht oder nur begrenzt erlaubt. Die Mitbrüder haben versucht, besonders den betroffenen Familien auf verschiedene Art und Weise nahe zu sein. Wohltäter und Förderinnen wurden dort, wo es möglich war, persönlich besucht. Man war vor allem darum bemüht die Kontakte über Telefon und Internet aufrecht zu erhalten und digitale Formen von Gottesdiensten zu entwickeln oder durch das Angebot von Texten zu den einzelnen Sonntagen zu Hausgottesdiensten einzuladen. Viele unserer Mitbrüder haben auch ihre pastoralen Dienste in den Pfarreien und ihre Aufgaben in den Diözesen weitergeführt.
Es ist erstaunlich, wie viele Treffen auf nationaler und internationaler Ebene online durchgeführt wurden. Auch die für die Kommunikation und Entscheidungsfindung einer Provinz so wichtigen Treffen der Provinzleitungen und die jährlichen Provinzversammlungen wurden zum Teil via Skype und Zoom durchgeführt. Auf diese Weise konnten sich auch ältere und ausschließlich an ihre Hausgemeinschaften gebundene Mitbrüder am Austausch und an den Beratungen beteiligen, ohne sich in Gefahr zu bringen oder längere Fahrten unternehmen zu müssen. Auch Weiterbildungsveranstaltungen zum Jahresthema der Bedeutung der „Ämter und Dienste“ konnten so auf neue Art und Weise vorbereitet und durchgeführt werden. Mancherorts hat man den durch die Corona-Bestimmungen auferlegten Stillstand für ein Mehr an Gebet und persönlicher und gemeinschaftlicher Reflexion genutzt. Allerdings wurde auch allgemein zugegeben, dass die Bereitschaft zur Weiterbildung bei manchen Mitbrüdern – leider nicht nur bei Älteren, sondern auch bei Jüngeren – nicht überall gegeben ist.
Ja, und dann haben wir, trotz der unsicheren Situation, die in ganz Europa mehr oder wenig die gleiche ist und die jede Planung für das nächste Jahr unsicher macht, weitere internationale Treffen vereinbart. Die Arbeitssitzung der gesamteuropäischen theologischen Arbeitsgruppe zum Thema „Mission und Ökonomie“, an der aus unserer Deutschsprachigen Provinz P. Hans Maneschg teilnimmt, fand im September und November über Skype stattfand. Das „Comboni Sozial Form“, an dem neben den Comboni-Missionaren auch die Comboni-Missionsschwestern und die Comboni-Laienmissionare teilnehmen, wird vorläufig in mehreren so genannten digitalen „Webinar“-Schaltungen öffentlich zugänglich gemacht und soll dann im Juli 2021 in Rom stattfinden.
Ein besonderes Anliegen ist dem europäischen Missionsrat die Durchführung eines gesamteuropäischen Workshops, oder wie wir sagen, eines „missionarischen Laboratoriums“ zur Thematik „Ganzheitliche Ökologie – Eine Herausforderung für die Mission“, der vom 12. bis 16. Juli 2021 in unserem Haus in Palencia in Spanien durchgeführt werden soll. Dazu hat der Missionsrat bereits ein vorläufiges Programm ausgearbeitet, mit dem wir uns zunächst mit den richtungsweisenden Dokumenten der Kirche wie mit der Umweltenzyklika „Laudato sí“ und mit dem jüngst erschienenen Apostolischen Schreiben „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus und auch mit der Amazonassynode und mit anderen Texten der Weltkirche und der Ortskirchen befassen werden. Zu diesem Treffen sind neben den Mitgliedern der Provinzsekretariate für Mission auch Delegierte der Comboni-Schwestern und der Comboni-Laienmissionare eingeladen. Einige ExpertInnen und ReferentInnen werden uns helfen, das für die Welt von heute und für das Überleben der Menschheit so wichtige Thema der Bewahrung der Schöpfung und des Klimawandels zu vertiefen. Vor allem aber wird es in diesem Workshop darum gehen, die Sorge um „Mutter und Schwester Erde“ als wesentlichen Teil unserer missionarischen Spiritualität und unserer Mission in der Kirche und in der Welt von heute zu verstehen, zu vertiefen und daraus auch Perspektiven für unsere Hausgemeinschaften und für unsere Präsenz in den einzelnen Ortskirchen abzuleiten.
Der Austausch zwischen den europäischen Provinzen der Comboni-Missionare, der nicht nur, wie hier berichtet, im europäischen Missionsrat, sondern in anderen Bereichen unserer Kongregation stattfindet, ist zweifellos ein lebendiges Zeichen dafür, dass wir selbst in dieser schwierigen Situation, in der wir mit dem Verlust von Mitbrüdern und mit Krankheit, Leid und Tod vieler Menschen konfrontiert sind, nicht aufhören, uns den großen und brennenden Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Ich bin immer wieder beeindruckt, mit welchem Mut, mit welcher Kraft christlicher Hoffnung und mit welcher trotz allem auch heiteren und gläubigen Gelassenheit viele Mitbrüder und Mitschwestern unserer internationalen Comboni-Familie auf dem Weg sind. Ob da nicht der Geist und das Beispiel unseres Gründers, des heiligen Daniel Comboni, in uns am Werk ist!
Pater Franz Weber