„Das Alter in einer gelassenen und fruchtbaren Weise leben.“ – Das ist die Überschrift über dem Kurs, an dem ich vom 8. September bis 5. November 2018 in Limone und Rom teilgenommen habe. Es ging bei dem Kurs um physische, psychologische und spirituelle Aspekte, die zum älter und reifer Werden dazugehören. Wir waren eine internationale Gruppe von 23 Teilnehmern aus Italien, Spanien, Portugal, Mexiko, den USA und Deutschland im Alter zwischen 72 und 85 Jahren. Noch internationaler waren die Arbeitsfelder der Teilnehmer, um nur einige zu nennen: Philippinen, Südafrika, Kenia, Uganda, Ägypten, Sudan und Südsudan, Kongo, Togo, Benin, Mosambik, Mexiko, Mittelamerika, Peru und Brasilien. Ich spürte dort eine weltweite Gemeinschaft mit jeweils ganz unterschiedlichen Erfahrungen. Wir wollten innehalten auf unserem Lebensweg und hinschauen auf uns selbst. Es war weniger, was wir noch tun wollen und tun können, als vielmehr unsere Situation anzunehmen wie sie ist. Dazu halfen einige Hinweise, wie jeder versöhnt mit sich und den anderen seinen Weg weitergehen kann.
Die große Schwierigkeit war für mich die italienische Sprache. Ich hatte zur Vorbereitung zwei Monate lang in Deutschland italienisch gelernt und noch einen fünfwöchigen Sprachkurs in Florenz besucht. Ich merkte, dass es viel schwerer geworden ist, in meinem Alter neue Worte zu behalten. Oft habe ich angesetzt italienisch zu sprechen, doch dann fiel mir das richtige italienische Wort nicht ein, sondern ich erinnerte mich an Englisch und Zulu.
Ein wichtiger Aspekt war, das eigene Leben anzuschauen und dabei das wahrzunehmen, was mich jetzt noch bewegt, was jetzt noch weh tut, und auch das, wofür ich Gott von Herzen danken kann, weil es in meinem Leben geschah. Auch die Wunden, die jeder im Laufe seines Lebens abgekommen hat, wurden angesprochen. Es wurden einige Wege aufgezeigt, wie die Wunden, die uns das Leben geschlagen hat, heilen können. Wir haben viele Impulse bekommen, die wir in ruhiger Stunde, im Gebet, beim Spazieren gehen, beim Studium vertiefen und miteinander austauschen konnten. Es war jedem eine große Freiheit gegeben, wie er damit umging.
Auch die Information über die physische Seite des Älterwerdens, wie durch körperliche und geistige Aktivitäten sowie durch eine gesunde Ernährung die Gesundheit gefördert werden kann, kamen nicht zu kurz. Im Alter bleiben positive menschliche Beziehungen wichtig, aber auch eine vernünftige Arbeit und die Freizeitgestaltung gehören dazu. Im Älterwerden verabschieden wir uns von vielem, das war. Nur so können wir offen bleiben für neue Begegnungen.
Ich möchte noch auf zwei verschiedene Haltungen hinweisen, die zum Leben dazugehören: Empfangen und Erwarten. Beides gehört zum Leben, in der Kindheit und im Alter mehr das Annehmen, im aktiven Leben mehr das Erwarten. Wir wollten ja noch etwas erreichen in unserem Leben. Eine Ausgewogenheit zwischen beiden Haltungen ist hilfreich, wie sie im Gebet ausgedrückt ist: „Herr, gib mir den Mut zu ändern, was ich ändern kann, die Gelassenheit anzunehmen, was ich nicht ändern kann, und die Weisheit, beides voneinander unterscheiden zu können.
Gerade im Alter sind wir gerufen Zeit zu haben für uns und andere und gelassen anzunehmen, was auf uns zukommt.
Pater Bernhard Riegel