Wenn Ulrike Purrer in ihrem letzten Rundbrief von Glücksmomenten bei ihrer Arbeit spricht, die sie teilen möchte, dann weiß sie, dass sich ihr Engagement in Tumaco in Kolumbien lohnt. Mit den Menschen wohnt sie dort seit über zehn Jahren Tür an Tür. Mit den Comboni-Missionaren begleitet sie nun mithilfe eines Stipendienprogramms die Jugendlichen, die nach ihrem erfolgreichem Schulabschluss in den Großstädten studieren.

Etliche junge Menschen in Tumaco trauen sich den nächsten großen Schritt im Leben – an die Universität oder hinein ins Berufsleben – gerade aufgrund ihrer Erfahrungen zu, die sie in den Gruppen des Jugendzentrums „Centro Afro“ in Tumaco gemacht haben; sei es in der Hiphop-Gruppe, der Zirkusgruppe oder beim Arbeiten in der Imbissbude.
Vertraut sind ihnen ganz andere Lebenswege. Vor allem die Mädchen folgen häufig noch immer dem Vorbild ihrer Mütter und bekommen noch vor dem Schulabschluss ihr erstes Kind. Da ist der Unterschied zu den mutigen jungen Frauen vom „Centro Afro“ doch sehr offensichtlich. Mit ganz wenigen Ausnahmen erreichen diese inzwischen fast alle das Abitur, und jedes Jahr schafft es eine größere Gruppe an die Universität. Dafür müssen die Jugendlichen in die großen Städte aufbrechen, weit von Tumaco entfernt. Die meisten kommen zum ersten Mal nach Bogotá oder Cali und brauchen eine Weile, um sich zurechtzufinden in diesen Millionenstädten, deren Leben so grundverschieden ist zum Alltag in Tumaco.

Karen Cuero Riascos verdient sich mit dem Verkauf von Pommes Frites in den Semesterferien etwas dazu. Foto: privat

Kontakt halten
Zwei- bis dreimal im Jahr ist Ulrike Purrer mehr als zwei Wochen durch ganz Kolumbien im Bus unterwegs, um die Studierenden an ihren Studienorten zu besuchen – insgesamt fast 3000 km. Die persönliche Begleitung – Gespräche über die kleinen und großen Sorgen und Nöte, das Kennenlernen der Universitäten – ist das Eine. Dazu kommt die gemeinsame Initiative eines Stipendienprogramms mit den Comboni-Missionaren, da die meisten Jugendlichen finanziell kaum von ihren Familien unterstützt werden können.

Stipendienprogramm
Ulrike Purrers Idee eines Stipendienprogramms stieß bei den Comboni-Missionaren auf offene Ohren. Insbesondere bei Pater Daniele Zarantonello, der über zehn Jahre in Tumaco war und mit Ulrike Purrer schon viele Projekte durchgeführt hat. Seit 2022 gehört er zur Hausgemeinschaft in Bogotá und ist nun ein gutes Bindeglied zwischen Tumaco und Bogotá.
In Kolumbien ist die Betreuung und Begleitung junger Afrokolumbianer ein Schwerpunkt der missionarischen Tätigkeit der Comboni-Missionare. Sowohl in Tumaco, das von Armut, Gewalt und Drogenhandel geprägt ist, als auch in den Randbezirken der Großstädte Bogotá und Cali werden junge Menschen in ihrer Entwicklung unterstützt. Dies ist im „Centro Afro“ in Tumaco besonders gut gelungen. In den dortigen Gruppen finden die Kinder und Jugendlichen Rat, Unterstützung und können ihre Talente ausprobieren.

Daira Quiñones Grueso studiert Jura in Bogotá. Foto: privat

María Alejandra Castillo studiert Mathematik. Foto: privat

Gewinn für beide Seiten
Nach Abschluss der Schule sind die fehlenden Möglichkeiten für eine gute Ausbildung jedoch ein großes Problem. Hier greift die Idee des Stipendienprogramms, das zum Beispiel Wohn- und Essenszuschüsse und Fahrgeld umfasst. Seit Januar 2023 werden zwölf Studierende mit einem monatlichen Stipendium von 85 Euro unterstützt.
Die Missionare fungieren in den Universitätsstädten Bogotá, Cali und Medellín als Ansprechpartner vor Ort, Ulrike Purrer von Tumaco aus. Im Gegenzug engagieren sich die StipendiatInnen ehrenamtlich in sozialen Projekten, vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit. So zum Beispiel María Alejandra Castillo. Die 19-Jährige studiert in Bogotá Mathematik: „Die ersten Monate in der fremden Stadt“, sagt sie, „so weit entfernt von meiner Familie waren eine enorme Herausforderung, aber die Comboni-Missionare haben mich sehr unterstützt und mir Halt gegeben.“ Auch Daira Quiñones Grueso, die Jura studiert, ist froh, dass sie durch das Stipendienprogramm die Möglichkeit für eine gute Ausbildung bekommt. Neben dem Studium und ihrem sozialen wöchentlichen Engagement verdienen sich die Studentinnen in den Semesterfereien auch zuhause in Tumaco Geld dazu – so Karen Cuero Riascos beim Pommesverkauf.

Auch Pater Daniele sieht das Stipendienprogramm als Segen für die Comboni-Missionare. Nicht nur, weil die Studierenden die sozial-pastoralen Prozesse der Combonis tatkräftig mit ihrem wöchentlichen Engagement unterstützen, sondern auch, „weil sie die Kongregation mit ihren jugendlichen Fragen und Zweifeln, mit ihrer Art zu leben und zu glauben, mit ihren Lebensthemen und ihrer Vorstellung von Kirche herausfordern, aufrütteln und damit reich beschenken“. Dass die Jugendlichen nicht nur im Jugendzentrum aufgefangen werden, sondern anschließend auch auf ihrem beruflichen Weg Unterstützung erfahren, ist hoffnungsvoll, findet Ulrike Purrer.

Spenden bitte mit dem Vermerk ‚CENTRO AFRO, Kolumbien, Stipendien‘ an:
Comboni-Missionare KöR, KSK Ostalb, IBAN: DE66 6145 0050 0110 6170 15.

up/dz/ul