Nach dem Studium hatte Pater Moses Otii aus Uganda bestimmte Vorstellungen von seinem Priesterdienst. Bei seiner Arbeit in Bangui (Zentralafrikanische Republik) wird er mit ganz anderen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert.

Nach dem Theologiestudium in Innsbruck wurde ich in die Zentralafrikanische Republik gesandt. Ein Land, dass sehr reich an Bodenschätzen ist, mit einer Oberfläche von 623.000 km² und nur 4,5 Millionen Einwohnern. Die Situation des Landes war damals noch ruhig. Man konnte sich einfach – ohne Sorgen – bewegen. Christen und Muslime lebten gemeinsam. Es gab Jugendliche von verschiedenen Konfessionen, die zum Lernen immer zu uns in die Kirche gekommen sind. Die Jugendlichen hatten gemeinsam Fußball gespielt und Filme in der Pfarrei geschaut.

Durch politische und ökonomische Gründe hat sich das Zusammenleben seit 2013 sehr geändert. Junge Leute werden manipuliert, zu denken, dass die zentralafrikanische Krise von der Religion abhängig ist. Dies stimmt nicht! Die Krise ist vielmehr eine politische und ökonomische Krise. Es geht vor allem um Rohstoffe. Es herrscht viel Chaos im Land.

Die Pfarrei, wo ich tätig bin, wurde schon vier Mal überfallen. Der letzte Überfall war voriges Jahr während des Festes von St. Josef, dem Arbeiter (1.5.2018). Wir waren noch bei der Messe. Bewaffnete Menschen sind gekommen und haben Teilnehmer des Gottesdienstes umgebracht und über hundert Menschen schwer verletzt. Unter den Ermordeten befand sich auch ein Priester. Der Anschlag auf unsere Gemeinde ist eine Attacke nicht nur auf unsere Pfarrei, sondern auch auf die anderen kirchlichen Gemeinden in Bangui und außerhalb Banguis.

Nach meinem Studium dachte ich, dass ich irgendwo in eine Pfarrei kommen werde und eine normale Aufgabe und den üblichen Priesterdienst übernehmen werde. Leider war es nicht so! Nach nur einem Jahr hat sich das Grundstück der Pfarrei in ein Flüchtlingslager umgewandelt. Es gab ungefähr 6000 Menschen, die ihre Häuser verlassen haben, um Sicherheit in der Pfarrei zu suchen. Die Menschen waren fast dreieinhalb Jahre lang bei uns in der Pfarrei. Ich studierte Philosophie und Theologie, um die Menschen zu begleiten, aber die Situation am Ort war ganz anders. Ich musste praktische Medizin lernen. Ich musste als Hebamme helfen, Behandlungen von Malariafällen durchführen… Diese Erfahrungen haben mich ganz nahe zu den Menschen gebracht. Wir haben gemeinsam gelitten und geweint und wir versuchten immer wieder, gemeinsam aufzustehen. Die Zeit hier hat mir ein neues Verständnis von Mission geschenkt.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist jung. Es gibt viele junge Leute ohne Orientierung, Perspektive und Arbeit. Deswegen können sie einfach von den Politikern manipuliert werden. Unsere Arbeit besteht darin, den Jugendlichen eine Perspektive und eine Zukunft zu geben. Doch wie kann man eine Perspektive geben in einer Situation, wo andere Weltmächte dahinterstecken?

Es ist nicht leicht, die ganze Dynamik dieses Krieges zu verstehen, um etwas zu ändern. Frankreich bestimmt immer noch viel im Land. Vor einem Jahr hat der Präsident des Landes die Russen eingeladen. Diese arbeiten gemeinsam mit den Soldaten, die von ihnen ausgebildet worden sind. Ich vermute, dass ihre Hilfe nicht ohne Gegenleistung sein wird. Der Reichtum des Landes spielt eine sehr große Rolle. Von vielen Ländern wird die Zentralafrikanische Republik deshalb begehrt. Wir haben Angst, dass diese Länder bald oder später miteinander andere Kriege führen werden.

Trotz aller Schwierigkeiten bleibt die Kirche das einzige Zeichen der Hoffnung. Mehrere Priester wurden bereits umgebracht. Die Hoffnung wird nicht nur von den Priestern oder Bischöfen getragen. Das ganze Volk trägt sie. Es gibt Frauen und Männer, Kinder und junge Leute, die sich nicht entmutigen lassen. Obwohl nach den vielen Überfällen die Sicherheit in der Pfarrei nicht gegeben ist, werden die Gottesdienste immer gut besucht. Es gibt Aktivitäten, die von Jugendlichen getragen werden. Die Leitung der Zentralafrikanischen Kirche sucht Wege, damit die Situation der Jugendlichen nicht ausweglos bleibt. Wir begleiten in der Pfarrei Menschen, die traumatisiert sind. Die meisten davon sind jung. Es gibt viel zu tun im Bereich der Ausbildung und der Gesundheit. Wir beten und hoffen, dass die Menschen, die zur UNO gehören und die, die andere Mächte hier im Land vertreten, sich wirklich für den Frieden einsetzten und nicht nur für ihr eigenes Interesse.

Pater Moses Otii