Jemen: „Kein Kriegsende, solange Waffenverkauf davon profitiert“
Es herrscht Krieg auf der arabischen Halbinsel, doch die westlichen Medien scheinen davon wenig Kenntnis zu nehmen. Dass sagte Paul Hinder, der Apostolische Vikar, für Südarabien mit Sitz in Abu Dhabi, im Gespräch mit Radio Vatikan. Denn in den arabischen Staaten gebe es „relativ wenig“ öffentliche Diskussionen, was im Land an der Südspitze der Halbinsel seit Jahren passiert, so der Schweizer Kapuziner, der seit mehreren Jahren im arabischen Raum lebt. Alle Länder der arabischen Halbinsel, die auch das Vikariat von Paul Hinder abdeckt, sind in den Kämpfen im Jemen beteiligt: Bahrain, Saudi-Arabien, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar. Die Medien in diesen Staaten berichteten zwar genauso wie die internationale Presse über die zahlreichen Toten im Jemen, sagt Paul Hinder: „Aber ich habe wenig Diskussionen über die Problematik des Krieges erlebt. Ich denke, das geschieht – wenn es überhaupt geschieht – hier zwischen den Einheimischen untereinander im der ,vertrauten Stube´ und eher weniger gegenüber Ausländern.“
Ohnehin vertraut der Bischof nicht allen Informationen, die er über die verheerenden Kämpfe im Jemen bekommt. In Kriegssituationen sei die Wahrheit immer die Verliererin, sagt Bischof. Es gebe zu viele Fehlmeldungen auf allen Seiten der Kriegsparteien – ob absichtlich oder nicht, will er nicht beurteilen. Am besten wäre es für ihn, sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Doch das sei derzeit nicht möglich. Er ist angewiesen auf einige Personen im Jemen, mit denen er im Kontakt ist, um einen Überblick zu haben. Aber auch das reiche nicht aus, sagt Paul Hinder gegenüber Radio Vatikan: „Das Land ist ja so kompliziert strukturiert, allein schon geographisch, dass es oft unmöglich ist, zu wissen, was genau wo vor sich geht. Wenn etwas in al-Hudaida passiert, dann hat das nicht unbedingt Konsequenzen in Sanaa. Was in Aden passiert, ist was anderes, als was in Hadramaut geschieht. Das macht schon innerhalb des Landes die Unübersichtlichkeit aus. Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass ausländische Mächte da mitspielen, dann wird das noch komplizierter.“ Und diese ausländischen Mächte sind nicht nur die Nachbarsaaten. Auch westliche Staaten spielen indirekt bei dem Krieg mit, der als Bürgerkrieg begonnen hatte und 2015 in einem offenen Krieg eskalierte. Hat doch US-Präsident Trump erst im Mai 2017 ein Waffendeal über 350 Milliarden US-Dollar mit Saudi-Arabien geschlossen, dem Staat, der die arabische Militärintervention im Jemen anführt. Für Paul Hinder hemmt das die Friedenshoffnungen für das zerstörte Land:
„Meines Erachtens besteht das Problem daran, dass zu viele Leute an diesem Krieg auch gewinnen. Das sind natürlich nicht diejenigen, die darunter leiden, sondern die von Waffenverkauf und anderen Sachen, die da mitspielen, profitieren. Solange sich da nichts ändert, werden auch die Waffen nicht schweigen, sagt der Bischof. Man brauche jetzt schon einen festen Glauben, um einen Hoffnungsschimmer für Frieden im Jemen zu sehen. Die letzten Tage haben zusätzlich gezeigt: Mit dem Hoffnungsschimmer könnte es schwerer werden. Noch kämpfen nämlich Katar und die anderen arabischen Staaten gemeinsam gegen die Rebellen im Jemen. Doch seit einigen Tagen boykottieren und isolieren die Nachbarstaaten Katar – politisch und wirtschaftlich. Wie sich das auf den Jemen auswirken wird, kann Bischof Paul Hinder noch nicht sagen. Aber feststeht: Für die Versöhnung auf der arabischen Halbinsel werde es Folgen haben. (rv)