Liebe Freunde,
es sollte ein Weihnachtsrundbrief werden oder zumindest ein Dankesbrief zum vergangenen Jahreswechsel. Jetzt ist es ein Dankesbrief zum Februar 2023. Immerhin ist in den vergangenen Wochen sehr viel mit unserer großen Menschenfamilie geschehen. Kaum war die außergewöhnliche und vielfach kritisierte Fußball-Weltmeisterschaft in Katar zu Ende, stand auch schon Weihnachten vor der Türe. Argentinien feierte den WM-Titel, während Brasilien schon bald um den verstorbenen Pelé trauern würde. Auch die katholische Kirche hatte Grund zur Trauer durch den irgendwie sich anbahnenden Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI genau zur Jahreswende, was hier eine Randnotiz war.
Und so befinden wir uns schon im Februar des neuen Jahres. So wird uns dieser Monat gut in Erinnerung bleiben. Papst Franziskus wagt zusammen mit Vertretern anderer Kirchen einen historischen Besuch im Südsudan, um zum Friedenprozess zu motivieren, während der Kriegsschauplatz in der Ukraine seit einem Jahr weiterhin die Nachrichten mit Sorge, Angst, Tod, Sanktionen, Waffenlieferungen und den Wunsch nach Frieden bestimmt.
Auch hierzulande geht es um Frieden und Stabilität, denn wir lernen derzeit, wie man mit Gewalt, organisierter Kriminalität und dem tagtäglichen Morden auf der Straße umgeht, sei es wegen dem Drogenhandel, Erpressung, Entführung, Racheakte wegen Anzeige gegen „Gangster“ und deren Handlanger. Es vergeht fast keine Woche, ohne dass mich bzw. uns als Familie Todesnachrichten aus dem Bekannten- und Freundeskreis erreichen. Leider kommt man sehr einfach an Waffen, und die Justiz tut so gut wie gar nichts, eben aus Angst, dass sie zu den nächsten Opfern gehören. So macht sich große Unsicherheit und Angst breit. Trotz allem bin ich weiterhin fast immer alleine, jedoch vorsichtiger im Auto unterwegs.
Die Regierung versucht durch Ausgangssperren, Razzien und Straßenkontrollen, sei es durch die Polizei oder das Militär, die Bevölkerung zu beruhigen, doch bei so einer gut organisierten Kriminalität ist das schier unmöglich. Auch wir als kleine Ortskirche mit unserem neuen Bischof sitzen im gleichen Boot und müssen uns diesen Situationen und Herausforderungen stellen; wie dem so brutalen „Drogenhandel“ und Kopfgeldjägern in unserer Provinz. Die Provinz Esmeraldas zählt zu einer der gefährlichsten mit der höchsten pro Kopf-Mordrate in Ecuador.
Insgesamt steigt in Ecuador der Drogenkonsum vor allem bei jungen Menschen ohne jegliche Kontrolle. Das Land versumpft mehr und mehr in Korruption, Gewalt und brutaler Kriminalität. Die Pandemie hat diese soziale, politische und wirtschaftliche Krise zusätzlich forciert, und jetzt sind der Hunger und die Bandenvorherrschaft die treibende Kraft.
Wenn dieser Dankesbrief eintrifft, sind hier die Kommunalwahlen bereits gelaufen. Wahlrecht heißt in Ecuador gleichzeitig auch Wahlpflicht, denn sonst zahlt man dafür eine Geldstrafe von zirka $ 45,00. Wahlpflicht gilt ab 18 bis 65 Jahre. Ohne das Wahlzertifikat kann man viele Amtshandlungen nicht durchführen. Deswegen sind die Stimmen von zig Parteien heftig umkämpft. Der Wahlkampf gleicht einem bunten Treiben und bewegt viel Geld. Es geht dabei sehr laut zu! Meist werden junge Frauen und Männer fürs Mitmachen dafür bezahlt!
Auch bei mir hat sich mit dem Bischofswechsel einiges verändert. Seit Anfang November habe ich zwei Büroräume neben dem Bischofshaus. Das erleichtert die Arbeit mit dem Bischof sowie der Verwaltung, und vor allem bin ich somit für die Schulen, Projekte, Pfarreien, Gruppen und BesucherInnen besser erreichbar. Unter Bischof Antonio Crameri hat die Projektarbeit ziemlich zugenommen. Deshalb lerne ich einen Assistenten ein, denn dieses Handwerk braucht viel Übung und Geschick. Ihre Spenden verwende ich für den Schul- und Ausbildungsbedarf, und Vorrang haben die Schulen im Erdbebengebiet vom 16. April 2016.
Hoffnung auf Frieden bestimmen diesen Dankesbrief: „MUCHAS GRACIAS“, sprich von HERZEN DANK für all die von Ihnen erhaltene Mithilfe, in Form von Spenden, Gebeten und positiven Gedanken die mir Motivation, Verbundenheit, Zuversicht und Vertrauen bedeuten.
Mit vielen guten Wünschen und herzlichen Grüßen,
Mike Zipf