Meine Lieben,
In Stockholm tritt eine Prophetin auf: eine ganz junge Frau: Greta Thunberg, unerwartet und überraschend. Ihre Botschaft ist eindringlich und kompromisslos: Wir steuern auf eine Katastrophe zu, die der jungen Generation weltweit keine Zukunft mehr lässt. Es gilt zu handeln – jetzt und nicht erst irgendwann.
Katastrophen sind nichts anderes als Veränderungen, Entwicklungen. Wir werden – noch nicht – vielleicht aber auch in Zukunft – nicht alles steuern können. Das Paradies ist und bleibt ein Traum, im Großen wie im Kleinen. An Weihnachten feiern wir, dass Gott Mensch wird. Er kommt zur Welt. Das will darauf hinweisen: „Die Welt ist Gottes voll“ (Alfred Delp). Es gilt die Welt zu achten, zu ehren, sie zu schützen und zu bewahren. Es ist nicht egal, wie wir mit unserer Lebensgrundlage und unseren Mitgeschöpfen umgehen.
Kurz möchte ich Euch noch ein wenig von meinen wichtigsten Erfahrungen in diesem Jahr berichten:
Mit Herrn Zerche vom Welthaus unserer Diözese Graz (Beauftragter für Mission und Entwicklung und ein ausgezeichneter Fotograph- und lieber Freund) durfte ich im Rahmen des von Papst Franziskus ausgerufenen Weltmissionsmonats Oktober Ende Februar zwei Diözesen in Südafrika – Witbank und Mariannhill –besuchen, in denen unsere drei Steirer Missionarinnen und P. Stefan Mandl, ein Steirer Mariannhiller Missionar, noch arbeiten. Alle vier sind jetzt achtzig Jahre und älter. Mir wurde erneut bewusst, was die Missionarinnen und Missionare geleistet haben. Die Mission, die im 19. und 20. Jahrhundert von Österreich ausging – unser Ordensgründer Daniel Comboni war auch Österreicher, ebenso der Gründer der Mariannhiller Mission, Abt Franz Pfanner – hat tiefe Spuren hinterlassen. Aber diese Mission geht dem Ende zu.
Als kleiner Schüler im Josefinum in Ellwangen erlebte ich immer wieder Missionare, die aus Südafrika kamen und uns begeistert von ihrer missionarischen Arbeit berichteten. Viele der Ortsnamen habe ich heute noch im Kopf. Der Besuch der Diözese Witbank brachte mir all diese Orte unserer Missionare nahe. Bischof Sandri, einen guten Bekannten aus vielen Sitzungen in Rom, traf ich noch. Bald nach unserer Abreise starb er plötzlich.
Am Mittwoch, 11. Dezember, wurde Pater Anton Graf, ein Südtiroler Mitbruder, in seiner Heimat im Passeiertal beerdigt. Auch er ein guter alter Freund, ein mutiger, furchtloser Kämpfer gegen das unmenschliche System der Apartheit (Rassentrennung).
Viele der großen Missionsorden wurden um die Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet und sandten Tausende von Missionaren, Männer und Frauen, nach Asien und Afrika. Oft unter schwierigsten Bedingungen verkündeten sie die Botschaft Jesu und gründeten neue Gemeinden. Der Kolonialismus belastete die Verkündigung des Evangeliums. Das nationalistische Denken führte Europa in die Katastrophe des Ersten Weltkrieges. In dieser Situation schrieb Papst Benedikt XV 1919 die erste Missionsenzyklika. Sie ermutigt die Kirche, sich wieder neu für eine universelle Mission einzusetzen, sich freizumachen von der historischen Last des Kolonialismus und von allem expansionistischen Machtstreben.
Heute leben wir in einer Zeit einer wankenden Welt-und Werteordnung, einer säkularisierten Kultur, blutigen Christenverfolgungen an vielen Orten. Da will uns Papst Franziskus einladen, die Bedeutung und Praxis von Mission gemeinsam neu zu reflektieren und unseren missionarischen Einsatz zu erneuern. Deswegen haben wir den Weltmissionsmonat Oktober in der Diözese auch dementsprechend gefeiert: Mit einem festlichen Gottesdienst zur Eröffnung mit unserem Bischof, mit einer „Wallfahrt der Weltkirche“, einer Pfarrreise in den Wienerwald nach Hl. Kreuz und zu den Steyler Missionaren in St. Gabriel; durch Bildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer usw.
Dass das Evangelium bei den Menschen ankommt, darum ging es damals und darum geht es heute. Krisen erleben wir heute viele, auch in unserer Kirche: die Missbrauchskrise, in der durch Machtmissbrauch in Kirche und Gesellschaft das Leben von Menschen zerstört wurde. Erst vor kurzem nahm ich an der nachsynodalen Amazonassynode in Salzburg teil. Wie wird in dieser so wichtigen Lunge für uns alle die Lebensgrundlage vieler Menschen zerstört, die Artenvielfalt dezimiert und mit unserem Planeten, unserem „Lebenshaus“, Raubbau getrieben!!
Das Wichtigste an Weihnachten ist die Botschaft, dass Gott die Menschen liebt, am meisten die im Schatten.
Diese gute Botschaft möchte ich auch in meiner täglichen Arbeit in unserem neuen, großen Seelsorgeraum Graz-Südost den Menschen bringen. Das ist wichtig. Denn nur so sickert sie ins Herz und verändert die Welt: Gott ist nahe. Er schenkt eine Freiheit und einen Frieden, den die Welt nicht geben kann.
Euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und in Gottes Gnade viel Freude und Erfüllung im Neuen Jahr 2020.
Aus tiefstem Herzen grüße ich Euch mit dieser Wüstenrose. In Kenia bin ich ihr oft begegnet. Jahrelang kann sie mit ihrem dicken Stamm als Speicher in der Wüste überleben, bis sie plötzlich erblüht. Welch ein Wunder!!
Pater Josef Altenburger