14. Dezember 2023

Liebe Freunde und Wohltäter,

wieder sitze ich vor einem leeren Blatt und versuche, einen thematischen Einstieg in meinen diesjährigen Weihnachtsbrief zu finden. Es gab so viele Ereignisse in diesem Jahr, und eigentlich wollte ich schon zwischendurch mal schreiben und danken für all die Unterstützung, die wir erhalten. Weihnachten ist und bleibt eine gute Brücke, um das nachzuholen und wieder Kontakt zu knüpfen.

Du hast den Geburtstag unterm Jahr vergessen und magst den Kontakt nicht ganz einschlafen lassen: Schreib einen Weihnachtsgruß. Du hast es das ganze Jahr nicht geschafft, dich zu melden: Diese Scharte lässt sich nun noch ausmerzen. Du weißt nicht recht, wie du die schon vor einer ganzen Weile abgerissene Verbindung wieder neu beleben könntest (man kann ja nach all den Jahren nicht einfach so mit der Tür ins Haus fallen): Weihnachten ist gleichsam unverfänglich genug, um über eine Karte mit schönem Motiv oder inspirierendem Spruch eine Wiederannäherung zu versuchen.

So ähnlich waren tatsächlich auch meine ersten Gedanken, als mich letzte Weihnachten ein Kartengruß aus sprichwörtlich heiterem Himmel erreichte: Ein Weggefährte aus früheren Tagen – der Kontakt zwischen uns war irgendwann im Alltag versandet. Nun die schöne Überraschung, auf die hin es nicht schwerfiel, nächste Schritte zu tun. Was war Weihnachten hier? Auf jeden Fall eine Brücke vom Gestern ins Morgen.

Für manche ist Weihnachten auch Motivation, es wieder neu mit Gott zu versuchen und im Gebet eine Brücke vom Alltag hin zum Ursprung und Ziel unseres Lebens zu beschreiten. Oft fühle ich mich abends nach der Arbeit erschöpft und müde und möchte eigentlich keine weitere Verpflichtung, sondern einfach ausruhen. Doch um 19 Uhr steht auf unserem Gemeinschaftsplan das Abendgebet. Trotz der Erschöpfung vom Alltag spüre ich in der Stille der Kapelle oder bei der Anbetung neue Kraft und Energie, ja oft auch neue Ideen in mir aufkommen. Das Gebet wird von der Pflicht zur Kraftquelle.

Anfang dieses Jahres begannen wir mit dem Bau einer Neugeborenen-Station, die auch sechs Plätze für Intensiv-Versorgung haben wird. Diese wird von der Irischen Botschaft durch Vermittlung von CUAMM finanziert. Im Februar freuten wir uns über den Besuch von Marga und Dr. Michael Köllinger, denen wir in Freundschaft sehr verbunden sind und die uns in vielfältiger Weise unterstützen – auch im Gebet oder indem sie Freunden von Matany erzählen, wie etwa bei einem besonderen Vortrag in Amberg im November dieses Jahres.

Im März sowie Oktober war Gudrun Marat aus Graz bei uns. Mit dem Projekt „Licht und Leben“ unterstützt sie gemeinsam mit Freunden und Spendern insbesondere den Spiel-Raum unserer Kinderabteilung sowie die Ausbildung Jugendlicher. Sie war schon mehrmals hier, und alle freuen sich, wenn sie da ist. Durch ihre empathische Art, die ihr innewohnt, kommen viele zu ihr, um ihre Geschichten mitzuteilen. Zu Ostern waren meine Schwester Margit und unsere Freunde Marita, Marianne und Johann auf Besuch, die uns auf vielfältige Weise über viele Jahre unterstützen und sich auch hier nützlich eingebracht haben. Der ersehnte Container, der von Johann mit Team mit vielen Hilfsgütern, aber insbesondere mit einem dringend erwarteten Traktor und einem Jauchefass beladen war, kam leider erst nach ihrer Abreise an.

Dr. Sally Graham, die bereits in den 90er-Jahren die Ausbildung traditioneller Hebammen in Matany förderte und auch immer wieder während Kurzbesuchen über die Jahre in unserer Krankenpflegeschule unterrichtete, war ebenfalls über Ostern bei uns, um „den Geist von Matany“ mit ihren 87 Jahren nochmals zu erleben.

Im Juni besuchte uns der Botschafter der Republik Irland, um den Stand des Neubaus der Neugeborenen-Station zu begutachten.

