Vor zwanzig Jahren, am 5. Oktober 2003, wurde unser Gründer Daniel Comboni in Rom von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. Seitdem begeht die Kirche seinen Gedenktag am 10. Oktober, dem Todestag des Heiligen.

Daniel Comboni wurde am 15. März 1831 in Limone sul Garda geboren. Da er gute Talente zeigte, kam er in das Mazza-Institut nach Verona, wo lernfähige, aber mittellose Jungen eine berufliche und religiöse Ausbildung erhielten. Hier hörte Daniel den ersten Mazza-Missionaren zu, die bei ihrer Rückkehr von Afrika erzählten. Im Alter von 17 Jahren schwor er, sein ganzes Leben Afrika zu weihen. 1854 wurde er zum Priester geweiht. Im September 1857 wurde sein eigener Traum, in die Mission auszureisen, Wirklichkeit. Seine erste Missionserfahrung war ein schneller Fehlschlag. Todesfälle, schwere Erkrankungen und vielerlei Schwierigkeiten stellten ihn und seine Gefährten auf eine harte Probe. Zwei Jahre später sahen sie sich gezwungen, aus gesundheitlichen Gründen nach Italien zurückzukehren. Und doch, Afrika war Comboni nunmehr ins Herz gedrungen.

Immerhin spürte er aber, dass die Methode, mit der man zu missionieren versucht hatte, hier nicht geeignet war. Europäische Missionare kamen auf dem afrikanischen Kontinent schnell zu Tode, und die Afrikaner, die man zur Ausbildung nach Europa brachte, verloren ihre eigenen Wurzeln. Viele gaben auf und entschieden, bessere Zeiten abzuwarten. Nicht so Daniel Comboni! Für ihn war die Stunde Afrikas gekommen. Auch angesichts aller Schwierigkeiten und Niederlagen gab Comboni nicht auf, sondern er träumte, dachte und betete, um zu verstehen, welche Methode geeignet war, um die Mission in Afrika voranzubringen. Bei einem Aufenthalt in Rom traf ihn die Inspiration, einen „Plan für die Wiedergeburt Afrikas“ niederzuschreiben.

Die große Neuheit, die Comboni vorstellte, war: Afrika soll sich nicht einfach passiv zur Evangelisierung stellen, sondern muss eine Vorreiterrolle übernehmen: „Afrika ist durch Afrika zu retten“. Damals zweifelte man geradezu, ob afrikanische Menschen eine Seele hätten; man betrachtete sie nur als käufliche Ware. Comboni hingegen gelang es, über die bloß menschlichen Interessen hinauszublicken; mit den Augen eines Gottesglaubens, der ihn getrieben hatte, nach Afrika zu ziehen, sah er in den dortigen Menschen nicht Sklaven, sondern Brüder und Schwestern, die er lieben musste und mit denen zusammen er für ein neues Afrika arbeiten wollte.

Sein „Plan“ ist sehr konkret. Er spricht von Ausbildungszentren, von afrikanischen Universitäten (bereits Mitte 19. Jahrhundert), von Afrikanern als Pioniere ihrer eigenen sozialen, politischen und religiösen Geschichte.

Der „Plan“ hat drei Pfeiler:

  • Die Kirche: es gilt, einen afrikanischen Klerus zu schaffen, der in Afrika heranwächst und ausgebildet wird, inmitten der afrikanischen Stämme, ihrem Klima und ihrer Kultur.
  • Die Laien: es gilt, afrikanische Schulen mit afrikanischen Laien als Lehre, Meister und Techniker einzurichten. Auch echte Kooperativen von Familien, die zur wahren Grundlage der Wiedergeburt Afrikas durch die Afrikaner selbst werden können.
  • Die Frauen: es gilt, die fundamentale Rolle der Frauen in der Mission herauszustellen, ganz gleich, ob er junge Personen oder Lehrerinnen, Ordensfrauen und Missionarinnen, Afrikanerinnen, Europäerinnen oder Araberinnen sind. Und den besonderen Dienst der katholischen Frauen.

Comboni träumte davon, die ganze Kirche in das Werk der Evangelisierung Afrikas mit einbeziehen zu können. Aber dann sah er sich gezwungen, eigene Institute zu gründen, um seinen Plan umzusetzen: 1867 das Institut für Afrika-Missionen (heute Comboni-Missionare) und 1872 die Frommen Mütter des Negerlandes (heute Comboni-Missionsschwestern).

