Liebe Freunde unserer Mission in Peru,
Alle fragen uns, hier und dort, wie es uns geht in Zeiten der Pandemie.
In Peru sind wir bei der zweiten Welle angelangt, und die Hoffnung, dass es mit der Lockerung der Quarantäne trotzdem nicht schlimmer wird, ist wenigstens bei mir nicht groß. Die Deutsche Welle informiert auch hier in Peru, dass es in Deutschland schon Sorge um die dritte Welle gibt und trotz allem Impfen die Experten noch lange nicht grünes Licht geben. Wann wird die Welt begreifen, dass es Gott um viel mehr geht als um die Sorge für das Einkommen, bei uns heißt es das Auskommen, das tägliche Brot? Die Leute müssen auf die Straße, sonst haben sie nichts zu essen. Sparen ist ein Fremdwort hier.
Man war es gewohnt, dass es das ganze Jahr etwas zu ernten gibt, aber das galt für die Anden und den Regenwald; dort und hier in Tälern an der Küste, wo sie sich der Landwirtschaft widmen, fehlt es wenigstens nicht am täglichen Brot. Aber hier sind es Tausende von Zugewanderten – auf Grund der Hoffnung einer besseren Zukunft, d.h. Schule bis zur Universität, langen Trockenperioden und dem Terrorismus kam es zu einer massiven Wanderung in die Städte geführt. Konkret hier in Trujillo ist unser Kreis „El Porvenir“, d.h. „Die Zukunft“, von 9.000 Quadratkilometer auf 36.000 Quadratkilometer gewachsen, d.h. die Wüste wurde besiedelt. Man sagt, jedes Jahr kommen 5.000 dazu; trotzdem, ich konnte nur staunen, wie ich in meinem letzten Brief erwähnt habe, dass heute der Kreis „El Porvenir“ zu einer normalen Siedlung gewachsen ist; als ich vor 19 Jahren, als ich zum ersten Mal Trujillo besuchte, nur armselige Hütten sah, scheint heute das Ideal ein dreistöckiges Haus zu sein und wenn es der Vater nur bis zum ersten Stock gebracht hat, dann zeigen die Eisenpfeiler, die nach oben zeigen, dass der Sohn die restlichen Stockwerke hinbekommen wird.
Das Problem, das ich für die Pfarrei sehe, ist folgendes: Wie kommen wir in Zeiten der Pandemie zu den Ärmsten hin, die da oben im Sand der Wüste angelangt sind und eben auch hoffen, bauen zu können? Aber die Hauptsorge ist jetzt, täglich etwas zu essen zu haben. Wenn ich nicht auf der Straße verkaufen kann, mit einem kleinen Geschäft oder Verkauf von Essen oder irgendetwas, was die Leute kaufen können, dann helfen nur gemeinsame Küchen mit dem Eintopf. Auf diese Weise ist wenigstens der Hunger bekämpft.
Vor unserem Haus haben an der Hauptstraße Mechaniker eine Werkstatt am Straßenrand improvisiert; tatsächlich kommen Leute und lassen am Auto etwas richten. Also der Peruaner ist sehr erfinderisch, wenn es ums nackte Leben geht…
Aber die Not ist einfach so groß und schreit wirklich zum Himmel. Nur das eine Beispiel einer Frau, die mich erneut um Hilfe ersucht hat. Ihre Schwiegertochter liegt auf der Intensivstation, und Sauerstoff ist dringend notwendig. 3.000 Soles kostet eine Flasche bei Tag und Nacht, und das reicht nur für zwei Tage. Wenn sie die nicht bekommt, ist sie nicht mehr zu retten, so wie ihre Angehörigen, eine Mutter, 38 Jahre alt und ihre Tochter, 18. Beide sind gestorben, weil niemand ihnen den nötigen Sauerstoff bezahlen konnte. Im Fall der Schwiegertochter hat ihre Schwester, die selber Covid hatte, schon alles Vieh verkauft, das Haus verpfändet. Die Familie lebt nun in einer armseligen Hütte, eben um ein Dach über dem Kopf zu haben, wo jetzt in den Anden die Regenzeit verheerende Überschwemmungen und Erdlawinen verursacht
Soweit wieder ein Einblick in unsere Situation. Wir sind im Hochsommer, und im Haus haben wir fast 30 Grad; und da es auch etwas geregnet hat – seit vier Monaten wohl der erste Regen mit wohl etwas mehr als fünf Litern in der Nacht – ist es noch schwül dazu.
In der Hoffnung, dass es Ihnen und Ihren Angehörigen noch gut, bleibe ich mit dankbarem Gruß und meinem priesterlichen Segen in alle Himmelsrichtungen morgens und abends und bei der täglichen Eucharistiefeier
Pater Alois Weiß