„Mortar, Mortar“ – Mörtel, Mörtel. Das waren die Worte, die wir in den ersten Wochen in Uganda wohl am meisten zum Hören bekamen. Vom fast abgeschlossenen Rohbau einer Grundschule in Lugazi an sollte unsere Arbeit darin bestehen, den sechs einheimischen Maurern Handlanger zu sein: Material, Werkzeug, Steine, Zement heranschaffen, Sand sieben und Schippen, Mörtel anmachen. Und zwar ohne Strom, ohne Betonmischer, ohne irgendwelche elektronischen Hilfsmittel.

Wir, das waren sechs Deutsche und eine ähnlich große Zahl ugandischer Studenten, welche die Arbeit einer Gruppe spanischer Studenten fortsetzten. Tatkräftige Hilfe bekamen wir dabei von Kindern aus der Umgebung, für die die Mitarbeit auf der Baustelle ein großes Vergnügen und eine willkommene Ferienbeschäftigung war. Und für uns eine große Hilfe, schließlich waren sie sehr fleißig und unermüdlich. Mein Geduldsfaden wurde oft sehr auf seine Belastbarkeit geprüft, wenn manch Freiwilliger erst gegen halb zehn auf der Baustelle auftauchte, Pausen im Schatten kein Ende nahmen, oder wenn den Maurern der Putz auszugehen drohte und die für Nachschub Zuständigen meinten, dass sich das allein durchs Anschauen ändern würde. Nach elf anstrengenden Arbeitstagen mussten wir ein unvollständiges Schulgebäude zurücklassen und uns auf den Rückweg machen.

Wir hoffen, dass die Arbeit durch die Spenden, die die Spanier mitgebracht haben und die wir in Deutschland gemeinsam mit der Rhein-Donau-Stiftung gesammelt haben, fortgesetzt werden kann.

Das Schulgebäude gehört zur Grundschule, die vom Bischof von Lugazi organisiert wird und auf dessen Drängen dieses Projekt erst zustande kam. Allein hätten die Menschen in dieser armen Region dies nicht machen können. Und da die Kirche in Uganda keine Einnahmequellen wie bei uns hat, sondern ein Priester nur etwas verdient, wenn die Gläubigen spenden und gut opfern, könnte sie so etwas ohne fremde Hilfe nicht durchführen. Deshalb wurden wir bei der Sonntagsmesse mit der Gemeinde auch besonders lobend erwähnt und danach von allen freundlich empfangen.

Die erste Schulwoche bedeutet noch nicht die erste Unterrichtswoche.

Passend zum Schulferienende am 3. September kam ich dann in die Pfarrei Kasaala in der Diözese Kasana-Luweero. Ich lebe nun in der Gemeinschaft zusammen mit dem Pfarreileiter P. Giorgio und seinem italienischen  Landsmann, dem 88-jährigen P. Giovanni, sowie Bruder Richard und P. Bonny, beides Einheimische.

Mit meiner Ankunft war ich umgehend in die Vorbereitungen zum Schulstart eingebunden worden und ich konnte gleich einen ersten Eindruck von der Situation der technischen Berufsschule St. Kizito bekommen, in der ich fortan arbeiten werde. Es fehlt an allem, nicht nur vor allem an Geld, sondern an qualifiziertem und motiviertem Personal, an benötigten Werkzeugen, an (funktionierenden) Maschinen und an der richtigen Organisation. Der Schulleiter hat vor einigen Monaten sein Amt hingeschmissen, einen würdigen Nachfolger gibt es nicht. Irgendjemand hat wohl sogar vor meiner Ankunft vorgeschlagen, mich zum Schulleiter zu machen. Br. Richard, der auch erst vor drei Monaten hierher nach Kasaala kam, ist nun Direktor der Schule und ich helfe dem früheren stellvertretenden Schulleiter mit der Organisation und bin zuständig für die Finanzen.

Auch mit den Schülern ist es nicht so einfach. Am Tag vor Schulbeginn war in den Nachrichten von großem Stau auf den Straßen die Rede, da zahlreiche Schüler wieder auf dem Weg zurück in ihre Schulorte waren. Von unseren Schülern kann dieser aber wirklich nicht verursacht worden sein. Schließlich ist in der ersten Woche nicht mal die Hälfte angereist, und davon hatte erst knapp ein Drittel die Schulgebühren bezahlt. Und wenn die Schüler nicht zahlen, bekommen die Lehrer auch kein Geld. Hätten wir am Freitag nicht das restliche Gehalt für vergangenen Juli ausgezahlt, hätten sie ab der kommenden Woche nicht unterrichtet.

Ich heiße nicht Mzungu!

Aber trotz dieser schwierigen Lage in der Schule hat das alles keine Auswirkungen auf mein Befinden. Mir geht es gut, mir fehlt trotz aller Einfachheit bisher nichts, und ich habe mich auch schon ein bisschen an das Leben hier gewöhnt.

Während meiner Zeit in Lugazi habe ich schon die netten Menschen aus Uganda kennen gelernt, die einem immer friedlich und freundlich begegnen. Wenn ich durch die Straßen gehe und die „Mzungu“-Rufe (gespr. „Musungu“, Kisuaheli für „Weißer“) höre und dann meist eine Horde Kinder strahlend auf einen zuströmt, dann ist das schon ganz toll.

P. Giorgio hat mich und den neuen Priester auch schon in seiner Pfarrei herumgeführt und uns einige Einrichtungen, vor allem einige seiner ungefähr zwanzig (!) Schulen gezeigt, von denen manche wirklich gut funktionieren, organisiert und finanziell gut aufgestellt sind. Am Samstag habe ich mit einer Schar Kinder aus dem nahen Internat auf der Kirchentreppe Matheaufgaben gemacht. Am Sonntagnachmittag war ich von einer Familie zu einem Besuch eingeladen, sie haben mir ihr Haus und ihr Grundstück gezeigt. Und gerade eben habe ich meinen ersten Besucher verabschiedet: Pfarrer Richard Ssendugu, der als Urlaubsvertretung meines Heimatpfarrers den August über in Deutschland war.

In meinem Zimmer habe ich mich mittlerweile mit zahlreichen die Miete prellenden Mitbewohnern abgefunden und mit einem Gecko auf friedliche Koexistenz geeinigt. (Anm.: Ein Gecko ist eine harmlose, fast durchsichtige Art von Eidechsen, die sich aufs Jagen von Fliegen auch in den Häusern spezialisiert haben). Das Wetter ist ganz gut zum Aushalten. Jetzt regnet es zwar öfter mal, aber dann kommt die Sonne wieder raus und man kommt leicht ins Schwitzen. Morgens ist es aber recht frisch.

Wenn man tatsächlich hier in Afrika ist, ist es doch ganz anders, als man immer gehört beziehungsweise in den besten Vorbereitungsseminaren vermittelt bekommen hat. Es gibt Augenblicke, da denke ich mir, dass ich mir nie hätte vorstellen können, dass ein Mensch auf diese oder jene Weise (zufrieden) leben kann. Ich bin gespannt, was ich hier noch erleben werde und wie sich die Dinge entwickeln werden.