Zehntausende südsudanesische Flüchtlinge kehren in ihre Heimat zurück, um der Gewalt im Sudan zu entkommen, doch viele von ihnen sitzen in abgelegenen Grenzgebieten fest.
Alekiir Kaman Dau Ayuel, 25, sitzt mit ihrer Mutter, ihren Tanten und Brüdern unter einem Baum vor einem Transitzentrum im Bezirk Renk im südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile. Sie haben gerade die Grenze zum Sudan überquert, nachdem sie nur knapp aus Khartum entkommen sind, wo die Kämpfe weitergehen. Alekiir studierte Informatik an der International University of Africa in Khartum und hatte vor dem Ausbruch der Gewalt am 15. April vor, auf Biologie zu wechseln. In ihrer Angst suchten sie und ihre Familie Schutz in ihrem Haus, während auf der Straße Kämpfe tobten. Sie konnten Schüsse und Luftangriffe hören. „Viele Menschen starben, und die Leichen wurden nicht einmal begraben, sondern lagen einfach auf der Straße“, berichtet sie. Als die Kämpfe nachließen, nutzten sie ihre Chance zur Flucht. Sie stiegen in einen Bus und ließen alles zurück, um im Südsudan Sicherheit zu suchen, einem Land, aus dem sie fast ein Jahrzehnt zuvor auf dem Höhepunkt eines brutalen Bürgerkriegs geflohen waren. „Ich dachte, ich müsste Khartum eines Tages verlassen, wenn ich mit der Universität fertig bin und nach Arbeit suche, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es zum Krieg kommen würde“, sagt Alekiir.
Rund 800 000 südsudanesische Flüchtlinge lebten im Sudan, aber seit dem Ausbruch der Gewalt in Khartum und ihrer raschen Ausbreitung auf andere Landesteile sind fast 46 000 in das Land zurückgekehrt, aus dem sie einst geflohen waren. Malual Mayom Deng und seine Familie haben das meiste Geld, das sie hatten, für Bustickets ausgegeben, um den Sudan zu verlassen. „Eine Person kostete 35.000 sudanesische Pfund [58 US-Dollar], und wir sind acht, also war es sehr teuer“, erklärt er. „Wir haben zwei Tage gebraucht, um in den Südsudan zu kommen.“ Die letzte Etappe der Reise legten sie in einem Eselskarren zurück, der mit ihren einzigen verbliebenen Habseligkeiten beladen war.
Für Alekiir und ihre Angehörigen war es nicht das erste Mal, dass sie vor einem Konflikt flohen. „Im Jahr 2016 sind wir wegen der Krise aus dem Südsudan gefohen“, erinnert sich Malual. „Wir wurden zu Flüchtlingen im Sudan; wir wollten Sicherheit. Und jetzt sind wir wieder auf der Flucht, zurück in unsere Heimat.“ Ihr Zuhause liegt in der Region Northern Bahr el Ghazal, Hunderte von Kilometern entfernt, aber es ist nicht klar, wie sie dorthin gelangen werden. Selbst die Kontaktaufnahme mit Familienmitgliedern in der Heimat ist aufgrund der schlechten Mobilfunkverbindungen eine Herausforderung.
Diejenigen, die in ihre Heimat zurückkehren können, werden wahrscheinlich Gemeinschaften vorfinden, die aufgrund des Klimawandels, des Konflikts und der unsicheren Ernährungslage extrem instabil sind. „Der Südsudan befand sich bereits in einer großen humanitären Krise“, so Lillian Sabasi, Associate Protection Officer des UNHCR. „Eine große, ungeplante Zahl neuer Rückkehrer könnte die ohnehin schon angeschlagenen lokalen Gemeinschaften destabilisieren und die Krise noch verschlimmern.“
Alekiir und ihre Familie hoffen, in ihr Haus in Melut im südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile zurückkehren zu können. „Bevor die Gewalt in Khartum ausbrach, hatte ich viele Pläne“, erzählt sie. „Ich wollte Ärztin werden und arbeiten, um Menschen zu helfen. Jetzt weiß ich nicht, wie es weitergeht“, fügt sie hinzu. „Solange ich noch am Leben bin, habe ich noch eine Chance, etwas zu tun“.
Unterdessen bereitet sich die katholische Kirche im Südsudan auf die Aufnahme von Flüchtlingen vor. Bischof Matthew Remijio Adam Gbitiku von Wau (Südsudan), ein Comboni-Missionar, hat alle Menschen in seiner Diözese schriftlich aufgefordert, sich auf die Aufnahme der Menschen vorzubereiten, die auf der Suche nach Sicherheit ankommen. „Mit dem Brief, den ich an alle Ordensgemeinschaften hier in der Diözese gerichtet habe, habe ich darauf hingewiesen, dass zumindest wir alle unsere Häuser für unsere Brüder und Schwestern öffnen, die im Sudan sind“.
Bischof Stephen Nyodho von Malakal hat die Situation der aus dem Sudan fliehenden Menschen angeprangert, die weiterhin in die Hauptstadt des Oberen Nils strömen, wo sie vorübergehend in Ruweng Zuflucht suchen. „Die Reaktion der Regierung lässt weiterhin auf sich warten, während Tausende von Menschen in Riverside, in Ruweng und auch in Melut festsitzen“, erläutert Bischof Nyodho und ergänzt: „Die Caritas der Diözese Malakal hat Boote zur Verfügung gestellt, damit diese Menschen den Fluss nach Malakal überqueren können“.
Die südsudanesische Regierung hat nach eigenen Angaben ein Dutzend Lastwagen geschickt, um ihre in der sudanesischen Hauptstadt Khartum eingeschlossenen Bürger in den südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile zu bringen. Die humanitäre Lage in diesem Bundesstaat ist aufgrund der hohen Zahl von Binnenvertriebenen, die durch den Bürgerkrieg im Südsudan verursacht wurden, schwierig.