In unserer Pfarrei von Matany gab es Mitte Juni einen Wechsel von P. Denis Olok zu P. Isaac Izakare, beide Comboni Missionare. P. Isaac war bereits als Theologiestudent und Diakon da und hat sich hier rasch eingelebt. Eine Woche später gab es einen weiteren Abschied, und zwar vom langjährigen Chefarzt Dr. John Bosco Nsubuga (Dr. JB). Wir haben ihm ein wohlverdientes großes Abschiedsfest bereitet. Seine Beliebtheit, Echtheit und zugängliche Art kamen bei den vielen Darbietungen deutlich zum Ausdruck. Er wird hier fehlen, aber es ist verständlich, dass er nach all den Jahren jetzt bei seiner Familie leben will und deshalb eine Anstellung in der Nähe von Kampala angenommen hat.

Dr. Deusdedit Kateregga, sein Nachfolger, ist uns kein Unbekannter, war er doch als junger Arzt bereits 2013 in Matany. Er spezialisierte sich dann als Frauen- und Entbindungsarzt und kam 2021 wieder hierher zurück. Er liebt die Abgeschiedenheit Matany´s und die Herausforderungen der Arbeit hier. Unser medizinisches Team, das großartig zusammenarbeitet, wird gemeinsam mit dem Pflegeteam und anderen Mitarbeitern auch weiterhin das große Arbeitsvolumen bewältigen.

Dr. Friedrich Ullrich, der uns schon viele Jahre medizintechnisch berät, kam im Juli nach Matany, um ein neues Ultraschallgerät zu überbringen. Die Installation erfolgte durch Valentin Bauer, der eigens aus Umkirch im Schwarzwald angereist kam. Dr. Friedrich installierte mit unserem Team den neuen Kompressor für die Sauerstoffanlage und diverse andere Geräte.

Seit etwa zwei Jahren ist die finanzielle Absicherung des Krankenhauses stets gefährdet, aber das Vertrauen in die Vorsehung Gottes hilft weiterzumachen. Mitte des Jahres war die Zukunft sehr ungewiss. Dies teilte ich auch Dr. Emanuela mit, die schon viele Jahre hier unentgeltlich arbeitet. Sie befand sich gerade in Ferien in Italien. Wenige Wochen später erhielten wir eine große Spende von Pfarrer Don Mario, einem Jugendfreund ihres verstorbenen Mannes, Prof. Dr. Bonini, der vor seinem Tod hier einige Jahre großartige Arbeit leistete. Drei Wochen nach seiner Spende verstarb Don Mario. Das Geld hat uns geholfen, die letzten Monate weiter zu machen.

Erst vor wenigen Tagen teilte uns eine Wohltäterin, die uns seit vielen Jahren unterstützt, mit, dass sie vom Erbe ihrer verstorbenen Eltern eine größere Summe überweisen wird. Dies wird uns einen weiteren Monat über die Runden helfen. Doch bald werden wir erneut bangen und weiter auf Gottes vermittelnde Hilfe vertrauen müssen.

Mitte August gab es in Matany ein noch nie dagewesenes Fest, und zwar eine traditionelle Karimojong-Hochzeit eines italienischen Ärztepaares. Ricardo war vor ein paar Jahren für sechs Monate in Matany, und Giada beendete im August ihr Praktikum hier. Ihre Hochzeit wollten sie mit uns feiern, und so kehrte Ricardo an den Ort zurück, der ihm so viel bedeutet und der auch für Giada ein zweites Zuhause wurde. So entstand eine Brücke nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Kontinent zu Kontinent.

Seit Oktober haben wir Patricia und Sebastian aus dem Allgäu hier bei uns. Sie hatten schon viel über Matany gehört, an ihrer Hochzeit im Sommer für Matany gesammelt und dann einen dreimonatigen Einsatz während ihrer verlängerten Hochzeitsreise bei uns verwirklicht.

Und damit sind wir zurück beim Thema „Brücke“. Dankbar bin ich freilich auch darüber, dass Ihr alle dem Matany Hospital verbunden seid. Mit diesem Weihnachtsbrief wollen wir auch von unserer Seite her die Verbindung mit Euch halten. Er soll ein Zeichen unseres Dankes und unserer Wertschätzung sein für all die gute Hilfe, wie wir von Euch in verschiedenster Form erhalten. Zu Weihnachten sind wir wieder eingeladen, den Kontakt zueinander zu suchen und mit einem Brief, einem Telefonat, einem Besuch oder einer anderen Geste zum Ausdruck zu bringen, dass wir einander wichtig und wertvoll sind. Es ist ein schöner Brauch, einander zum Fest ein Zeichen der inneren Verbundenheit zu schicken. Wir feiern, dass Gott nie aufgehört hat, Kontakt zu uns Menschen zu suchen. Er wurde einer von uns. Lasst uns weiterhin versuchen, die Liebe Gottes durch unser Handeln in der Welt erfahrbar zu machen.

Euch allen wünsche ich von Herzen immer wieder eine gute Verbindung, eine stabile, tragende Brücke zu Gott und zu den Mitmenschen.

Euer Br. Günther Nährich mit Team