Liebe Freunde,

ein schwieriges Jahr neigt sich dem Ende – zumindest aus persönlicher Sicht. Ich musste dieses Jahr einige Operationen über mich ergehen lassen, die Gott sei Dank alle gut verlaufen sind. Deshalb werde ich Mitte Dezember noch einmal in den Südsudan zurückkehren, um mich bei den Menschen in Tali zu verabschieden. Zusätzlich möchte ich mit den Comboni-Mitbrüdern und den Ordensschwestern vor Ort absprechen, wie ich die missionarischen Aktivitäten in Tali weiter fördern kann. Nach meiner Rückkehr im Januar 2017 werden mir dann die Ordensoberen im März eine neue Aufgabe übertragen. In den kommenden Jahren werde ich jedenfalls nicht mehr für längere Perioden in Afrika arbeiten können, da ich mich vierteljährlich untersuchen lassen muss, so der ärztliche Rat. Für die in den vergangegen Monaten zugekommene Unterstützung verschiedenster Art bedanke ich mich herzlich bei allen Freunden und Wohltätern, insbesondere aber bei meiner Familie und den behandelnden Ärzten. Nach verschiedenen Krankenhausaufenthalten und seelsorgerischen Aushilfen konnte ich einige schöne Tage mit meinen Brüdern verbringen. Dabei besuchten wir neben Limone am Gardasee (Geburtsort von Daniel Comboni) auch bekannte Mitbrüder in Verona. Einige davon waren sogar mit mir in Afrika in der Mission.

Was die allgemeine Lage im Südsudan betrifft, so hat sich die Situation nach meinem letzten Rundbrief im Juni diesen Jahres eher verschlechtert. Eigentlich wollte man mancherorts am 9. Juli 2016 den fünften Jahrestag der Unabhängigkeit des immer noch jüngsten Staates der Erde feiern. Doch es kam vor allem in der Hauptstadt Juba zu heftigen Gefechten zwischen den Anhängern des Präsidenten Salva Kiir und denen des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar. Seitdem herrscht viel Unsicherheit im Land und es kommt immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Den UNO-Friedenstruppen wurde vorgeworfen, dabei untätig zugesehen zu haben. Menschenrechtsaktivisten klagen die Anführer und einige Generäle des Südsudans an, nicht nur maßgebend den derzeitigen Krieg verursacht zu haben, sondern sich daran sogar zu bereichern – auf Kosten der einfachen Bevölkerung. Die Nachrichten der letzten Wochen sind eher besorgniserregend, da fast die Hälfte der Bevölkerung unter Hunger leidet bzw. leiden wird.

Ein positives Zeichen hingegen gab es aus dem Vatikan. Nachdem Papst Franziskus Ende Oktober den Erzbischof von Juba Paolino Lukudu Loro zusammen mit weiteren wichtigen Vertretern verschiedener Konfessionen nach Rom eingeladen hatte, äußerte er von Neuem den Wunsch, den Südsudan besuchen zu wollen. Es wäre sicher ein Signal der Hoffnung für das kriegs- und krisengeschüttelte Land.

In der Missionsstation in Tali laufen die wichtigen Aktivitäten glücklicherweise ohne bedeutende Unterbrechung weiter. Die Folgen der Rebellion und der Unsicherheit bekommt man freilich auch dort zu spüren, da im etwa 30km benachbarten Western Equatoria viele Gegenden nicht mehr von der Regierung kontrolliert werden. Staatliche Einrichtungen in Tali wie Krankenhaus und Schulen bieten meist keine regelmäßigen Dienste an, da oft die Gehälter nicht rechtzeitig ausbezahlt werden. Auch in unserer Missionsschule gibt es Probleme. Es ist jedoch gelungen, dass die Schüler das Jahr beenden und die Prüfungen durchführen konnten. Die lokale Bevölkerung ist sehr stolz darauf. Zudem konnte der zweite Block mit weiteren vier Klassenzimmern vor kurzem fertig gestellt werden. Über Weihnachten und während der heißen Monate (Januar – März) ist Ferienzeit.

Auch die Krankenstation läuft sehr gut und ist beispielhaft für die ganze Region. Ein neuer Mitbruder aus Italien (Bruder Claudio), der erst im September nach Tali kam, hilft in der Verwaltung und bei den anfallenden Arbeiten mit. Neben einem Metallzaun um das Gebäude, den verschiedenen technischen Gerätschaften und einer Solaranlage als Stromquelle wurde kürzlich ein Bildschirm im Warteraum installiert. Die Patienten sehen darauf praktische Anweisungen für Gesundheit und Hygiene im Alltag.

Wonach die Menschen des Südsudans und der ganzen Welt sich wohl am meisten sehnen, ist Frieden. Jenen Frieden, den die Engel den einfachen Hirten auf den Feldern nahe Bethlehem nach der Geburt Jesu Christi in der Krippe verkündeten: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf der Erde den Menschen seiner Gnade. Möge es so sein. Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und viel Gesundheit, Glück und Segen im neuen Jahr!

In Dankbarkeit,

P. Markus Körber