Der Vatikan hat anschließend Comboni und diesen seinen Instituten die Mission von Zentralafrika anvertraut. Comboni selbst wurde für sie 1877 zum Bischof ernannt. In der Folgezeit bestand sein Werk ganz konkret in der Gründung neuer Missionen, in der Bekämpfung der Sklaverei, in der Ausbildung von afrikanischen Priestern, Ordensschwestern und Laien sowie in der missionarischen Bewusstseinsbildung in Europa.

Die letzten Lebensjahre brachten Comboni unsagbares Leid. Häufige Todesfälle von Missionaren und Schwestern zehrten die Lebenskräfte Combonis  auf, bis er – gerade mal fünfzig Jahre alt – am 10. Oktober in Khartum starb. „Die ganze schwarze Bevölkerung der Stadt weint um ihren Bischof – den Mutran des Sudan“, so schrieb der kanadische Comboni-Missionar Arthur Bouchard, der in der Todesstunde an seiner Seite war.


Während seiner wöchentlichen Generalaudienz am 20. September lobte Papst Franziskus den apostolischen Eifer und die Liebe des heiligen Daniel Comboni für Afrika, der von der Freude des Evangeliums angetrieben wurde: „Der heilige Daniel bezeugt die Liebe des Guten Hirten, der sich auf die Suche nach dem Verirrten macht und sein Leben für die Herde hingibt.“

Die Ansprache von Papst Franziskus während der Generalaudienz am 20. September 2023 im Wortlaut

Auf dem Katecheseweg über die Leidenschaft für die Evangelisierung, also den apostolischen Eifer, sprechen wir heute über das Zeugnis des heiligen Daniel Comboni. Er war ein Apostel voll Eifer für Afrika. Über jene Völker schrieb er: „Sie haben sich meines Herzen bemächtigt, das nur für sie schlägt“ (Schriften, 941), „ich werde mit Afrika auf den Lippen sterben“ (Schriften, 1441). Das ist schön! … Und an sie wandte er sich so: „Der glücklichste Tag meines Lebens wird der sein, an dem ich mein Leben für euch hingeben kann« (Schriften, 3159). Das ist der Ausdruck eines Menschen, der verliebt war in Gott und die Geschwister, denen er in der Mission diente, und bei denen er nicht müde wurde, immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass „Jesus Christus auch für sie gelitten hat und gestorben ist“ (Schriften, 2499; 4801).

Er sagte das in einem vom Schrecken der Sklaverei gezeichneten Umfeld, dessen Zeuge er war. Die Sklaverei „verdinglicht“ den Menschen, dessen Wert darauf reduziert wird, jemandem oder zu etwas nützlich zu sein. Aber Jesus, der menschgewordene Gott, hat die Würde jedes Menschen erhöht und die Falschheit jeder Sklaverei entlarvt. Im Licht Christi kam Comboni das Übel der Sklaverei zu Bewusstsein; außerdem verstand er, dass die gesellschaftliche Sklaverei in einer tieferen Sklaverei verwurzelt ist, der Sklaverei des Herzens, der Sünde, von der der Herr uns befreit. Als Christen sind wir daher berufen, gegen jede Form der Sklaverei zu kämpfen. Leider ist jedoch die Sklaverei, ebenso wie der Kolonialismus, keine Erinnerung der Vergangenheit, leider. In Afrika, das Comboni so sehr liebte und das heute von vielen Konflikten zerrissen ist, hat sich nämlich „nach dem politischen Kolonialismus […] ein ebenso versklavender ›wirtschaftlicher Kolonialismus‹ entfesselt. […] Das ist ein Drama, vor dem die wirtschaftlich weiter fortgeschrittene Welt oft Augen, Ohren und Mund verschließt.“ Ich erneuere daher meinen Appell: „Die Erstickung Afrikas muss aufhören: es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist“ (Begegnung mit den Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Korps, Kinshasa, 31. Januar 2013).

