Meine Ankunft

Nach „nur“ neun Stunden erreichten wir mit der Ambulanz des Krankenhauses mein neues Zuhause. Die Teerstraße endet hinter Soroti, von dort an gibt es nur rote Schotterpiste mit vielen Schlaglöchern, die immer größer und tiefer werden. Meist sind sie noch voll braunem Wasser: Die Regierung hat einen Damm zwischen Straße und Bergen bauen lassen, um Wasser ganzjährig zu erhalten, so kann das Regenwasser aber nicht mehr richtig abfließen.

Wir düsten mit 60 km/h durch tiefste Schlaglöcher und Wasserlöcher, das Auto krachte und knackte. Peter hatte sichtlich Spaß, besonders wenn er das Horn anmachte und alle Leute zur Seite sprangen. Man fährt einfach drauf los und hofft, dass der Motor nicht ausgeht und man sicher ankommt. Irgendwann steckten wir tatsächlich fest: Glücklicherweise folgte uns ein Lastwagen, der uns wieder auf die Straße befördern konnte.

Man sieht genau, wo Karamoja anfängt, ab dort sind kaum mehr Menschen auf der Straße, keine Häuser, keine Shops, nichts außer Gras-Moor-Landschaft und roter Erde. Matany sieht am Anfang des Dorfes sehr einfach aus, Hütten, Plastik und viele Menschen. Am Ende rechts durch ein Tor liegt das Gelände von St. Kizito: Büros, Stationen, Schule, Schlafhäuser für Schüler, Mitarbeiterwohnungen, Ambulanz, Gästehaus für Praktikanten, Labor, Röntgen, Ultraschall, OP, Küche, das Haus der angestellten Ärzte, das Haus der Laienmissionare, Kirche und Gemeindehaus, das Haus der Comboni-Missionare, das Haus der Comboni-Schwestern und das Haus der Sisters of Mother Mary of the Church (ein anderer Orden) und natürlich die Werkstatt (mit über siebzig Mitarbeitern). Also ein riesiger Komplex mit vielen kleinen Einheiten und Zäunen, ein hübsches Gelände, das gut durchdacht ist. Die Zwischenflächen werden von den Gärtnern sauber gehalten, so dass kaum Plastikmüll herumliegt.

Mein erster ganzer Tag

In unserem Garten wachsen Papaya-Bäume, Guava, kleine Paprikaschoten, Tomaten, Salat, Rosmarin, Little Peppers (Minischoten, die sehr scharf sein sollen), Mais und wunderschöne afrikanische Blumen. Tiger ist unsere Hauskatze, die zwei süße Babys hat. Wir haben auch zwei Hühner, außerdem laufen Truthähne herum. Die Schwestern haben zwei Hunde, Speedy und Rex.

Beatrix und Valentina sind unsere Köchinnen. Außerdem machen sie den Abwasch. Die Wäsche wird immer montags gewaschen, das muss ich also auch nicht selbst tun. Es gibt recht viel (warm) zu essen, vor allem mag ich die sweet potatoes (Süßkartoffeln). Wir haben Lemons, selbst gemachte Marmelade, statt Margarine Erdnussbutter. Wurst und Käse fehlen, aber es gibt weiße Brötchen und löslichen Kaffee.

Lokut John ist unser Gärtner, er kommt und geht immer mit dem Fahrrad. Auch Günther, Peter und Johannes haben ein Fahrrad und cruisen damit auf dem Gelände herum. Die vier Sisters of Mother Mary of the Church tragen Ordenskleidung und sind für die Ausbildung der Hebammen und Krankenschwestern zuständig. Momentan sind Ferien. Die vier Comboni-Schwestern sind im Krankenhaus und in der Gemeindeverwaltung tätig. Die Comboni-Brüder und -Patres sind viel in den Gemeinden unterwegs. Im Gästehaus ist immer ein Kommen und Gehen, langweilig wird es nie.

Die Kirche ist wunderschön, dort wird viel gesungen und gebetet, auch außerhalb er Messe. Überhaupt, überall wird gesungen, erzählt, gelacht – alle sind freundlich, winken und lachen, fragen immerzu, wie es mir geht. Die afrikanischen Gesichter kann ich recht gut unterscheiden, mittlerweile auch manche Stimmen, aber die Namen sind so viel, dass ich sie nicht zuordnen kann. Es ist meist ein afrikanischer Name und dann ein englischer für die Taufe.

