Gerade aus der Schule ist Nikolai Füchte jetzt selbst Lehrer und das in einer Schule, die ziemlich anders funktioniert als bei uns. Seit September ist er als Missionar auf Zeit in Kenia. Er schreibt:
Hallo, ihr Lieben, seit ein paar Wochen arbeite ich in den beiden Grundschulen in Kacheliba. In Kenia müssen die Schüler zwölf Jahre zur Schule gehen, acht Jahre auf die Primary School und vier Jahre auf die Secondary School. In den ersten drei Jahren ist der Unterricht noch auf Kiswahili, ab der vierten Klasse ist er in allen Fächern (außer Kiswahili) auf Englisch.
Die meisten Schüler sind in einem Internat, auch wenn ihre Eltern nur ein paar hundert Meter weit weg wohnen. Das liegt daran, dass sie von der Schule mit allen Sachen versorgt werden. Für ein monatliches Schulgeld von 15 € bekommen sie Unterricht, drei Mahlzeiten am Tag und außerdem einen Schlafplatz. Zum Essen gibt es jeden Tag Ugali, Brei aus Maismehl. Die Kinder schlafen oft zu zweit oder zu dritt in einem Bett. Für deutsche Verhältnisse klingt das wahrscheinlich absolut unverantwortlich, aber die Schüler bleiben in der Regel freiwillig, weil sie dort immer genug zu essen kriegen, was zuhause oft nicht der Fall ist. Außerdem ist es besser, eine Matratze mit jemandem zu teilen, als dass man zuhause auf dem Boden schläft.
Es fehlt an Geld und Lehrern
Woran es den Schulen mangelt, ist Geld. Fußball spielen die Kinder mit zusammengebundenen Plastiktüten, da selbst für Bälle kein Geld da ist. Der Bau von drei Unterrichtsräumen kostet einschließlich Baumaterial und Arbeitslöhnen umgerechnet gerade mal 20.000 Euro. Doch selbst das ist zu viel für die Schulen. Deswegen gibt es pro Klassenstufe meist nur eine Klasse. Sonst müsste man den Unterricht draußen im Freien halten. Also hat eine Klasse hier bis zu 140 Schülerinnen und Schüler. In den Klassenräumen sitzen die Schüler oft zu dritt oder zu viert an Tischen, die kleiner sind als die Doppeltische in den Schulen in Deutschland.
Ein weiteres Problem ist der Mangel an Lehrern. In den beiden Schulen, in denen ich den Unterricht unterstütze, gibt es jeweils 800 bis 900 Schüler und nur 10 beziehungsweise 15 Lehrer. Von ihnen ist nur die Hälfte komplett ausgebildet. Dadurch, dass es für jede Klassenstufe nur eine Klasse gibt, ist es möglich, den Unterricht mit so wenigen Lehrern zu bewältigen.
Die Lehrer müssen, egal ob sie Unterricht haben oder nicht, von acht Uhr in der Früh bis vier Uhr nachmittags in der Schule anwesend sein. Das gilt selbst für einen Teil der Schulferien. Also werden die Lehrer hier alle gleich bezahlt, die Anzahl der Stunden, die sie Unterricht geben, ist irrelevant. Das Gehalt der Lehrer liegt bei 200 € im Monat. Damit liegt ihr Einkommen weit über dem Durchschnitt der Region.
Die meisten Familien haben hier mehr als fünf Kinder, manche mehr als zehn. Viele Eltern können deshalb nicht für alle ihre Kinder das Schulgeld bezahlen. Den Staat kümmert das anscheinend herzlich wenig. Auch deshalb bezahlen die Comboni-Missionare für viele bedürftige Kinder das Schulgeld.
Meine Aufgabe in der Schule
Ich gehe jeden Morgen um acht Uhr zu der „Holy Cross Mixed Primary School“. Dort unterrichte ich in der 7. Klasse täglich zwei Stunden Mathe. Um zwei Uhr Nachmittags gehe ich dann in die „St. Comboni Girls Primary School“, wo ich ebenfalls die 7. Klasse Mathe unterrichte. Außerdem gebe ich mit den Schülern der Klasse, die gerne singen, einmal in der Woche Musikunterricht, übe einfache englische Lieder mit ihnen und versuche, ihnen das Notenlesen beizubringen. Musik gehört in Kenia nicht zu den vorgeschriebenen Unterrichtsfächern. Das bedeutet leider auch, dass kaum jemand Noten lesen kann.
Der normale Unterricht ist komplett frontal. Der Lehrer sagt etwas, schreibt es an die Tafel und die Schüler schreiben es ab. Eine andere Unterrichtsart ist aber auch kaum möglich, wenn man bedenkt, wie viele Schüler in jeder Klasse sind.
Am späteren Nachmittag mache ich oft Sport mit den Mädchen. Ich habe einen Fußball und ein paar andere Bälle gekauft und die bringe ich zur Schule mit.
Lehrer sind hier richtige Respektspersonen. Ihr Wort ist Gesetz. Schüler, die frech oder unfreundlich zu Lehrern sind, gibt es nicht. Vielleicht liegt das auch daran, dass zur Bestrafung manchmal geschlagen wird. Viele Lehrer sind sehr jung. Die Hälfte ist unter 30. Mit einigen von ihnen habe ich mich auch schon ganz gut angefreundet und treffe mich auch außerhalb der Schulzeit mit ihnen, spiele mit ihnen Volleyball oder gucke mit ihnen am Wochenende bei den Spielen der Premier League zu.
Ich hoffe, dass es euch gut geht im herbstlichen Deutschland; in Kacheliba werden die Temperaturen in nächster Zeit noch steigen.
Viele Grüße,
Euer Niko