Bruder Paolo Rizzetto ist ein italienischer Comboni-Missionar aus der Gegend von Venedig, der seit 2012 als ausgebildeter Arzt im Südsudan arbeitet. 2017 wurde ihm die Verwaltung und Leitung des Missionskrankenhaus Mapuordit übertragen, das trotz seiner 113 Betten immer voll ausgelastet ist. Im Gespräch mit Bruder Hans Eigner berichtet er von seinen Aufgaben.
Da es im kriegsgebeutelten Südsudan kaum Ausbildungsstätten für klinisches Personal gibt, kommt qualifiziertes Personal, wie die ausgebildeten Krankenpfleger und Ärzte, meist aus Uganda, viele davon aus dem Krankenhaus von Matany, wo der Comboni-Missionar Bruder Günther Nährich arbeitet. Andere Angestellte und einfaches Pflegepersonal kommen aber fast ausschließlich aus der lokalen Bevölkerung.
Entstanden aus einer kleinen Krankenstation
Die Missionsstation von Mapuordit wurde 1993 gegründet, als sich immer mehr Bürgerkriegsflüchtlinge vom Volk der Dinka in diesem unzugänglichen Gebiet niedergelassen hatten. Aus der anfänglich kleinen Krankenstation der Mission ist mit der Zeit ein für diese Gegend sehr wichtiges Krankenhaus entstanden, das unter der Trägerschaft der Diözese steht und dem Distrikt-Krankenhaus an Ausstattung und Belegung in nichts nachsteht. Neben den über 100 stationären Patienten, die neben der medizinischen Behandlung auch jeden Tag eine warme Mahlzeit aus der Krankenhausküche bekommen, hat das Krankenhaus tagtäglich zwischen 200 und 400 ambulante Patienten zu versorgen. Auf dem Krankenhausgelände steht Angehörigen außerdem eine eigene Kochstelle zur Verfügung, wo sie sich versorgen können.
Es besteht verständlicherweise großer Bedarf an medizinischen, aber auch anderweitigen Verbrauchsgütern, die zum Krankenhaus gebracht werden müssen. Anfangs war das ein sehr aufwendiger Prozess, der erst durch den Neubau einer befestigten Straße leichter wurde. Die meisten Einkäufe macht das Krankenhaus in Rumbek, das man in etwa drei Stunden erreichen kann. Sollten dort benötigte Dinge nicht vorrätig sein, kann man in der Trockenzeit nach zehn Stunden auch Juba erreichen. In der Regenzeit ist dies nicht möglich.
Bis 2016 wurde das Krankenhaus auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO unterstützt, die sich dann aber zurückgezogen hat mit der Begründung, dass das Gesundheitswesen nur mehr auf nationaler Ebene unterstützt würde. 97 Prozent der laufenden Kosten für das Krankenhaus müssen jedes Jahr von verschiedenen Organisationen aufgebracht werden, und nur 2 Prozent der Gehälter übernimmt der südsudanesische Staat. Das, was die Patienten und ihre Angehörigen geben, deckt nur einen minimalen Teil des Aufwands.
Die häufigsten Krankheiten
Jährlich werden im Krankenhaus etwa 7.000 Patienten stationär behandelt, wobei der Bau der neuen Straße einen Anstieg des Patientenzustroms um 1000 bewirkt hat. Viele kommen aus weiter Entfernung und werden mit Motorrädern oder mit dem Fahrrad gebracht. Während relativ viele Frauen zu einer pränatalen Vorsorgeuntersuchung kommen, entscheiden sich immer noch die meisten dafür, ihr Kind zuhause auf die Welt zu bringen, so dass im Krankenhaus nur etwa 500 Geburten im Jahr verzeichnet werden können.
Übers Jahr hinweg begleitet das Krankenhaus etwa 1200 HIV Patienten, wovon aber nur 600 regelmäßig ihre Medizin nehmen. Gerade HIV-positiv getestete Mütter könnten im Krankenhaus einer Ansteckung ihres Kindes vorbeugen, aber das größte Problem ist die mangelnde Bereitschaft, eine solche Diagnose zu akzeptieren. Andere setzen die Medizin ab, wenn sie sich besser fühlen. Während öffentliche Statistiken von zwei Prozent Infizierter im Südsudan ausgehen, zeigen unsere Tests im Krankenhaus, dass mehr als vier Prozent darunter leiden. Hier ist viel Aufklärung und Begleitung notwendig. Sobald die Regenzeit beginnt, häufen sich sehr stark die Fälle von Malariaerkrankungen. Vor allem bei Kindern unter fünf Jahren ist dies in Mapuordit noch immer die häufigste Todesursache!
Während man im Hinblick auf stark unterernährte Kinder in den Jahren 2016 auf 2018 einen starken Anstieg von zwei auf sechs Prozent der getesteten Kinder feststellen konnte, ist die Zahl seitdem eher stabil geblieben. Unterstützung für mangelernährte Kinder bekommt das Krankenhaus vom World Food Programme (WFP), dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, während es bei schwangeren Frauen auf die Hilfe von UNICEF zählen kann.
Lebensmittel für den täglichen Bedarf
Die Leute um Mapuordit herum bauen für den Eigenbedarf vor allem Hirse und Erdnüsse an. Wenn der Vorrat aufgebraucht ist, können sie Tiere verkaufen und dafür Waren auf dem Markt bekommen. Die Händler bringen importierte Waren vor allem aus Uganda. In der Regenzeit kommen sie aber oft nicht durch, wodurch die Lebensmittel knapp werden und sich die Preise stark erhöhen.
Früher in den 1950er Jahren war die Region, in der sich Mapuordit befindet, die „Kornkammer“ des Sudan. Leider hat der Staat dann eher in die Ölförderung anstatt in die Landwirtschaft investiert und das Land lag lange Zeit brach. Außerdem haben die Dinka, ein Nomadenvolk, das Viehhaltung betreibt, gegen andere sesshafte Gruppen gewonnen. Sie vernachlässigten den Ackerbau und benutzten das fruchtbare Land vor allem als Weideland.
Hoffnung auf Frieden
Die Gegend um Mapuordit war nach der Unabhängigkeit des Südsudan nur wenig in die Konflikte der letzten Jahre zwischen den verschiedenen Volksgruppen involviert, da sie ziemlich homogen nur aus ursprünglich geflohenen Dinka Leuten besteht. Jetzt hofft das Land aber sehr auf die Auswirkungen des Friedensabkommens von diesem Jahr. Dann könnte endlich eine umfassende Bildungsarbeit beginnen, um zu erreichen, dass mehr Lebensmittel angebaut werden und so der akuten Hungersnot in großen Teilen des Landes entgegengewirkt wird.
Der Präsident des Landes, Salva Kiir, ist selber ein Dinka. Doch selbst wenn er die nötige Einsicht hätte, er hat seine Leute nicht ganz unter Kontrolle, da er das System des Ältestenrates der Dörfer auf das ganze Land ausgedehnt und diesem Rat praktisch die Entscheidungen im Land in die Hand gegeben hat. Die alten Männer seines Volkes, die zum großen Teil fest in der Tradition der Rinderhirten verhaftet sind, bestimmen in weitem Maße über den Präsidenten.
Bruder Hans Eigner