Liebe Freunde zu Hause!

… Eine besondere Erfahrung war für mich das Taize-Treffen in Nairobi. Brüder von Taize organisierten und bereiteten ein Jahr lang dieses Treffen vor. 7000 junge Leute aus verschiedenen Ländern Afrikas und auch von anderen Kontinenten nahmen daran teil.

Der erste Teil dieses Treffens bestand darin, dass Leute von anderen Kontinenten eine Weile mit Afrikanern den Alltag teilten und so einen Einblick in das Leben in Kenia bekommen sollten. Dies soll vor allem Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen fördern.

Ich war in Kiangunu, das ist ein Dorf am Land und ca. 1 1/2 Sunden von Nairobi entfernt. Ich wurde bei einem jungen Mann namens David einquartiert. Gleich nebenan wohnt sein Bruder und dessen Frau mit den drei Kindern, wo ich die meiste Zeit verbrachte.

Als ich in Kiangunu aus dem Bus stieg, sah ich als erstes die vielen, vielen Kinder, die mich mit großen Augen anstarrten. Sie lachten und riefen „Muzungu“ (Weiße). Die nächsten Tage, egal wo ich hinging, begleitete mich immer eine Kinderschar und man sagte mir, dass dies für viele Kinder die erste Begegnung mit einer „Muzungu“ sei.

Bei meinem Gastgeber angekommen, durfte ich erst mal eine saftige Ananas genießen, die gerade gepflückt wurde und viele Nachbarn und Freunde begrüßten mich. Die Gastfreundschaft hier ist sehr warm und herzlich und die nächsten Tage wurde ich von vielen Freunden eingeladen. Obwohl diese Menschen nicht viel besitzen, teilen sie, was sie haben, und es ist ein Prinzip, dass für den Gast immer zu viel Essen aufgetragen wird.

Die meisten Menschen in Kiangunu leben ganz einfach und schlicht und in vielen Häusern ist keine Elektrizität. Ich habe in einer Blechhütte mit zwei kleinen Zimmern gewohnt, deren Boden aus einfacher Erde bestand. Zum Zähneputzen geht man mit einem Becher Wasser in die freie Natur hinaus und es ist keine Dusche vorhanden. Für das Waschen holt man sich mit einem Kübel Flusswasser, das zu einem Wasserhahn heraufgepumpt wird und fuer viele Häuser bestimmt ist. Ein wenig vom Haus entfernt, steht eine einfache Holzlatrine.

Die Kochstelle besteht aus drei Steinen, wo man das Feuer mit Holz und Kohle anfacht und dann die Pfanne bzw. den Topf daraufstellt. Hier habe ich die wunderbarsten Gemüseeintöpfe gegessen und das Essen ist sehr vitaminreich und gesund, weil alles frisch ist.

Bei einem Spaziergang durch den Wald hatte ich das Glück, drei freilaufende Elefanten zu beobachten, die gerade im Schlamm badeten.

In dieser Gegend wird sehr viel angebaut: Schwarzer Tee, Ananas, Zuckerrohr, Kaffee, Kochbananen, Süsskartoffeln, Bohnen, usw.

Die meisten Menschen hier leben vom Teepflücken und pro Tag verdienen sie 100 Shilling = 1 Euro. Mit diesem Einkommen ist es hart, täglich eine Familie zu versorgen. Der Tee wird dann in der nahe liegenden Teefabrik verarbeitet. Tee ist das wichtigste Getränk und außerdem der wichtigste Exportartikel in Kenia. Die Kenianer sind es gewohnt, den Tee mit ungewöhnlich viel Zucker und Milch zu trinken.

Das Leben am Land ist nicht leicht und man muss hier schon früh Verantwortung übernehmen. Fünfjährige Kinder müssen schon bei der Arbeit mithelfen und tragen ihre kleinen Geschwister auf dem Rücken.  Auch ich half beim Teepflücken mit und es wurde mir gleich ein Baby mit einem Tuch auf meinen Rücken gebunden, was sehr ungewohnt für mich war. Zuerst hatte ich Angst, dass es mir hinunterrutscht, doch schon nach kurzer Zeit war es sehr angenehm. Die Kinder bekommen viel Nähe und Geborgenheit, wenn sie eng angeschmiegt auf dem Rücken liegen.