Überall riecht es nach Rauch, man lebt hier mehr von der Natur als anderswo. Die Sonne steht von zwölf bis drei Uhr sehr hoch und es ist super heiß, aber erstaunlicherweise ist es im Zimmer nur etwa 25° warm und sehr angenehm. Wasser kann ich überall im Haus trinken, es kommt direkt aus der Erde und schmeckt etwa wie Volvic. Strom haben wir immer, da Solar auf dem Dach ist, ebenso warmes Wasser und Gas. Alles ist schlicht eingerichtet. Überall sind kleine und große Spinnen, die nützlich die Insekten fressen, ebenso die Geckos, die über die Wände krabbeln. Mini-Ameisen sind auf der Veranda zu finden, eine ihrer Straßen geht sogar durch mein Badfenster.

Heute habe ich mein Zimmer wohnlich eingerichtet, Bilder angebracht und ein paar Blümchen herein geholt. Es gibt einen kleinen Vorraum, in dem ein Schreibtisch steht. Rechts geht mein Zimmer ab, in dem ein Bett, Schrank, Kommode und Sessel stehen. Geradeaus geht es in ein kleines Bad, in dem Dusche, Toilette, Spiegelschrank und Waschbecken alle Zwecke erfüllen, die man braucht.

Ab Montag kann ich von acht bis ein Uhr auf der Kinderstation hospitieren und mitarbeiten. Nachmittags bin ich von drei bis sechs in der Bücherei der Schule. Außerdem wäre es gut, wenn ich ein bisschen Kontakt zu den students habe, so werde ich morgen mal zum Chor mitgehen.

Abends in der Gemeinschaft ist es schön, wir sprechen teilweise deutsch miteinander. Nach vier Tagen mit den immer gleichen Englisch-Vokabeln geht es schon besser mit dem Sprechen, ich traue mich von Tag zu Tag mehr. Acht Jahre ohne Englisch und fünf Jahre ohne Lernen, da ist man aus der Übung.

Mein zweiter Tag in Matany

Mein Tagesablauf für die nächsten Wochen wird also so aussehen: Aufstehen um 6:00 Uhr, Morgengebet und Karimojong-Messe um 6:30 in der Kirche, 7:30 Frühstück in der CLM-Gemeinschaft (Comboni Laien Missionare), von 8:00 bis 1:00 wird auf der Kinderstation gearbeitet. Um 1:15 gibt es Lunch in der CLM Gemeinschaft mit anschließender Mittagspause. Von 3:00 bis 6:00 werde ich in der Schulbücherei sitzen, am Dienstag nur bis 5:00, dann ist Chorprobe. Um 7:15 ist Abendgebet, um 7:30 gibt es Abendessen, dann sitzen wir so bis 9:30/10:00 im Wohnzimmer. Die Woche geht von Montag bis Samstag, allerdings wird am Samstag nur bis ein Uhr gearbeitet, dann ist Wochenende. Die Messe am Sonntag wird um acht Uhr auf Englisch gelesen, später gibt es auch einen Gottesdienst in Karimojong.

Gestern habe ich beim gemeinsamen Abendgebet im Haus der Comboni-Schwestern Fr. John Bosco, Sr. Rosaria und Sr. Natalina kennen gelernt.  Alle sind sehr nett und freuen sich, dass ich da bin.

Heute Morgen war ich das erste Mal bei einer Karimojong-Messe dabei. Sehr viele Kinder und Jugendliche als Taufbewerber waren da (bestimmt 100) und man spürte förmlich den Geist Gottes. Wunderschöner Gesang, afrikanisch und englisch, ein paar Trommeln, ein paar Rasseln. Es klingt sehr feierlich und nicht unbedingt laut und schnell, es geht auch besinnlich und ruhig. Leider stehen nirgends Noten, so muss ich mir erstmal angewöhnen nach Gehör zu singen.

Noch kurz etwas zur Versorgung: wir CLM bekommen ein kleines Gehalt, das auf ein Konto gezahlt wird, von dem wir gemeinsam wirtschaften. Normalerweise braucht man nicht alles und spendet so manche Summe an das Krankenhaus. Eure Spenden kommen von meinem Spendenkonto auf das Krankenhauskonto und dann kann ich es im Büro abholen. Momentan habe ich noch über 50 Euro.

Ihr seht, mir geht es gut. Ich habe einiges geschrieben, weil es mir wichtig ist, dass Ihr Anteil an allem habt. Ich wünsche Euch allen den Segen Gottes, habt eine gute Zeit.

Maria Wolf