Nach längerer Pause melde ich mich wieder einmal. Diesmal mit einem dicken Anhang, der wohl auch der Grund für die längere Pause war. Um ehrlich zu sein, will ich zugestehen, dass ich nie gedacht habe, eine Kirche zu bauen. Dafür gibt es kompetentere Leute und auch Leute, die das lieber machen. Hier in Itupiranga wurde ich gleich mit dem Problem der Kirchenerweiterung konfrontiert. Die Pfarrgemeinde diskutierte das Problem schon seit Jahren und „kam nie vom Fleck“. Immer öfters wurde ich im Pfarrgemeinderat gefragt, ob ich nicht doch diesen Bau übernehmen würde. Langsam, langsam begann ich ehrlich darüber nachzudenken und je länger ich hier war, wurde mir die Situation von Itupiranga bewusster. So begann ich Fäden zur Kirche zu spinnen und verband das auch mit meiner bisherigen Erfahrung in Brasilien. Ich dachte an mein Büchlein „Heiligenscheine für meine Schuhgröße“, welches ich am Ende meiner Jugendarbeit geshrieben hatte. Warum sollte ich eigentlich nicht meine Brasilerfahrung abschließend in diesem Kirchenbau bündeln. Schließlich muss ja nicht alles in einem Buch enden. Aus all diesen Gedanken reiften schließlich das Konzept und auch die Pläne für den Kirchbau. Was daraus geworden ist, steht nun vor der Einweihung. Insgesamt hat mir dieser Bau sehr viel abverlangt. Es gab kein Geld für einen ordentlichen Architekten. Ein Bauingeneur, der allerdings sein Büro in Belém hat (600 km entfernt), hat die gesetzliche Verantwortung übernommen. Das war dann auch schon alles. Pläne und Teilpläne musste ich selber machen, zusammen mit dem Bauunternehmer. Auch dieser hat nie einen so großen Bau ausgeführt. Nach und nach wurde mir auch klarer, dass es praktisch keine ausgeildeten Handwerker gab, und zwar in keinem Bereich. Das alles machte den Bau schwer und teuer. Trotzdem, wir sind soweit.
Für mich selber ist die Kirche tatsächlich wie ein Buch, die Leute sind begeistert. Viele weinten beim ersten Gottesdienst und die Ironie des Schicksals ist, dass die Leute wiederum nicht Platz haben. Der Sonntagsgottesdienst beginnt um halb acht Uhr abens. Ab sechs Uhr füllt sich die Kirche. Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass die Kirche das geworden ist, was geplant war: Ort der Begenung Gottes mit seinem Volk, Wohnung und Haus Gottes, in dem sich die Besucher zuhause und wohlfühen.
Ja, und das war wohl der letzte Streich. Vielleicht gelingt es noch die Räume für die Sozial-Pastoral zu füllen. In andere Projekte habe ich nicht mehr vor einzusteigen. Künftig werde ich mich noch etwas um die Unterstützung der Bauernschule in Balsas bemühen, die nach wie vor am Hungertuch nagt und der ich mich verpflichtet fühle. Im Grunde ist das jedoch ein Problem der Organisation und auch der Mobilität der Leute dort. Wenn einige Lehrer Zeit und Geld hätten, um nach Brasilia zu reisen, um dort herumzuschnüffeln, könnte der Fall gelöst werden. Ich bin mir ganz sicher, dass der Bürgermeister von Balsas für die Schülerzahl dieser Schule seine Gelder bekommt, sie aber unterschlägt, d.h. für andere Zwecke missbraucht. Dies nachzuweisen wäre bei dieser Regierung möglich. Aber lassen wir das für heute. Ich schicke Euch allen liebe Grüße und wünsche weiterhin einen guten Sommer! Br. Bruno Haspinger
Die neue Kirche Santo Antonio von Itupiranga
Die Kirche ist der Treffpunkt Gottes mit seinem Volk, Wohnung und Haus Gottes, wo das Volk sich zuhause und wohlfühlt.
