Franz Langecker war in den 60er-Jahren Schüler im Internat der Comboni-Missionare in Neumarkt. Die Berichte der Missionare aus Peru fand er schon damals faszinierend. Als frischgebackener Rentner reiste er im Herbst 2022 erstmals mit seiner Frau nach Peru. Dort besuchte er auch Pater Juan Goicochea im Haus der Talente in Lima und Pater Alois Weiß in Arequipa und erzählt:

In Chorrillos, einem Stadtteil von Lima, gibt es sieben Suppenküchen, wo Frauen für diejenigen kochen, die sich keine warme Mahlzeit leisten können. Foto: privat

Bei Pater Juan Goicochea
Die Corona-Krise hat Peru schwer getroffen. Überall sind die Preise gestiegen. Fast zwei Millionen Flüchtlinge flohen in den letzten Jahren aus Venezuela nach Peru. Pater Juan Goicochea, der sich mit zwei weiteren Priestern in den Elendsvierteln des Stadtteils Chorrillos (einer der 43 Stadtbezirke der Zehn- Millionenstadt Lima) um 100000 Menschen kümmert, hat über die Jahre ein großes Netzwerk von Katecheten, Helfern und Ansprechpartnern aufgebaut. Er ist selbst Peruaner und kommt aus dem Norden des Landes. Bei einem Besuch im Dezember besuchten wir das Haus der Talente (Casa de los Talentos) und zwei der über sieben Suppenküchen, die er mit den Menschen vor Ort und mithilfe von Spenden aufgebaut hat. Er fuhr mit uns über die Sandpisten gleichenden Wege im Viertel die Hänge hinauf, an denen die Bewohner ihre „Häuser“ bauen. Überall kennen und umarmen ihn die Menschen. Sie lieben, schätzen und vertrauen ihm wie einem guten Hirten. Mit ihm als seine Gäste waren wir dort willkommen. Ohne ihn wären wir vielleicht zügig ausgeraubt worden. Pater Juan erzählt uns:
„Die Menschen hier sind gut organisiert. Sie helfen und schützen sich. Die Polizei hält sich raus. Ich kenne die Banden, die Drogen- und Alkoholprobleme, die Gewalt in den Familien. Wir versuchen zu helfen, wo und wie es nur geht. Wir bräuchten viel mehr Ärzte, Psychologen und Pädagogen. Einige Probleme können wir lösen. Wir sind im Dialog mit der Stadtverwaltung, um die Infrastruktur auszubauen. In den Suppenküchen kochen die Frauen. Einen Tag in der Woche haben sich die Menschen im Viertel verpflichtet, gemeinsame Arbeiten zu erledigen. Da es kein fließendes Wasser hier gibt, haben die Familien eigene Tanks, die sie sauber halten und gegen Geld füllen lassen. Die Not auf dem Land zwingt die Menschen in die Stadt. Der Klimawandel verschlimmert die Situation. Die Dankbarkeit, das Gottvertrauen und die Herzlichkeit der Menschen geben mir und unserem Team die Kraft, uns jeden Tag für eine ,bessere Welt‘ einzusetzen. In den zehn Jahren, die ich in Österreich und Deutschland studierte und arbeitete, habe ich gelernt zu organisieren. Das hilft mir hier sehr. Selbst der Bischof von Lima setzt auf mein Organisationstalent.“ Pater Juan zeigt uns die Sauerstoffstation, die er mit Spenden aus der ganzen Welt aufgebaut hat und bedankt sich noch einmal bei allen Gebern: „Das Geld, das Sie spenden, kommt an und hilft uns, bei individuellen Notfällen zu helfen und Strukturen und Einrichtungen zum Wohle der Menschen zu schaffen.“

Überall kennen die Menschen Pater Juan. Sie lieben, schätzen und vertrauen ihm.

Bevor wir uns bei einem Mittagessen in einer Markthalle verabschieden, erfahren wir noch von Pater Juan, dass das Essen und die Nahrungsmittel, die im Markt und im Stadtteil übrigbleiben, abgeholt werden, um Schweine zu füttern. Das Projekt, dessen Erlös aus dem Verkauf der Schweine dem Viertel zugute kommt, organisieren die Bewohner des Viertels selbst. Auch hier im Markt kennen die Menschen Pater Juan. Er lächelt, als wir uns von ihm, „einem Guten Hirten“, verabschieden. Der nächste Termin wartet bereits auf ihn.

