Er hatte immer das Gefühl, dass Gott ihn rief. Eine Zeit lang widersetzte er sich dieser Stimme. Schließlich gab er dem Willen Gottes nach. Jetzt gibt er dort, wo Gott ihn hinstellt, sein Bestes. Der peruanische Comboni-Pater Roy Carlos Zúñiga Paredes erzählt seine Geschichte.
Ich wurde in Arequipa geboren, der atemberaubenden, von Vulkanen umringten Stadt aus der Kolonialzeit im Südwesten Perus. Schon als kleines Kind spürte ich Gottes Ruf. Während meiner Teenagerzeit hielt ich diesen Wunsch jedoch verborgen, weil ich davor zurückschreckte, mit meinen Schulkameraden darüber zu sprechen.
Jedenfalls ging ich nach der High School zur Universität. Ich dachte, das würde meinen Eltern gefallen. Und so war es auch. Doch nachdem ich das Studium der Bauingenieurwissenschaften abgeschlossen hatte und mir Gedanken über meine Karriere machte, erkannte ich, dass die Welt um mich herum nicht zu meiner wahren Berufung passte. Ich fühlte mich von der Arbeit desillusioniert, und mein früherer Herzenswunsch kam stärker als je zuvor wieder zum Vorschein.
„Wenn einer Gottes Ruf hört: Lass ihn nicht länger warten!
Ich ging wieder in die Kirche, was ich einige Zeit vernachlässigt hatte. Ein Freund lud mich zu Exerzitien ein, und ich fragte Gott: „Was willst du von mir?“ Diese Frage wiederholte ich mehrmals während des Gebetswochenendes, erhielt aber keine Antwort. Gottes Timing stimmte mit meinem nicht ganz überein, aber es war ziemlich ähnlich. 1984 – ich war 21 – sagte der Pfarrer am Weltgebetstag für Berufungen, nachdem der Predigt zum Evangelium des Guten Hirten treffend: „Wenn einer der Jugendlichen, die heute in dieser Kirche anwesend sind, Gottes Ruf hört: Lass ihn nicht länger warten!“ Diese Worte drangen in mich ein, durchschnitten den Geist und die Seele und bestimmten Gefühle und Gedanken. Ich war wie gebannt, meine Gliedmaßen ganz steif, und eine eisige Kälte kroch durch meine Adern. Ich begann zu weinen und vergoss Tränen, auch als ich zur Kommunion ging. Nach der Messe rannte ich nach Hause und wiederholte: „Ich kann nicht… Ich kann es nicht.“ Ich fühlte mich der Berufung Gottes nicht würdig.
„Morgen, wenn du es mir sagst.“
Zwei Jahre später entschied ich mich für einen Kompromiss: „Wenn ich nicht Priester sein kann, möchte ich Katechist werden! Also habe ich mich für einige Kurse angemeldet, die vom katechetischen Zentrum der Erzdiözese Arequipa angeboten wurden. Eines Tages traf ich im katechetischen Zentrum Carlo Morani, einen italienischen Comboni-Bruder. Bald öffnete ich ihm mein Herz. Ich hatte viel über die Arbeit seiner Gemeinschaft in Afrika in der Monatszeitschrift „Mision sin fronteras“ („Mission ohne Grenzen“) gelesen, die sie in Peru veröffentlichten. Ich bewunderte die Arbeit, die sie leisteten, vor allem in einigen afrikanischen Ländern, die von Krieg und Konflikten zerrissen waren. Am Ende sagte ich zu ihm: „Das ist es, was ich immer wollte“. Er schaute mir direkt in die Augen und fragte: „Wenn wir dich aufnehmen, wann wärest du bereit zu kommen?“ Die Antwort kam mir ohne viel nachzudenken über die Lippen: „Morgen, wenn du es mir sagst.“ Am selben Tag überbrachte ich meinen Eltern die Nachricht, die sie nicht gut aufnahmen. Papa sagte: „Glaubst du, dass wir all die Jahre umsonst in deine Ausbildung investiert haben?“ Mama war versöhnlicher: „Warum wirst du nicht Diözesanpriester? Musst Du wirklich so weit weg gehen?“ Es tat mir leid für die beiden, aber ich blieb hartnäckig bei meiner Entscheidung, Comboni-Missionar zu werden.
