Zu Unrecht ist er fast vergessen, Pater Daniel Kauczor aus Oberschlesien. Er war der erste Apostolische Präfekt, eine Vorstufe zum Bischof, in Südafrika. Sein Leben beschloss er als Einsiedler.
Auf einer der höchsten Erhebungen der Colli Eugeniani mitten in der Poebene südwestlich von Padua liegt die Eremo di Monte Rua, ein Eremitenkloster der Kamaldulenser. Eine schmale Straße führt hinauf. Die ganze Anlage ist mit einer hohen Mauer umgeben. Nach dem äußeren Portal führt ein steiler Weg, ebenfalls zwischen hohen Mauern im Zickzack zur eigentlichen Pforte. An zwei Tagen in der Woche können (nur) männliche Besucher das Kloster betreten und bekommen von einem grau gekleideten Mönch eine Führung. Nichts soll die Besinnung der Mönche auf das Wesentliche, auf Gott, stören. In diese Einsamkeit hat sich damals der ungewollt zu hohen Ämtern berufene Pater Daniel Kauczor mit 55 Jahren zurückgezogen. Sein Leben ist es wert, daran zu erinnern.
Aus Schlesien in den Sudan
Geboren ist Pater Kauczor 1885 in Strzeleczki (Klein Streblitz) bei Breslau. Seine Mutter war Deutsche, sein Vater, dem Namen nach zu schließen, Pole. Mit 15 Jahren ging der begabte Junge aus Schlesien zu den Missionaren Combonis nach Brixen. Die Oberen schickten ihn nach dem Gymnasium zum Studium nach Rom, wo er 1912 in Philosophie und Theologie promovierte. Im gleichen Jahr wurde er in Bologna zum Priester geweiht. Ein Jahr später kam er nach Khartum in die Mission unter Bischof Franz Xaver Geyer. Während des Ersten Weltkriegs, 1916, wurde er wie viele andere Deutsche und Österreicher von den Engländern interniert und ausgewiesen. Nach dem Krieg konnte er zwar zurückkehren, aber den deutschen und österreichischen Missionaren wurde die Seelsorge fast unmöglich gemacht. Darum suchte die römische Missionsbehörde ein anderes Arbeitsfeld für sie in Südafrika. Pater Kauczor wurde zum Leiter dieser Mission ernannt, zu ihrem ersten Apostolischen Präfekt. Das Foto rechts zeigt die Gruppe 1923 vor ihrer Abreise nach Südafrika.
Nach Südafrika
Der Beginn in Südafrika war schwierig. Die Missionare waren bettelarm, und aus der Heimat konnten sie nach dem verlorenen Krieg mit Wirtschaftskrise und Inflation kaum Hilfe erwarten. Etwas Unterstützung bekamen sie von katholischen Einwanderern vor allem aus Irland und Portugal.
Dazu kam, dass nicht wenige der altgedienten Missionare ziemlich verbittert waren. Sie hatten Jahrzehnte unter den Schilluk und Nuba im Sudan gearbeitet, hatten die Sprache der Leute gelernt und Teile der Heiligen Schrift übersetzt. Kauczor selbst hat eine Grammatik der Nuba-Sprache verfasst. Jetzt wurden sie hinausgeworfen und sollten von neuem in einem anderen Land mit anderer Sprache beginnen.
Der sensible und feinfühlige Pater Kauczor hatte es als Verantwortlicher der Gruppe schwer, zumal er wohl von einigen seiner Mitbrüder wegen seiner polnischen Herkunft nicht ganz ernst genommen wurde. – Ja, auch das gibt es in der Kirche. – Nach nicht ganz zwei Jahren reichte er seinen Rücktritt ein und kehrte 1926 nach Europa zurück. Fortan lebte er in Brixen als geschätzter Lehrer und Spiritual der jungen Mitbrüder. Manche erinnerten sich noch später an seine gehaltvollen Predigten und Konferenzen.
In die Einsamkeit
Während des Zweiten Weltkriegs mussten deutsche Patres Südtirol verlassen, sonst wurden sie nach Deutschland zurück geschickt und zum Kriegsdienst einberufen. Einige versuchten deshalb, vorübergehend in italienischen Klöstern weiter südlich aufgenommen zu werden. So auch Pater Kauczor. Er erinnerte sich, dass sie als Novizen einmal einen Besuch in der Eremo di Monte Rua gemacht hatten. Dort war inzwischen ein ehemaliger Mitschüler von ihm Oberer. Dorthin ging er und bat – nicht um eine vorübergehende, sondern eine endgültige Aufnahme.
Die Kamaldulenser sind ein mit den Karthäusern oder Trappisten vergleichbarer Orden. Ihr Motto ist: „Leben allein mit Gott und für Gott allein.“ Die Mönche leben als Eremiten abgeschieden von der Welt. Sie legen im Gegensatz zu den Benediktinern nicht einmal Wert auf stilvolle Musik und Chorgesang. 1942 legte er dort die Ordensprofess ab und empfing die Mönchsweihe. Doch bereits im Januar 1947 starb er im Alter von 62 Jahren.
Im Frieden mit Gott
Es gibt eine Reihe von schönen Briefen von Pater Kauczor an den ihm geistesverwandten österreichischen Mitbruder Pater Ignaz Heidwagner. In ihnen versichert er, dass er ohne jede Verbitterung diesen Schritt getan habe und dass ihm schon damals, als er im Noviziat einen Besuch in diesem Kloster gemacht habe, der Gedanke gekommen sei, dies könnte seine wirkliche Berufung sein.
Das ist bemerkenswert, denn man weiß, dass ihm damals in Südafrika von einigen Mitbrüdern schon ziemlich unfair mitgespielt worden war. Das habe er „längst ‚in Domino‘ (im Herrn) verarbeitet“, schreibt er. Sein Entschluss, in dieses Kloster zu gehen, geschehe „in bestem Frieden, nicht aus irgend- einer Unzufriedenheit oder gar Verdruss wegen irgendjemandem oder irgendetwas – nicht im Mindesten“. Und er versicherte, dass er jeden Tag für die Mitbrüder und die Mission bete. Damit erinnert er daran, dass Mission mehr ist als Entwicklungsarbeit, ja auch mehr als Predigt und Unterricht. Die eigene persönliche Beziehung zu Gott macht den Missionar, die Missionarin erst authentisch und glaubwürdig.
P. Reinhold Baumann