Missionare waren Vorbild
„Mit zehn Jahren kam ich 1965 von einem kleinen Bauernhof in der Oberpfalz in das Missionsseminar nach Neumarkt. Von dort konnte ich das Gymnasium besuchen. Die Präsentationen und Berichte der Missionare aus Peru haben mich von Beginn an beeindruckt. Sie haben in mir schon damals den Wunsch geweckt, dieses Land einmal selbst zu besuchen. Über all die Jahrzehnte habe ich die Entwicklungen im Land mitverfolgt. Fast 60 Jahre später habe ich es geschafft, gemeinsam mit meiner Frau das Land zu besuchen. Vier Wochen waren wir in Peru unterwegs.
Mit Dank an die Padres Josef Gerner, Hans Hieber, Hans Wörner und Reinhold Baumann blicke ich auf die Jahre im Seminar zurück. Sie haben mit ihrer Erziehungsarbeit und als Vorbilder dazu beigetragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Und sie tun es noch immer. Wir alle können unseren Betrag für eine gute Zukunft einbringen.“ Franz Langecker

Pater Alois (Luis) Weiß trafen die Langeckers in Arequipa, wo er einige Monate einen Mitbruder in der Pfarrei El Buen Pastor vertrat. Foto: privat

Pater Alois Weiß in Arequipa
Auf unserem Rückweg vom Titicacasee nach Lima machten wir einen Kurzbesuch bei Pater Luis (Alois Weiß) in der Kirchengemeinde El Buen Pastor in Arequipa. Er ist 1940 in Löffelstelzen bei Bad Mergentheim geboren und blickt auf 35 Jahre missionarische Tätigkeit in Peru zurück. Wir treffen einen jung gebliebenen, dynamischen und leidenschaftlichen Comboni, der uns gern aus seinem Leben erzählt.
Die Gemeinde liegt am Rande der Stadt, die ständig weiterwächst. Auch hier suchen die Menschen vom Land ihre Zukunft in der Stadt. Pater Luis nimmt uns mit auf einen kleinen Rundgang. Die Kinder und die Erzieherinnen des gemeindeeigenen Kindergartens freuen sich über unseren Besuch. In der Kirche steht ein großer Korb, dort legen die Kirchenbesucher auch Lebensmittel für Ärmere ab. Ich erzähle ihm von unserem Gottesdienstbesuch am 1. Advent in der Kathedrale in Arequipa. Wir fühlten uns wie in Deutschland – die Besucher waren vorwiegend ältere Menschen. Pater Luis erzählt uns:

Auch die Kinder im Kindergarten freuten sich über den Besuch, den Pater Luis mitbrachte. Foto: privat

„Ich bin mit meinen Freunden in Deutschland über WhatsApp und E-Mail vernetzt und gut informiert. Die Probleme der Kirchen in unseren Ländern ähneln sich. Auch wir haben hier Mißbrauchsskandale zu beklagen. Und die jungen Menschen finden immer weniger den Weg in die Kirche. Trotzdem weiß ich, dass die Menschen hier den Glauben in ihrem Herzen tragen und ihn auf ihre Weise leben. Wir sind wie der ,Gute Hirte‘, der sich über die freut, die seine Hilfe nicht brauchen, der da sein will für die, die ihn brauchen, denen es wirtschaftlich, sozial und persönlich nicht so gut geht.“
Als wir uns am Nachmittag (6.12.) in Richtung Flughafen verabschiedeten, waren wir glücklich, Pater Luis getroffen zu haben. Wir haben ein wunderbares Land kennengelernt. Bei jedem Gespräch mit den Menschen spürt man die Sehnsucht nach einer Regierung, die dem Land, den Menschen und nicht dem eigenen Profit dient. Peru ist reich. Fast viermal so groß wie Deutschland. 33 Millionen Menschen leben in diesem wunderbaren Land mit vielen gastfreundlichen Menschen. Das Land blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die ersten Kulturen entwickelten sich dort bereits um 10000 vor Christus. Die Welt der Anden, die Kultur der Inka, die Feste und Traditionen der Menschen sind beeindruckend. Jede Region hat ihre eigene Musik und ihre eigenen Tänze. Auf dem Land sind die Menschen stolz auf ihre Kultur und pflegen die Traditionen. Und wer sich auf Youtube das Lied Pachamama (Mutter Erde) in der Indioversion anhört, wird daran erinnert, dass wir alle Teil dieser Erde sind. Deshalb sollten wir sie bewahren. Diese Erkenntnis reift erst langsam in der industrialisierten Welt.
Die Hilfen und die vielen Projekte, die Menschen aus aller Welt in Peru unterstützen, sind bei den Ärmsten gut angelegt. Sie stärken auch die indigene Bevölkerung. Hier wächst eine qualifizierte und selbstbewusste Generation heran, die Rassismus, Korruption, Ausbeutung und Rechtsextremismus überwinden will.

Franz Langecker