Das missionarisches Kreuz (Totem) der katholischen Kirche Itupiranga
Das Kreuz erinnert an das Totem der Stämme, welche früher diese Region, im Süden des Pará, bewohnten. Viele Leute von Itupiranga fühlen sich auch heute damit verbunden. Der Grundgedanke für das Kreuz stammt von der Überzeugung des hl. Daniel Comboni: „Durch das Kreuz tritt die Welt aus der Finsternis“.
Der rote Teil erinnert an die Finsternis von heute: Strukturen der Ausbeutung und Sünde, die verbrannte Erde hier im Amazonas, die Zerstörung der Umwelt, Degradierung der Menschen durch sexuelle Ausbeutung, Drogen und auch der Missbrauch der politischen, wirtschaftlichen und richterlichen Gewalt. Der goldene Kreis stellt die aufgehende Sonne dar, Christus den Erlöser, der in die Welt leuchtet. Das Kreuz selbst ist in der Form der Erdkoordinaten dargestellt. Es reicht von Nord bis Süd, von Ost bist West und erinnert die Kirche an ihre fundamentale, missionarische Aufgabe.
Die Idee dieses Kreuzes geht in der Kirche weiter. Man sieht sofort wer ihr Herr ist: Jesus Christus, der Erlöser. In der Stunde seines Todes „zerriss der Vorhang des Tempels“ (Lk 44,45) Das Angebot des Glaubens steht vor dem Besucher.
Unser Leben geht oft durch Wolkenfelder. Wir Gläubigen sind eingeladen, das Kreuz zu nehmen und auch durch Situationen der Dunkelheit zu tragen. Wir haben die Sicherheit, dass die Erlösung durch das Kreuz geschieht. Seit jeher präsentierte sich Gott durch die Wolke. Die Wolken, das Kreuz und der Hl. Geist stellen die Dreifaltigkeit dar, in deren Namen sich die Gemeinde versammelt. Es ist eine auch Form des „Gnadenstuhles“.
Der Altar, zentraler Punkt des Gemeindelebens, spricht sehr klar vom wesentlichen Dienst der Kirche: Dienen, wie Jesus gedient hat. Gläubige, wozu auch Klerus und Orden gehören, die das ernst nehmen, dürfen am Tisch der Eucharistie teilnehmen.
Es ist Brauch der Kirche, dass im fixen Altar eine Reliquie eines Heiligen untergebracht ist. Dies erinnert wohl an die Katakombenzeit. In diesem Altar ist eine Reliquie des hl. Daniel Combonis zu sehen. Er lebte von 1831 bis 1881 und starb im Sudan.
Der Tabernakel ist ein sehr starkes Symbol dieser Kirche und Zeit. Er befindet sich in einem offenen Baumstamm, welcher die Ausbeutung und Zerstörung des Amazonasgebietes versinnbildet. Der Baumstamm gleicht auch einem offenen, menschlichen Körper. Man kann an die vielen, offenen Körper dieser Gesellschaft denken. Geöffnet durch Schüsse, Messerstiche, Drogen usw. Wieviele Morde geschehen jährlich in dieser Kleinstadt! Es sind mehr als einer pro Woche.
Die Kirchenfenster sind durch Ornamente aus der Natur verziert. Der moderne Kreuzweg unserer Zeit, wird derzeit von einem Künstler aus Itupiranga gemalt. Er führt all diese Gedanken weiter. Überzeugende Gestalten unserer Zeit sind mit auf dem Weg: Schwester Dorty, Chico Mendes, Oskar Romero, Daniel Comboni, Heinrich von Osso, Ezquiel Ramin.
Die Kirche insgesamt macht durch ihre Helligkeit, ihre Farben und ihre Offenheit den Eindruck des Willkommen-Seins und Wohlfühlens.