Und kehren wir zurück zum Leben des heiligen Daniel. Nachdem er einen ersten Zeitraum in Afrika verbracht hatte, musste er die Mission aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Zu viele Missionare waren gestorben, nachdem sie sich Krankheiten zugezogen hatten, wobei auch die geringe Kenntnis der örtlichen Verhältnisse eine Rolle spielte. Während andere jedoch Afrika verließen, so tat Comboni dies nicht. Nach einer Zeit der Entscheidungsfindung spürte er, dass der Herr ihm einen neuen Weg der Evangelisierung eingab, den er zusammenfasste in den Worten: „Afrika mit Afrika retten“ (Schriften, 2741f.) Es ist eine machtvolle Eingebung, die keinen Kolonialismus enthält. Es ist eine machtvolle Eingebung, die dazu beigetragen hat, den missionarischen Einsatz zu erneuern: Die evangelisierten Menschen waren nicht nur „Objekte“, sondern „Subjekte“ der Mission. Und der heilige Daniel Comboni wollte alle Christen zu Protagonisten der Evangelisierungstätigkeit machen. Und mit dieser Geisteshaltung dachte und handelte er ganzheitlich, indem er den Ortsklerus einbezog und den Laiendienst der Katechisten förderte. Die Katechisten sind ein Schatz der Kirche: Die Katechisten sind jene, die in der Evangelisierung vorangehen. So fasste er auch die menschliche Entwicklung auf, indem er sich um Handwerke und Berufe kümmerte, die Rolle der Familie und der Frau im Wandel der Kultur und der Gesellschaft förderte. Und wie wichtig ist es auch heute, den Glauben und die menschliche Entwicklung aus dem Innern der Missionsbereiche heraus fortschreiten zu lassen, statt äußere Modelle dorthin zu verpflanzen oder sich auf ein unfruchtbares Wohlfahrtsdenken zu beschränken! Weder äußere Modelle noch Wohlfahrtsdenken. Der Kultur der Völker den Weg der Evangelisierung entnehmen. Die Kultur evangelisieren und das Evangelium inkulturieren: Beides gehört zusammen.

Combonis große missionarische Leidenschaft war jedoch nicht in erster Linie Frucht menschlichen Bemühens: Er wurde nicht von seinem Mut angespornt oder nur von wichtigen Werten wie Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden motiviert; sein Eifer erwuchs aus der Freude des Evangeliums, schöpfte aus der Liebe Christi und führte zur Liebe zu Christus! Der heilige Daniel schrieb: „Eine so harte und mühsame Mission wie die unsere kann nicht von Patina leben, von Subjekten mit krummem Nacken voll Egoismus und voll von sich selbst, die sich nicht so um das Heil und die Bekehrung der Seelen kümmern, wie es notwendig ist.“ Das ist das Drama des Klerikalismus, der die Christen, auch die Laien, dahinführt, sich zu klerikalisieren und sie – wie er hier sagt – zu Subjekten mit krummem Nacken voll Egoismus zu machen. Das ist die Pest des Klerikalismus. Und er fügte hinzu: „Man muss in ihnen das Feuer der Nächstenliebe entzünden, die ihre Quelle in Gott und in der Liebe zu Christus hat; wer Christus wahrhaft liebt, dem werden Entbehrungen, Leiden und Martyrium zu einer erträglichen Last.“ (Schriften, 6656). Sein Wunsch war es, glühende, freudige, engagierte Missionare zu sehen. „Heilige und fähige“ Missionare, schrieb er: „Erstens: heilig, also der Sünde fern und demütig. Aber das reicht nicht: Es bedarf der Liebe, die die Subjekte fähig macht“ (Schriften, 6655). Die Quelle der missionarischen Fähigkeit ist für Comboni also die Liebe, insbesondere der Eifer, sich die Leiden anderer zu eigen zu machen.

Außerdem brachte seine Leidenschaft für die Evangelisierung ihn nie dazu, als Solist zu handeln, sondern immer in Gemeinschaft, in der Kirche. „Ich habe nichts als das Leben, das ich dem Heil jener Seelen weihen kann“ – schrieb er –, „ich hätte gerne tausend davon, um sie zu diesem Zweck hinzugeben“ (Schriften, 2271).

Brüder und Schwestern, der heilige Daniel bezeugt die Liebe des guten Hirten, der auf die Suche geht nach denen, die verloren sind, und das Leben für die Herde hingibt. Sein Eifer war energisch und prophetisch im Widerstand gegen Gleichgültigkeit und Ausgrenzung. In den Briefen tadelte er betrübt seine geliebte Kirche, die Afrika allzu lange vergessen hatte. Combonis Traum ist eine Kirche, die sich auf die Seite der Gekreuzigten der Geschichte stellt, um mit ihnen die Auferstehung zu erfahren.