Was für mich eine Herausforderung war, dass viele Leute hier glauben, dass das Leben in Europa ein Paradies und ohne Probleme sei. In den Medien wird es ihnen so vorgegaukelt. Ich versuchte, ihnen so gut wie möglich klarzumachen, dass man auch in Europa für ein gutes Leben hart arbeiten muss und auch wir von Schwierigkeiten nicht verschont bleiben.

Besonders genoss ich die Abende, wenn wir um eine Öllampe zusammensaßen und miteinander aßen. Manchmal kamen Verwandte und Freunde dazu und ich spürte, dass viel Gemeinschaftssinn vorhanden ist.

Ich wurde bei dem Volk der „Kikuyu“ untergebracht, welcher den größten Teil der Bevölkerung Kenias ausmacht. In Kenia gibt es ca. 45 Völker und jeder hat seine eigene Sprache. Gottseidank gibt es die Verkehrssprache Kiswahili, die jeder Kenianer spricht und die zur Verständigung und Kommunikation dient.

Obwohl diese Kikuyu Christen sind, ist es noch üblich, dass Jungen in der Pubertät beschnitten werden. Dieses Ritual bedeutet für sie den Übergang zum Mannsein.

Mein Gastgeber David besitzt zwei kleine Stiere, für die er jeden Tag Futter besorgen muss. Er erklärte mir, für ihn sind sie sehr wichtig, damit er später mal den Brautpreis für seine Frau bezahlen kann. Es existiert keine Polygamie bei den Kikuyu und es ist üblich, nur eine Frau zu haben. Nach einiger Zeit „adoptierten“ sie mich, das heißt ich bekam einen Kikuyu-Namen. Nun heiße ich Barbara WANJIRU Neumaier.

Nun komme ich zum zweiten Teil des Treffens, das vom 26. bis 30. November 2008 stattfand:

Jugendliche wurden von mehr als 2500 Familien in und um Nairobi aufgenommen. Jugendgruppen aus 80 Gemeinden verschiedener christlicher Kirchen bereiteten zusammen das Morgenprogramm zum Thema „Zusammen Wege der Hoffnung suchen“ vor.

Der gemeinsame Teil des Programms fand auf dem Gelände des Seminars „Queen of Apostels“ in Nairobi statt, wo am Nachmittag zahlreiche verschiedene Workshops angeboten wurden. Es gab viele Gelegenheiten zum interkulturellen Austausch. Die gemeinsamen Gebete wurden von afrikanischer Trommelmusik begleitet, was eine besondere Atmosphäre hervorrief. Mit 7000 jungen Menschen setzte Taize in Nairobi ein Zeichen des Friedens.

Während dieser fünf Tage wurde ich von einer Familie mit drei Kindern in einer kleinen Stadt namens Limuru herzlich und nett aufgenommen. Im Gegensatz zu meinen ersten Gastgebern wohnt diese Familie komfortabel: Sie besitzen ein richtiges Steinhaus mit Dusche und Toilette, das von einem schönen Garten umgeben ist, und sogar ein Auto.

Nun habe ich ziemlich viel von dem Taize-Treffen in Nairobi erzaehlt, da es für mich ein sehr bewegendes Ereignis war. Ich hoffe, ich konnte zumindest ein bisschen von dem mit euch teilen, was ich erfahren und erleben durfte!

Allein schon wegen des Wetters war dieses Jahr Advent und Weihnachten sehr anders für mich und ich habe auch keinen Adventkranz oder Adventkalender gesehen. Dennoch freute ich mich sehr, mit den „Wazee“ und mit den Menschen aus dem Slum die Geburt Jesu zu feiern.

Barbara