Bei seinem Goldenen Priesterjubiläum 2016 hat der Provinzial Pater Karl Peinhopf den verstorbenen Mitbruder als Grenzgänger und Brückenbauer bezeichnet. Das sind sehr passende Ausdrücke für Pater Joseph Knapp. Grenzgänger ist ja nicht einer, der eine Grenze bewacht und verteidigt, sondern im Gegenteil einer, der gern mal über die Grenze wechselt, der sehen möchte, wie es auf der anderen Seite aussieht, der mit den Leuten dort den Kontakt und das Gespräch sucht. So einer war Pater Knapp. Er war keiner, der einfach Dienst nach Vorschrift machte. Er versuchte auch neue Wege. Er ging auf die Menschen zu, begegnete ihnen auf Augenhöhe, ließ sich von ihnen etwas sagen und sich inspirieren. Für ihn war klar, dass nicht nur die Afrikaner von den Europäern etwas lernen können, sondern diese auch von den Afrikanern. Auch im Religiösen ging es ihm nicht darum, in Europa gewachsene Ausdrucksformen des Glaubens in Afrika einzuführen. Er setzte sich mit deren Kultur und Religiosität auseinander und förderte sie.

So machte er mehrmals mit einem afrikanischen Chor eine Tournee durch europäische Länder. Wer einmal bei einem solchen Konzert dabei war, erlebte erstaunte und begeisterte Zuschauer und Zuhörer. Da zeigten sich die Afrikaner nicht als unfähige und hilfsbedürftige Arme, sondern als Künstler und Darsteller von einer ungewohnten Vitalität. So wurde er zum Brückenbauer zwischen Völkern und Kulturen, um das zweite Stichwort von Pater Peinhopf zu zitieren, zum Erbauer von Brücken, die nicht nur in einer Richtung begangen werden.

Noch etwas: Es gibt ja nicht nur den Unterschied zwischen der Art, wie Afrikaner und Europäer ihren Glauben verstehen und leben. Auch bei uns – und in Afrika – leben und verstehen die Menschen und besonders junge Menschen ihren Glauben heute anders als vor 60 Jahren. Auch ein alt gewordener Comboni-Missionar lebt anders und in einer anderen Welt und mit anderen Fragen, als zu der Zeit, als er Priester und Missionar geworden ist. Pater Knapp war einer, der sich solchen Fragen gestellt hat, der seinen Weg gesucht hat. Als er 2003 mit 63 Jahren aus Afrika zurückkam, bat er deshalb, nahe bei den Leuten als Seelsorger bleiben zu können, konkret als Pfarrvikar in Waidbruck und Kollmann in Südtirol zwischen Brixen und Bozen.

Sein äußerer Werdegang ist der typische für die meisten Mitbrüder jener Zeit: Geboren am 14. Februar 1941 im Südtiroler Dorf Pfalzen bei Bruneck, kam er mit elf Jahren ins Missionsseminar in Milland bei Brixen. Nach dem Noviziat in Mellatz bei Lindau machte er die theologischen Studien wieder in Brixen und wurde dort 1966 zum Priester geweiht. 32 seiner 52 Priesterjahre verbrachte er in Südafrika. Gestorben ist er am 12. Januar 2019 in Bozen.

Pater Reinhold Baumann