Von Peru nach Ägypten und in den Südsudan
Im November 1986 ging ich nach Lima, um mich zu bewerben, und wurde angenommen. Im darauffolgenden März begann ich mein Studium der Philosophie und Theologie. 1989 trat ich in das Noviziat ein, und im Mai 1991 legte ich meine zeitlichen Gelübde ab. Bald darauf wurde ich nach London geschickt, um das Theologiestudium abzuschließen. Im Juli 1996 wurde ich in meiner Heimatpfarrei zum Priester geweiht.
Drei Monate später ging ich nach Kairo (Ägypten), wo ich einen zweijährigen Kurs für Arabisch und Islamwissenschaft belegte. 1998 wurde ich in den Südsudan berufen und arbeitete zwei Jahre lang bei den Nuer im Oberen Nil. Im Jahr 2001 fragte der damalige Bischof von Rumbek, Cesare Mazzolari, der mehrere Diözesanstrukturen nach Kitale (Kenia) verlegt hatte, weg von den Schrecken des Krieges im Südsudan, meine Vorgesetzten, ob sie einen Comboni-Missionar schicken könnten, um in dem neuen Zentrum zu arbeiten. Die Wahl fiel auf mich. Sofort zog ich nach Kitale, um eine Art Kaplan des Katechetischen Zentrums, des Kleinen Seminars und der Krankenpflegeschule zu werden. Meine Hauptaufgabe war es, als geistlicher Begleiter bei den Seminaristen zu leben, Katecheten zu unterrichten und Lehrer auszubilden.
Beistand für Flüchtlinge
Als sich der Krieg von Khartum gegen den Südsudan verschlimmerte, wurden einige Städte schweren bombardiert. Raja und Dem-Zubeir wurden verwüstet, die Bewohner flohen aus ihren Häusern weiter nach Süden in Richtung Western Equatoria. Da Raja immer eine Pfarrei war, die von den Comboni-Missionaren betreut wurde, fühlten sie sich verantwortlich. Also baten sie mich im Mai 2002, Kitale zu verlassen und in den Südsudan zurückzukehren, um den Binnenflüchtlingen der Gemeinde Raja beizustehen, die in einem Lager untergebracht worden waren. Unsere Herausforderung bestand darin, die Hoffnung der Menschen am Leben zu erhalten, trotz der verzweifelten Situation, in der sie lebten. Es war eine schwere Zeit, aber ich wusste, dass Gott mich dort haben wollte. Ich erkrankte mehrmals, und hin und wieder musste ich evakuiert werden, weil die Bedingungen unerträglich geworden waren. Ich habe jedoch nie gewankt, bis die Binnenflüchtlinge 2005 nach Raja und Dem-Zubeir zurückkehren konnten.
Dialoginitiativen, die neue Hoffnung auf Frieden wecken
Gestärkt durch diese Erfahrungen kehrte ich nach Peru zurück und arbeitete drei Jahre lang in Huànuco als Assistent des Novizenmeisters. Ab 2008 war ich verantwortlich für die Berufungspastoral und missionarische Bewusstseinsbildung im Norden Perus. Drei Jahre später wurde ich in das Comboni Mission Animation Centre in Lima geschickt, wo ich Journalismus studierte und Leiter des Zentrums und Herausgeber von Mision sin fronteras und von Aguiluchos („Adlerküken“) wurde, einer Publikation, die für junge Menschen gedacht war.
Im Februar 2018 wurde ich in den Südsudan zurückgerufen. Derzeit helfe ich in der Pfarrei Talì, in der Diözese Juba, bei der ethnischen Gruppe der Mundari. Zusammen mit den übrigen Comboni-Missionaren im Südsudan setze ich mich für Dialoginitiativen ein, die neue Hoffnung auf Frieden in der jüngsten Nation der Welt wecken könnten.
Pater Roy Carlos Zúñiga Paredes