Wenn wir aus Kenia berichten, geht es in der Regel um Projekte und die Arbeit der Comboni-Missionare. In diesem Beitrag wollen wir einen Blick in die vorkoloniale Zeit richten.
Die kenianische Swahili-Küste ist voller Siedlungen, von denen einige bis ins 10. Jahrhundert zurückgehen. Abgesehen von den vielen Dörfern gibt es eine beeindruckende Anzahl von Städten mit festen, oft zwei oder dreistöckigen Gebäuden. Zu den bekanntesten Ruinen gehört Gedi, hundert Kilometer nördlich von Mombasa.
Gedi wurde Ende des 13. oder Anfang des14. Jahrhunderts gegründet, erreichte seine Blütezeit Mitte des 15. Jahrhunderts und wurde schließlich im frühen 16. Jahrhundert aufgegeben. Die gefundene Menge an Keramik zeigt, dass die Bevölkerung groß und relativ wohlhabend gewesen sein muss. Im 16. Jahrhundert scheint etwas geschehen zu sein, das das Leben in der Siedlung vorübergehend zum Erliegen brachte.
Überall findet man nur Keramik aus dem15. Jahrhundert, was belegt, dass im 16. Jahrhundert lediglich ein Teil der dicht bebauten Fläche bewohnt war. Anhand der zahlreichen Keramikscherben zeigt sich, dass der Ort im späten 16. Jahrhundert wieder bewohnt war. Sowohl die Wiederbesiedelung als auch die endgültige Auflassung sind auf die gleiche Ursache zurückzuführen: den Vormarsch der nomadischen Galla aus Somalia von Süden her.
Das Ausgrabungsareal umfasst den nordwestlichen Teil der Stadt mit der Großen Moschee, dem Palast, einer privaten Moschee und der dichtesten Ansammlung von Häusern. Außerhalb dieses Bereichs wurden einige Häuser und Moscheen sowie der Verlauf einer innerstädtischen Mauer freigelegt. Die ursprüngliche Stadt umfasste eine Fläche von etwa zwanzig Hektar, aber vermutlich war nur ein Teil dieser Fläche jemals bebaut. Eine etwa neun Meter hohe Mauer umgab die Siedlung.
Besucher, die in die Gedi-Ruinen kommen, sehen zuerst ein datiertes Grab. In den großen ovalen Grabstein ist ein Epitaph eingraviert, der teilweise verwittert ist, doch das Datum ist zu erkennen: A.H. 802/A.D. 1399 ist zu lesen. Bedeutsam ist das Grab, da durch die Zeitangabe Rückschlüsse auf die anderen Gebäude gezogen werden können. Daneben befindet sich das Grab der Flötensäule. Dies ist eine der Formen der Säulengräber, die man entlang der Küste Ostafrikas findet.
Die Große Moschee, die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut und hundert Jahre später wiederaufgebaut wurde, ist eine typisch ostafrikanische Gemeindemoschee oder Jumaa. Der Grundriss ist rechteckig mit drei Türen an jeder der langen Wände. Man erreicht sie über einen Innenhof mit einem Brunnen, einer Wasserleitung und einer Zisterne am nördlichen Ende sowie einem achteckigen Säulengrab an der südöstlichen Ecke.
Hinter dem Hof befindet sich eine überdachte Veranda, mit einem kleinen Lager und einer Treppe, die auf das Dach hinaufführt, von wo aus zum Gebet gerufen wurde. In der Nordwand der Moschee zeigt die Mihrab, die einst wie damals üblich mit chinesischen Tellern verziert war, in Richtung Mekka. Rechts vom Mihrab steht eine Minbar, oder Kanzel, mit drei Stufen. Das Dach wurde von drei Reihen rechteckiger Säulen getragen, von denen die mittlere Reihe in der Mitte des Gebäudes verlief und dabei den Blick auf die Mihrab verdeckte. Dies ist eine eigenartige Anordnung, die nur in Ostafrika zu finden ist.
Nur ein paar hundert Meter von der Großen Moschee entfernt steht der Palast von Gedi. Der Haupteingang besteht aus einem spitzen Bogen auf einer Empore, die man von beiden Seiten über einer Treppe mit einer Bank erreicht und die zu einem eingelassenen Innenhof führt. Solche Innenhöfe, die als Empfangsräume dienten, sind ein Merkmal der Wohnviertel in Gedi.
Im Boden des Platzes sind zwei Auffangbecken für Regenwasser. Diese findet man in allen Straßen und Höfen der Stadt, manchmal auch in den Räumen. Auf der linken Seite des Empfangsplatzes befinden sich ein großer Brunnen und ein offener Hof, in der Mitte ein Becken mit einem größeren Loch als bei den anderen. Der Platz wurde vermutlich zum Waschen von Kleidung genutzt.
Ein Durchgang führt vom Empfangsplatz zum Gerichtsplatz. Dies ist ein rechteckiger Hof, der vor dem Hauptblock des Palastes verläuft, mit Tribünen auf der Ost-, Süd- und Westseite. Ursprünglich gab es eine Treppe in der Mitte der südlichen Empore, aber diese wurde überbaut, als der Palast erweitert und die Tribüne verbreitert und angehoben wurde. In ihrem endgültigen Zustand, wie man sie heute sieht, gibt es eine Bank am östlichen Ende, wo die Richter saßen und bis zum Mittag durch die Wand hinter ihnen vor der Sonne geschützt waren.
Bisher wurden weitere vierzehn große Häuser und eine Reihe kleinerer Wohnungen ausgegraben. Alle Häuser waren einstöckig. Gedi war im Gegensatz zu Lamu, Pate sowie dem alten Malindi und Mombasa im Wesentlichen eine Provinzstadt. Die Dächer waren aus Kalkbeton, manchmal mit quadratischen Fliesen an der Unterseite, und wurden von quadratischen Mangrovenstangen getragen. Swahili-Ruinen wie Gedi helfen uns, die Lebensqualität der Menschen in der Vergangenheit zu verstehen.
G.C., combonimissionaries.co.uk